Nachdem normale Bars vergangene Woche wieder öffnen durften, haben fünf Annenpost-Redakteurinnen am Samstag eine etwas andere Bar aufgemacht: Mit einer mobilen Snapshot-Bar machten sie sich am vorletzten Lendwirbel-Wochenende auf die Suche nach Anekdoten, Eindrücken und G’schichten aus dem Lend.
Die Wäscheleine über dem Laderaum des Lastenrades ist gespannt und die ersten Zettelchen sind befestigt. „Teile deinen Lend-Moment mit uns!“, steht auf einem davon. Vorne auf der Box klebt ein Schild: Snapshot-Bar. Getränke gibt es bei dieser Bar nicht, dafür die Möglichkeit, sogenannte Snapshots aus dem Lend auf kleine Zettel niederzuschreiben und diese auf die Wäscheleine zu hängen. Was zu Beginn noch leer und farblos wirkt, soll am Ende ein buntes Stimmungsbild aus dem Viertel ergeben.
Kaum haben wir uns am Lendplatz stationiert, nähern sich erste Passant*innen. Unserer Einladung, ihren Lend-Moment zu teilen, kommen sie nach kurzem Zögern nach.
Langsam beginnt sich die Wäscheleine zu füllen.
Ausgerüstet mit Wäscheklammern, Stiften und viel buntem Papier ziehen wir weiter, vorbei an den Marktständen des Lendplatz, bis in die Josefigasse. Vor der Galerie gegen Sexismus stehen einige Personen. Eine der Kuratorinnen nutzt die Gelegenheit, um das Thema der Ausstellung zu thematisieren. „Machen wir sexuelle Belästigung gemeinsam strafbar“, schreibt sie.
Aber auch weniger ernste Themen finden ihren Weg auf die Wäscheleine. Nach einem Konzert der Band Bilderbuch hat ein junger Mann mit den Musikern 2019 in einem Lokal einen besonderen Lend-Moment geteilt:
Vor der Haarschneiderei…
…und vor dem Büro des Lendwirbel-Organisationsteams treffen wir auf die nächsten Menschen, die Anekdoten niederschreiben möchten.
Als Lend-Bewohner*innen wissen sie das Viertel mit all seinen Facetten besonders zu schätzen:
Gemeinschaft, Individualität und Gespräche werden hier großgeschrieben. „Und das Bier“ gehört auch dazu.
Auch Juri, ein junger Viertelbewohner, erzählt bildlich von seinen Erfahrungen im Lend. „Es regnet oft“, erklärt er seiner Mutter die Zeichnung, auf der eine große Regenwolke zu sehen ist. Er hat sich vermutlich vom Wetter der letzten Wochen inspirieren lassen.
Nach vielen interessanten Gesprächen erreichen wir schließlich den Mariahilferplatz, unsere letzte Station. Dort begegnen wir überraschend zwei jungen Menschen, die zwar nicht aus dem Lend sind, das Viertel aber trotzdem bestens kennen: Zwei ehemalige Annenpost-Redakteur*innen. Auch sie befüllen jeweils ein Zettelchen.
Ihr Lend-Moment:
Auch vor dem Atelier Schmuckes, in dessen Schaufenster noch bis Samstag, 29. Mai, Gedichte des Slam-Kollektivs ausgestellt sind, machen wir Halt und Snapshots werden verfasst.
Den Abschluss bildet eine Dame, der wir mitten am Platz begegnen.
Sie teilt eine Anekdote aus ihrer Jugend. Nach einer durchfeierten Nacht im Lend wäre ihr Auto beinahe abgeschleppt worden. Als Dankeschön dafür, dass die Marktverkäuferin das Auto nicht abschleppen ließ, hat die Dame ein riesiges Allerheiligengesteck für das Grab ihres Opas gekauft.
Die Tour durch den Lend ist damit vorbei, die Snapshot-Bar schließt wieder. Über 20 Lend-Momente konnten wir sammeln. Die Gespräche, Anekdoten und Snapshots haben gezeigt, wie bunt und vielfältig das Viertel ist und welche Stimmung dort herrscht. Und auch das Lastenrad selbst hat einiges an Farbe dazugewonnen.
Fotos: Sophie Aster & Fanny Gasser