Von: Victoria Frühwirth, Ralf Gaggl, Simon Auernig
Am Samstag kommt es in der Gruabn zum Duell zweier Grazer Arbeiter-Fußballklubs. Der Eggenberger Sportklub ist zu Gast beim Grazer Sportklub Straßenbahn.
Beim Wort „Derby“ denkt man in Graz sofort an das Duell GAK gegen den SK Sturm. Da diese Vereine aber in unterschiedlichen Ligen kicken und nur noch sehr selten aufeinandertreffen, stellt das Spiel GSC gegen ESK eine echte Alternative dar. Der Ausgang der Partie ist völlig offen. Beide Klubs haben ihre Ursprünge in der Arbeiterbewegung. In der rund 100-jährigen Geschichte beider Klubs kam es erst zu 22 direkten Aufeinandertreffen, und die weisen eine ausgeglichene Bilanz auf. Zwei der drei letzten Heimpartien konnten die Straßenbahner für sich entscheiden.
In der aktuellen Saison erwischte der ESK mit sechs Siegen in acht Spielen den besseren Saisonstart und rangieren derzeit auf dem zweiten Platz der Tabelle der 1. Klasse Mitte B. Der Grazer Sportclub hingegen startete durchwachsen in die Herbstsaison und belegt lediglich den elften Tabellenplatz. Als Grund dafür können die Spieler-Streiks zu Beginn der Saison angeführt werden, die den Verein im Spiel gegen den SVU Liebenau II in eine prekäre Lage brachten. Damals mussten die vor Ort anwesenden Fans als Spieler einspringen. Der Grund für den Streik soll laut einschlägigen Medienberichten die geringe Wertschätzung des Vereins der Mannschaft gegenüber gewesen sein. „Wir sind gerade dabei uns zu erfangen und hoffen zumindest auf einen Punktgewinn“, sagt GSC-Obmann-Stellvertreter Hanno Wisiak, der hauptberuflich das Büro von Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) leitet, zum kommenden Spiel. Neo-Trainer Markus Leeb, früher selbst in der Jugend für den Verein aktiv, ist vom Potenzial seines ESK überzeugt: „Durch die Systemumstellung im Sommer kam es zu einer Steigerung des Selbstvertrauens innerhalb der Mannschaft.“
Schauplatz des Derbygeschehens ist das Stadion des Grazer SC, eines der traditionsreichsten der Stadt, das bis 1997 dem SK Sturm als Heimstätte diente und immer noch eine besondere Atmosphäre bietet. Das Ambiente der Gruabn mit der ältesten Holztribüne Österreichs sorgen laut Wisiak für eine ganz eigene Stimmung. „Dieses einzigartige Feeling zieht immer wieder Groundhopper an.“ Darunter versteht man Fans, die gerne kultige Fußballplätze besuchen. Der Heimvorteil für den GSC ist jedenfalls gegeben, denn der eigene Fanclub ist im Vergleich zu anderen unterklassigen Klubs sehr groß. Die Tramway Funatix unterstützen ihre Mannschaft durch Fangesänge und Choreographien, die sogar bei den Fans anderer Teams für Staunen sorgt.
Neben der Fangemeinde wird auch die Nachwuchsarbeit im Verein großgeschrieben, wie die Eröffnung des neuen Kunstrasen-Trainingsplatzes direkt neben dem Hauptfeld zeigt. Der derzeitige Fokus liegt auf der Wiedereinbindung der Kinder in den Fußballverein. „Aufgrund der Pandemie hörten viele Kinder mit dem Fußball auf und ihnen wollen wir wieder den Spaß am Fußball vermitteln“, so Wisiak. Diesen Zugang will der Verein auch einkommensschwachen Familien ermöglichen. Dazu wird der Mitgliedsbeitrag in Kooperation mit der Stadt Graz erlassen.
Nachwuchsarbeit wird auch beim ESK gelebt. Das preisgekrönte Projekt „Der ESK geht neue Wege“, das Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus fast 20 Nationen fest in den Traditionsverein integriert, zählt zu einem der Eckpfeiler. Die Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehen des Vereins wird aufgrund der Pandemie erst im kommenden Jahr stattfinden. Auf das anstehende Spiel angesprochen, sagt Leeb: „Wir blicken mit viel Vorfreude, aber auch entsprechendem Fokus auf die kommende Partie. Die Stimmung in dieser Begegnung ist immer heiß.“ Im Vergleich zur direkten Liga-Konkurrenz zeichnet es beide Mannschaften gleichermaßen aus, dass sie ihr Hobby unentgeltlich ausleben. Wisiak: „Bei uns fließt kein Geld an die Spieler, sie spielen alle sozusagen für die gute Stimmung in der Gruabn und ein Bier danach.“ Anstoß ist am Samstag um 15.30 Uhr.
Titelbild: Facebook GSC Graz