Das Internet ist mittlerweile nicht nur ein Ort des Austausches, sondern auch eine Plattform zum Verbreiten von Hasskommentaren. Hate Speech stieg in den letzten Monaten enorm an.
NoHate@WebStyria ist ein Forschungsprojekt, das im Jänner 2019 in Kooperation mit der Karl-Franzens-Universität, der Antidiskriminierungsstelle Steiermark und dem Web Literacy Lab der FH Joanneum auf die Beine gestellt wurde (am selben Institut wird auch die Annenpost herausgegeben). Dabei wurde Hate Speech im Internet mit Fokus in der Steiermark genau analysiert. Die Projektmitarbeiterinnen der Forschung an der FH Joanneum – Sonja Radkohl, Susanne Sackl-Sharif und Eva Goldgruber – untersuchten speziell kommunikationswissenschaftliche Aspekte.
Wie entsteht Hass?
„Hass entlädt sich sehr stark an aktuellen Ereignissen“, erzählt Radkohl. Der Hass im Netz stieg besonders nach dem zweiten Lockdown im November 2020 stark an. Bei ihrer Forschung überraschte Radkohl, wie vielfältig selbst Hasspostings sein können. Neben den typischen Kommentaren, Bildern und Videos fand sie sogar Gedichte, gespickt mit Beleidigungen. Die Projektleiterinnen versuchten unter anderem, die Postings zu kategorisieren, was sich als schwieriger herausstellte als gedacht. Als Beispiel nennt Radkohl das Wort „Strom”. Was grundsätzlich kein beleidigender Begriff ist, bezieht sich auf eine Diskussion unter einem Beitrag über Straftäter*innen. „Strom” solle als Strafe für diese Menschen genutzt werden. Es wurden also Gewaltfantasien ausgedrückt.
Der richtige Umgang mit Hass im Netz
Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen, ist oft mit Hass im Netz konfrontiert. Der Verein ist eine Anlaufstelle für schwule, lesbische, bisexuelle und trans Menschen. Am häufigsten, so erzählt er, erhalten genannte Personengruppen Hasspostings via Facebook. Nicht nur anonyme Profile schreiben ihre unerwünschte Meinung an die Pinnwand der RosaLila PantherInnen, sondern auch Menschen, die ihr Gesicht zeigen. Jedoch ist hier der Hass sehr viel abgeschwächter. Niedermayer geht mit solchen Kommentaren unterschiedlich um. Wenn sie eine Person aus dem Verein persönlich angreifen und nicht nur mit Homophobie zu tun haben, löscht er sie sofort. Sind die Kommentare zwar verächtlich, beleidigen aber keine Person im Speziellen, lässt er sie stehen, um den anderen Nutzer*innen zu zeigen, mit welchen Problemen der Verein teilweise zu kämpfen hat. Schreibt jemand sachlich und argumentativ, verfasst Niedermayer mit seinen Kolleg*innen eine Antwort, die ihre Sichtweise erklärt.
Was Niedermayer aber stets macht, ist, die Hasspostings an die BanHate-App zu melden. Diese hat die Antidiskriminierungsstelle Steiermark im Jahr 2017 gestaltet und sie ist laut APA Europas erste App, die speziell dafür entwickelt wurde, um Hasspostings zu melden. Die BanHate-App überprüft die Meldungen und leitet sie bei Verstoß gegen Gesetze an die zuständigen Behörden weiter. Für Niedermayer ist es wichtig, die Meldungen an die App zu schicken, da solche in der Online-Hassreport Statistik auftauchen. 2020 wurden insgesamt 3.215 Hasspostings bei der BanHate-App gemeldet, das sind 76 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Folgen von Hate Speech
„Obwohl der Hass im Netz viel häufiger vorkommt, ist er dann im Realen sehr viel drastischer”, so Niedermayer. Die RosaLila PantherInnen bekommen besonders nach großen Veranstaltungen wie dem Tuntenball oder dem Christopher Street Day, auch bekannt als CSD, mehr Anfeindungen. „Alle paar Jahre ist mal ein Hauferl vor der Tür. Ist natürlich sehr blöd, dann müssen wir das auch noch wegputzen“, meint der Vorsitzende. Er selbst nimmt solche Angriffe nicht persönlich, aber er weiß, dass viele seiner Vereinskolleg*innen oft mit der Angst kämpfen. Auch Radkohl nennt als einen der Gründe, weshalb Hass im Netz so gefährlich ist, dass dieser schnell in die analoge Welt überspringen kann. Aber auch das sogenannte „Silencing“ ist eine gefährliche Folge von Hass im Netz. „Hass ist keine Meinung. Es zerstört Debatten und die Betroffenen ziehen sich zurück“, so Radkohl. Die Opfer von Hate Speech mundtot zu machen, ist der geläufigste Grund der Täter*innen.
Gemeinsam gegen Hass im Netz
Radkohl rät, gemeinsam gegen Hass im Netz vorzugehen. Ist man selbst davon betroffen oder sieht man es bei Dritten, ist es wichtig, einen Screenshot der Beleidigungen zu machen, mit Datum und Uhrzeit versehen, und der BanHate-App melden. Die Solidarisierung mit den Opfern sei ein wichtiger Schritt. Egal, ob man in der Diskussion schon für Betroffene einsteht oder ihnen danach eine private Nachricht schreibt, um die eigene Unterstützung zu verdeutlichen, es ist essentiell, den Opfern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Die Forschungsergebnisse von NoHate@WebStyria gibt es ab Sommer 2021 als Publikation unter dem Namen „Online Hate Speech – Perspektiven aus Praxis, Rechts- und Medienwissenschaften“ als Printausgabe oder Open Access PDF zu lesen.
Titelbild: Die Projektmitarbeiterinnen der NoHate@WebStyria Forschung an der FH Joanneum: Susanne Sackl-Sharif, Eva Goldgruber, Sonja Radkohl (v.l.) – Foto: Gregor Fischer