Am Donnerstag wurde mit dem Jochen-Rindt-Platz die erste neue Verkehrsfläche in Reininghaus eingeweiht. Eine kleine Orientierungshilfe für die Namen, die bald den jungen Stadtteil prägen.
Von Felix Neumann, Katharina Percht, Nora Reichhalter
Zwischen weiten Kürbisfeldern und bezugsfertigen Wohnbauten werden im neuen Stadtteil Reininghausgründe immer mehr neue Wege und Plätze sichtbar. Besonders ins Auge stechen die knallroten Unterstände an den zukünftigen Haltestellen am Jochen-Rindt-Platz, der am 7. Oktober 2021 feierlich eröffnet wurde.
Es passiert gelegentlich, dass in Graz neue Verkehrsräume entstehen und die Namen bedeutender Persönlichkeiten oder Institutionen erhalten. Die Eröffnung des Jochen-Rindt-Platzes zog aber besonders viel mediale Aufmerksamkeit auf sich. Anlässlich des 50. Todestages der Rennfahrerlegende, durch die Covid19-Pandemie ein Jahr verspätet, veranstaltete die Stadt Graz eine Reihe von Gedenkfeierlichkeiten, zu denen auch die gestrige Platzeinweihung gehörte. Zu den Ehrengästen zählten unter anderem seine Witwe Nina und der Milliardär Bernie Ecclestone.
Der gebürtige Mainzer Jochen Rindt wuchs bei seinen Großeltern am Ruckerlberg auf und schaffte es früh, international bekannt zu werden. 1970 wurde ihm seine Leidenschaft zum Verhängnis, als er während eines Trainings in Monza tödlich verunglückte. Er gewann im selben Jahr als einziger Formel-1-Fahrer der Geschichte posthum den Weltmeistertitel und wurde am Grazer Zentralfriedhof beerdigt – laut Stadt Graz “eines der wichtigsten Ereignisse der Nachkriegszeit in Graz”.
Seit gestern erinnert nun eine freie Betonfläche, die noch durch Bäume ergänzt werden soll, an den Wahlgrazer. Sie liegt an der Wetzeldorfer Straße und soll ab November auch als Knotenpunkt zwischen Straßenbahn und Bus dienen.
Auf die Grazer*innen kommen nach dem Jochen-Rindt-Platz Stück für Stück sieben weitere Verkehrsflächen in Reininghaus zu. Diese wurden vom Ausschuss für Stadt- und Grünraumplanung und dem Grazer Gemeinderat bereits benannt.
Was man dabei nicht außer Acht lassen sollte: Es gab in den vergangenen Jahren während der Sitzungen öfters Kontroversen, da für die neuen Benennungen der Straßennamen Frauen vorgezogen werden sollten (siehe Richtlinie der Stadt Graz). Das wird durch eine auffallende Unterrepräsentation von weiblichen Namen am Stadtplan begründet. So stimmte die Opposition 2017 geschlossen gegen den Vorschlag einiger Straßenbenennungen in Reininghaus, die Stadtregierung hatte allerdings die Mehrheit. Auch 2020 wurde der Name Jochen-Rindt-Platz mehrheitlich mit einer Gegenstimme beschlossen: die KPÖ schlug vor, den Platz nach Anna Cadia, die während des Zweiten Weltkrieges Mitglied der Widerstandsbewegung “Rote Hilfe“ war, zu benennen. Letztlich ist die Margarete-Schütte-Lihotzky-Straße die einzige der acht neuen Verkehrsflächen in Reininghaus, die explizit eine Frau würdigt.
An den frisch getauften Jochen-Rindt-Platz grenzt jedenfalls die von der Stadt als „Grüne Achse” beworbene Domenico-dell’Allio-Allee, welche von der Peter-Rosegger-Straße Richtung Norden verläuft. Der Namensgeber war ein italienischer Baumeister aus dem frühen 16. Jahrhundert, der sich als Architekt mächtiger Befestigungen gegen die Osmanen Bekanntheit verschaffte. Außerdem plante er das Grazer Landhaus und ebnete vielen weiteren Landsleuten aus dem Baugewerbe den Weg nach Österreich. Sein Name erinnert übrigens nicht zufällig an das Nudelgericht Spaghetti aglio e olio – bei seiner Adelung durch Kaiser Ferdinand I. wählte er den Knoblauch (= ital. aglio) als Wappen.
Die Domenico-dell’Allio-Allee mündet im Norden in den drei Hektar großen und zentral gelegenen Reininghauspark. Dieser soll im Frühjahr 2022 eröffnet werden und einen Pavillon, eine Wasserzeile sowie viel Grünraum bieten. Johann und sein Bruder Julius Reininghaus hatten im Jahr 1855 das Brauereiunternehmen Brüder Reininghaus gegründet und für ihre Mitarbeiter*innen auch ein Werksspital und ein Altersheim errichtet. Johanns Frau Therese wiederum kämpfte für Mädchenschulen und für Frauen, die ein Universitätsstudium anstrebten.
Am Park führt die UNESCO-Esplanade vorbei, die nur vom Radverkehr und öffentlichen Verkehrsmitteln befahren werden darf. Hier befindet sich das braune, auffällige Quartier 5, in das bereits die ersten Bewohner*innen eingezogen sind. Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, zu deren Weltkulturerbe die Grazer Innenstadt und das Schloss Eggenberg zählen. Außerdem rühmt sich Graz seit 2011 des Titels UNESCO City of Design.
Eine unscheinbare Stichstraße der Reininghausstraße soll künftig Mälzereigasse heißen, um an das 1992 abgerissene Mälzereigebäude aus dem 19. Jahrhundert zu erinnern. Zwischen den geplanten und schon gebauten Häusern der Reininghausgründe werden jedoch weiterhin die denkmalgeschützte Tennenmälzerei und das Malzsilo einen Draht zur Vergangenheit des Gebiets schaffen.
Die neue Ost-West-Verbindung namens Am Steinfeld führt von der Brauhausstraße quer durch das neue Stadtviertel bis zur Südbahnstraße. Hier wurde im September bereits ein Kindergarten eröffnet. Das Steinfeld selbst ist eine Schotterfläche im Grenzgebiet von Gries und Eggenberg. Der Name lässt sich auf den Steinfeldfriedhof sowie die Brauerei am Steinfeld (später Reininghaus) zurückführen.
Noch nichts ist bislang von der Margarete-Schütte-Lihotzky-Straße zu sehen, momentan befindet sich hier ein weites Kürbisfeld. Die Straße erinnert an die österreichische Architektin und Widerstandskämpferin, die 1923 als erste Frau in Österreich in Architektur diplomierte. Ihr bekanntestes Werk ist die Frankfurter Küche, die die Vorlage der modernen Einbauküche darstellt. Der Stadt Graz bleibt sie durch ein Ehrendoktorat der TU Graz verbunden, außerdem war sie für den Umbau des Grazer Volkshauses in der Lagergasse verantwortlich.
Verwechslungsgefahr besteht zwischen dem Reininghauspark und dem Reininghausplatz. Auf dieser Ackerfläche ist das Quartier 12 geplant, der Bildungscampus des Stadtteils, wo 36 AHS- sowie 20 Volksschulklassen Platz finden sollen.
Titelbild: Auch die Haltestellen am Jochen-Rindt-Platz erinnern an den Rennfahrer – Foto: Felix Neumann