Am 31. März 2021 präsentierte das NachbarschaftsNetzwerk NaNet Floß-Lend eine soziale Stadtteilkarte des Grätzels. Das Ziel des Projektes? Die Ressourcen des Stadtteils aufzeigen und soziale Begegnungen schaffen. Ein Blick auf den nördlichen Teil von Lend.
Das NachbarschaftsNetzwerk am Kalvariengürtel ist ein bunter und fröhlicher Ort. Während der Öffnungszeiten wird es hier auch gerne mal lauter. „Hau-Ruck-Donald-Duck-Micky-Maus-Mitte-Raus”, sagt Sabela, eine Mitarbeiterin vom NaNet, mit spanischem Akzent vor. Zwei kleine Mädchen springen am Gehsteig im Rhythmus dazu. Alle, die vor der orange leuchtenden Fassade des NaNet warten, werden sofort eingeladen, über den gespannten Gummi zu hüpfen. Viele Bewohner*innen des Viertels kommen regelmäßig vorbei und sind dadurch gute Freund*innen geworden. „Wir sehen uns als niederschwellige und vor allem soziale Infrastruktur”, sagt Alena Strauss, Mitarbeiterin beim NaNet. „Manche kommen zehn oder zwanzig Mal zum Kaffee vorbei. So entstehen Beziehungen.”
Ein Augenmerk auf soziale Ressourcen
Soziale Begegnungsräume für die Bewohner*innen des Stadtteils zu schaffen und anzubieten – das ist das Hauptanliegen von NaNet. Nur wie kann man einen sozialen und sicheren Begegnungsraum während der Pandemie bieten? Aus diesem Gedanken heraus entstand die soziale Stadtteilkarte Floß-Lend. „Die Idee zur Stadtteilkarte hatte ich schon vor der Pandemie, nur hat diese sichtbar gemacht, was fehlt”, sagt Strauss, Hauptverantwortliche für das Projekt. Wertvolle Ressourcen im Grätzel werden mit der Stadtteilkarte auf einem Blick sichtbar.
Die Karte ist sowohl für Bewohner*innen, die schon länger im Floß-Lend leben als auch für diejenigen, die neu zugezogen sind. „Gerade weil der Stadtteil von einer hohen Fluktuation betroffen ist, kann die soziale Stadtteilkarte wesentlich zur Orientierung im Floß-Lend beitragen”, meint Strauss. Neben Bildungseinrichtungen, Kultur- und Freizeitangeboten und sozialen Institutionen sind in der Karte auch Gesundheitseinrichtungen und Grünflächen eingezeichnet – „ohne Anspruch auf Vollständigkeit”, wie Strauss hinzufügt. Die Stadtteilkarte wird zukünftig in den zentralen Orten des Viertels, wie in Arztpraxen, Schulen und Kindergärten aufliegen, vorerst ist sie als PDF downloadbar und im NaNet abholbereit. „Wir merken, dass der Bedarf nach einer sozialen Infrastruktur in der Pandemie riesig ist. Die Nachfrage für individuelle Unterstützung steigt”, sagt Alena Strauss, die Leiterin des Stadtteilzentrums.
Plaudern +
Die Stadtteilkarte ist aber nur ein Teil des Projekts „Plaudern + Zusammenhalt im Stadtteil stärken”, welches vom Fonds Gesundes Österreich gefördert wird. „Die Plauderstunde ist das Herzstück unseres Projekts”, erklärt Anna Reupichler, die für die Umsetzung des Projekts verantwortlich war. In den „Plauderstunden” hat die Nachbarschaft die Möglichkeit, auf einen Kaffee vorbei zu kommen und so mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben – ein offenes Treffen sozusagen. Zusätzlich zur Plauderstunde wird den Bewohner*innen von Floß-Lend auch ein telefonischer Raum zur Verfügung gestellt. Eine kontaktlose Anlaufstelle, wenn Unterstützung gebraucht wird. „Sollte es wieder zu einem Lockdown kommen, hätten die Bewohner*innen schon Kontakte. Jemanden, den man kennt und an den man sich bei Problemen wenden kann”, sagt Reupichler. „Die Telefonnummern mussten sowieso für das Contact Tracing abgegeben werden. Der telefonische Kontakt wäre also leicht möglich gewesen”, sagt Alena Strauss. Wirklich notwendig war das Telefonnetzwerk bis jetzt nicht.
Auf Rädern durch den Floß-Lend
Erst wenn der Gehsteig vor dem NaNet menschenleer ist, wird die Kaffeemaschine ausgeschaltet. Das weiße Springgummi wird weggeräumt und die Tür zugesperrt. An diesem Tag wartet noch Irmi Hoffmann vor dem NaNet. Irmi ist keine Unbekannte im Grätzel und hilft ehrenamtlich bei den Foodsharing-Aktionen des Stadtteilzentrums. Für Anna Reupichler und sie geht es heute auf den Rädern nach Hause.
Nach gut 100 Metern radeln die beiden am Fairteiler vorbei. Er hängt in einer überdachten Durchfahrt an der Kalvarienbergstraße. Seit 2013 werden in Graz noch gute Lebensmittel über den Verein Foodsharing vor der Abfalltonne gerettet. Die Lebensmittel werden in eigenen Kästen, den Fairteilern, abgegeben oder abgeholt. Während der Pandemie hat NaNet die Kooperation mit dem Verein Foodsharing neu aufgegriffen – gegeben hat es sie vorher schon. „Leider ist der Bedarf an Foodsharing-Aktionen seit der Pandemie gestiegen. Die soziale Notlage verschärft sich spürbar”, meint Anna Reupichler.
Am Floßlendplatz stehen vier Hochbeete – „der Garten für Alle”, wie Irmi erklärt. Nach dem Prinzip von Urban Gardening kann hier jede*r anbauen, was er*sie will. „Letztes Jahr hat uns der Hagel leider alles kaputt gemacht”, sagt Irmi. Entstanden ist der Garten für Alle in Kooperation mit dem NaNet und der Lebenshilfe. Die frische Erde für die heurige Gartensaison ist schon nachgefüllt, eine lila Hyazinthe steckt schon im Hochbeet.
Den letzten Zwischenstopp machen Anna und Irmi auf dem Murradweg. Wie immer herrscht hier reges Treiben – selbst noch um 18:30 Uhr. Radfahrer*innen, Rollerskater*innen und Spaziergänger*innen, alle sind unterwegs. Nicht umsonst ist das einer von Irmis Lieblingsplätzen im Floß-Lend. Sie deutet auf eine Stelle, die man durch die Bäume nur schwer erkennen kann und zeigt den Zugang zur Mur. „Dort wo jetzt die Kalvarienbrücke steht, war damals die alte Floßanlegestelle”, erzählt Irmi. „Daher hat der Stadtteil seinen Namen.”
Titelbild: Stadtteilzentrum NaNet