Redaktionssitzung der Stadtteiilzeitung; Sieben Leute sitzen um einen länglichen Tisch mit Notizen verteilt
Redaktionssitzung für die Stadtteilzeitung Foto: Redaktion Stadtteilzeitung Denggenhof

Stadtteilzeitung Denggenhof: Journalismus “von unten”

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Lesezeit: 3 Minuten

Die Stadtteilzeitung Denggenhof feierte jüngst ihre 40. Ausgabe. Seit 2001 berichten engagierte Bewohner*innen darin über wichtige Ereignisse aus der Siedlung und dem umliegenden Viertel.

Von: Laura Wiener & Katharina Wakonig

In der Jubiläumsausgabe dokumentiert die Redaktion auch ihre eigene Arbeit. Auf einem Foto am Cover ist unter anderem das Team zu sehen, wie es im Stadtteilzentrum der Denggenhofsiedlung an der Ausgabe 40 dieses ganz besonderen Medienprojekts bastelt. Die Zeitung wurde gerade noch vor dem zweiten Lockdown Anfang November fertig.

Unabhängige Stadtteilzeitung

Neben einem Rückblick auf die eigene Geschichte bietet die „unabhängige Zeitung für Gries Süd” auch diesmal die bewährte Mischung aus Berichten über Gemeinschaftsaktivitäten der Bewohner*innen, Kulturprojekte wie die Soundscapes, Historisches und Aktuelles aus Politik und Alltag. „Informativ, heiter und kritisch” wolle man sich mit den Gegebenheiten in der Siedlung auseinandersetzen. Dies stand schon im Vorwort der zweiten Ausgabe im Jahr 2001 und daher finden neben dem Informativen auch heute noch Rezepte, Rätsel oder Reiseberichte ihren Weg in das Bezirksblatt. In Farbe, professionell gesetzt, erscheint die Zeitung heutzutage zwei Mal im Jahr. Gedruckt wird in einer Auflage von 2000 Stück.

Das war freilich nicht immer so, denn zu Beginn wurde das Blatt, das damals „Wir vom Denggenhof” hieß, mit Schere und Klebstoff zusammengestellt und dann in der Kopieranstalt schwarz-weiß und in einer Auflage von nur 450 Stück vervielfältigt.

Redaktion aus Bewohner*innen

Die Redaktion besteht bis heute komplett aus Freiwilligen, die in der Denggenhofsiedlung leben. Die Siedlung wurde in den 40er-Jahren auf eine Obstwiese zwischen den Urnenfriedhof und die Vinzenz-Muchitschstraße gebaut. Über die Jahre mussten die junggebliebenen Hobby-Journalist*innen lernen, wie man am Computer eine Zeitung gestaltet. Die Architektin Elisabeth Kabelis-Lechner unterstützte als Redaktions- und Projektleiterin ihr Zeitungsteam von Anfang an. Immer mit dem Ziel, das Projekt den Bewohner*innen einmal ganz zu übergeben. Mit Ausgabe 40 ist es nun so weit.

Elisabeth Kabelis-Lechner steht mit einem Mikrofon vor einer Band und hält eine Rede.
Frau Kabelis-Lechner bei der 20 Jahrfeier – Foto: Stadtteilzentrum Denggenhof

„Das Weiterbestehen der Stadtteilzeitung ohne externe Betreuung zählt zu einem der größten Erfolge der Stadtteilarbeit”, schreibt Kabelis-Lechner in ihrem kurzen historischen Abriss. „Man kann schon stolz darauf sein”, sagt sie im Gespräch. „Seit vielen Jahren ist die Stadtteilzeitung unser Leuchtturmprojekt. Wir verwenden sie, um unsere Anliegen zu transportieren beziehungsweise um darüber zu berichten, was alles im Projekt passiert. Und die Leute sind natürlich sehr stolz, wenn sie in der Stadtteilzeitung auf einem Foto zu sehen sind“, führt sie weiters aus.

Stadtteilarbeit für alle

In die Denggenhofsiedlung fand Kabelis-Lechner, als sie um das Jahr 1999 gemeinsam mit drei weiteren Frauen ein Projekt auf die Beine stellen wollte, das Wohnen und Arbeiten unterstützen sollte. Dabei stießen sie auf den sanierungsbedürftigen Denggenhof. In Folge dessen machten es sich die Frauen zur Aufgabe der Siedlung neues Leben einzuhauchen. „Die Siedlung ist so interessant, hat städtebaulich so viel Potenzial mit den riesigen Freiflächen und Höfen. Aber gleichzeitig herrschte damals eine feindliche Stimmung zwischen den Bewohner*innen”, erinnert sich Kabelis-Lechner an ihre ersten Eindrücken von der Siedlung.

Von Beginn an war es Elisabeth Kabelis-Lechner wichtig, die Bewohner*innen der Siedlung in ihre Arbeit einzubinden. „Unser Motto war immer: Wir setzen uns für etwas ein, das für die Allgemeinheit positiv ist und nicht für Partikularinteressen”, so die Architektin. Sie und ihr Team stellten anschließend in der Siedlung Briefkästen auf, in die Bewohner*innen anonym Wünsche, Ideen, Beschwerden und Sorgen einwerfen konnten.

Mehrere Menschen sitzen auf dem Gehsteig um einen langen Tisch herum.
Belesener Gehsteig: Ohrenschmaus mit Gassenservice – Foto: Stadtteilzentrum Denggenhof

Nach der Auswertung präsentierte das Team die Ergebnisse den Bewohner*innen. Diese bewerteten die Themen nach ihrer Relevanz, daraufhin entstanden vier Arbeitskreise. Einer der wichtigsten Schritte war die Planung und Umsetzung eines Stadtteilzentrums.

Die Eröffnung feierte das Stadtteilzentrum im April 2000. Das Zentrum wird größtenteils von der Siedlungsgenossenschaft, der ENW, mitfinanziert, die sich um Miet- und Reinigungskosten kümmert. Seither finden dort Polit-Stammtische mit den Bezirksrät*innen, Senior*innentreffs oder Projekte zur Förderung von Frauen statt. Dabei besonders beliebt sind die Angebote zum gemütlichen Beisammensein. Auch kunstvoll gestaltete Vorgärten, welche die Bewohner*innen selbst pflegen, laden zum Verweilen ein, beispielsweise der Bonsai-Feng-Shui-Kunstgarten von Horst Weinzettl, bekannt in der Siedlung als „Maler vom Denggenhof”.

Über die Jahre ist viel geglückt, gerade auch mit Hilfe der Zeitung: „Durch mediale Aufbereitung und Breitenwirkung konnten Stadtteilthemen wie die Rettung des Johannesparks, die Initiative zur Rettung der Stadtbibliothek und die Forderung nach Hundewiese und Trinkbrunnen im Park erfolgreich umgesetzt werden”, schreibt Kabelis-Lechner in der Jubiläumsnummer.

Eine Frage des Geldes

Vor besondere Herausforderungen stellt die Bewohner*innen die im Vorjahr vorgenommene Umstellung der Förderung der Stadtteilarbeit durch Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ). Im Zuge dieser Reform bekommen nun alle zehn Grazer Stadtteilzentren statt der ursprünglichen 100.000 Euro öffentlicher Fördergelder nur mehr 25.000 Euro. Mit diesem Geld müssen Miete und Personal finanziert werden. Für einzelne Projekte kann zusätzlich um einen Zuschuss von bis zu 10.000 Euro angesucht werden.

„Ich habe meinen Mund damals öffentlich aufgemacht und auch seine [Eustacchios; Anm.] Wohnungspolitik kritisiert. Das hat er nicht goutiert. Unseres war dann das erste Projekt, das überhaupt aus der Finanzierung rausgefallen ist”, so die engagierte Projektleiterin Kabelis-Lechner. Seitdem wir die Stadtteilarbeit ausschließlich vom Grazer Sozialamt, dem Amt für Jugend und Familie, dem Kulturamt, dem Frauenreferat, dem Bezirksrat Gries und dem Umweltamt finanziert. Auch die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H. Graz unterstützt als Projektpartner die Arbeit der Siedlungsbewohner*innen. Aufgrund dessen kann die Stadtteilarbeit Denggenhof seither mit Hilfe ehrenamtlicher Mitarbeit der engagierten Anrainer*innen fortgeführt werden.

 

Titelbild: Redaktionssitzung für die Stadtteilzeitung – Foto: Redaktion Stadtteilzeitung Denggenhof

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