Graz im Fokus: Geflüchtete Künstler*innen stellen mit dem Verein Jukus Werke aus, die sie der Kulturhauptstadt widmen.
Die Gotische Halle ist gefüllt mit künstlerischen Eindrücken und Gedanken zu Graz – geschaffen von Menschen, die die Stadt als ihr neues Zuhause anerkennen. Der Verein Jukus mit Sitz in der Annenstraße konzipierte und entwickelte die Idee für Re_stART_#Graz 2020, die im Rahmen der Kulturhauptstadt 2020 gefördert wurde. Den Ausstellungsplatz stellt das Graz Museum zur Verfügung. „Wir wollten mit dem Projekt den Künstler*innen eine Möglichkeit geben, ihre handwerklichen, kreativen und künstlerischen Fertigkeiten wieder aufzunehmen“, sagt Ali Özbaş, der Vorstand von Jukus.
Im Zuge des Projektes kooperiert Jukus mit dem Institut für Design und Kommunikation der FH Joanneum. Wolfgang Gulis lehrt nebenberuflich am Institut und begleitet den Prozess der Ausstellung. „Wir sind draufgekommen, dass wir immer mehr Personen mit Migrationshintergrund kennen, die künstlerisch aktiv sind“, erzählt er. Manche von ihnen haben in ihrer alten Heimat sogar Ausbildungen zu oder Karrieren als Künstler*innen gemacht. „Das wollten wir mit dieser Ausstellung unterstützen und deswegen trägt sie den Namen Restart: ein Neustart, ein Wiederlosgehen.“
Graz als Hoffnungsträgerin
Man blickt in die schicksalhaften Augen einer afghanischen Frau, aus den Kopfhörern ertönen ihre sehnsüchtigen Worte nach Heimat. Diese Geschichte erzählt das Gemälde von Bahaneh Ovis-Schatzl. Sie kam nach der Matura von Teheran nach Österreich, um zu studieren. Nach Soziologie, Genderstudies und Transkulturelle Kommunikation beginnt sie mittlerweile eine Psychotherapieausbildung. Als Dolmetscherin im Psychotherapieprozess des Vereins Zebra hörte sie Trauma- und Folteropfern zu. Im Zuge dessen lernte sie afghanische Frauen und ihre Geschichten kennen. In Fantasiereisen kam bei den Geflüchteten immer wieder der Wunsch nach Sicherheit und Zugehörigkeit auf. Bahaneh Ovis-Schatzl wurde klar, dass sich dieses sichere und gut behütete Gefühl in Graz wiederfindet. Im Gemälde erkennt man in den Augen der Frau ein Kind, das für die traurige Vergangenheit und eine Greisin, die für die hoffnungsvolle Zukunft stehen.
Es sind elf Künstler*innen, die in ihren Werken die Stadt Graz interpretieren. Die Auswahl wurde in einer Art Wettbewerb getroffen. Ab Februar 2020 wurden Info-Workshops abgehalten, in denen sich Menschen gemeldet und informiert haben. Ihre Aufgabe war es, ein kurzes Konzept darüber zu schreiben, was sie gerne ausstellen würden. „Im Mittelpunkt der Arbeiten sollte in irgendeiner Form Graz stehen“, sagt Wolfgang Gulis. Im Sommer letzten Jahres wählte eine Jury die Künstler*innen aus, die ihre Werke realisieren und in der Gotischen Halle präsentieren dürfen.
Zwischen antiken Mauern
Der Fokus der Ausstellung liegt auf Graz und das spiegelt sich sogar im Schauplatz selbst wider. Die mittelalterlichen Wände der Gotischen Halle lassen in das letzte Jahrtausend blicken, denn 1164 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. „Der Raum ist repräsentativ für die Geschichte von Graz“, meint Wolfgang Gulis.
Inmitten der Halle steht ein Holzhaus, gebrandmarkt mit „Reininghaus“. Damit widmet Evazali Rahimi seinen Beitrag zur Ausstellung den Reinunghausgründen. Er ist einer der Kunsthandwerker*innen, die bei Re_stART_#Graz 2020 mitwirken. Ursprünglich arbeitete er in Afghanistan als Glasschneider, das Arbeiten mit Holz lernte er erst in Österreich kennen und lieben. Der Grund dafür liegt durchaus darin, dass er als Asylwerbender nicht arbeiten durfte und dadurch begonnen hat, mit verschiedenen Materialien zu basteln. Evazali Rahimi arbeitete im OpenLab im Reininghaus und war hautnah dabei, als dort immer mehr Gebäude abgerissen wurden. Besonders weh tat ihm 2018 der Abriss der Sonnenuhr, die er nun in seinem Modell nachgebaut hat. Die Materialien hat Evazali Rahimi vor Ort gesammelt, um sie in seiner Miniaturversion des Reininghauses weiterzuverarbeiten.
Begleitend zur Ausstellung führt jede Woche ein*e Künstler*in oder anderweitig*e Mitwirkende*r durch die Halle, um den Besuchenden ihre Eindrücke näherzubringen. Jukus verfolgt mit dem Projekt das Ziel Künstler*innen mit Migrationsbiografie in Graz sichtbar zu machen. Die Kunsthandwerkerin Lejla Ramovic sieht hierbei die Möglichkeit neue Beziehungen aufzubauen: „Ich bin in Österreich mit keinen Künstler*innen in Kontakt. Es wäre super, wenn durch das Projekt etwas mehr Austausch entstehen kann und weitere Kontakte mit Künstler*innen geknüpft werden können.“
29. April – 20. Juni
von 11:00 bis 18:00 Uhr
Weitere Infos: Graz Museum
Titelbild: Helene Purt