Ein Stückchen Heimat, eine eigene kleine Welt – diese Gedanken teilen Hasan, Noah, Curtis und Michi, wenn sie von „ihren“ Bolzplätzen erzählen. In ihrer Freizeit zieht es sie auf die Hartplätze der Stadt, Kleine Sportoasen im Grazer Betondschungel.
Von: Lea Scharf, Paulina Tesarz, Sarah Trenker, Benjamin Zakary
Laute Rufe, das Quietschen von Schuhen auf dem Boden und Trinkflaschen am Rande der Spielfläche. Geworfen und geschossen fliegt das runde Leder über den Platz, während ihm die verschwitzten Sportler nachlaufen. Bestenfalls schlägt der Ball dabei im Tornetz ein oder fällt durch den Ring des Basketballkorbs. Das Bolzplatz-Klischee bedienen die vier Jungs aus dem Annenviertel perfekt.
Jede freie Minute verbringen Noah, Hasan, Curtis und Michi auf den Hartplätzen in Graz. Die Liebe zum Ball verbindet die vier jungen Annenviertler. Auch wenn sie aus verschiedensten Teilen der Welt kommen, sind sie auf dem harten Grau alle gleich. Ein für sie ausschlaggebender Aspekt der Kultur. “Am Hartplatz ist jeder gleich“, sagt der gebürtige Grazer Michi, der schon auf den verschiedensten Hartplätzen unterwegs war. Darin sind sich die vier einig. Unterscheiden tun sie sich vor allem durch ihre Platzwahl.
Für den Annenviertler Hasan ist der 2017 erbaute Multicourt-Platz im Lend zu seinem neuen To-Go-Spot geworden. Der Platz bietet eine Vielzahl an Sportmöglichkeiten im Grazer Volksgarten. Hasan verbindet mit ihm Kindheitserinnerungen, Lektionen fürs Leben und Freundschaften – einige der Gründe, warum er seine Zeit dort so gerne verbringt. In den Jahren auf den unterschiedlichsten Fußballplätzen in Graz hat er viele Persönlichkeiten kennengelernt. „Viele wissen es nicht, doch das meiste, was das Leben angeht, lernt man am Hartplatz“, ist er überzeugt. Man lerne Menschen kennen, die vieles durchgemacht haben, und tausche Geschichten aus.
Freiheit durch Beton
Der Fußballplatz ist ein Ort, an dem Hassan keine Sorgen und Verpflichtungen spürt. „Ich bin für vier bis fünf Stunden ein freier Mensch.“ Was Hasan ausspricht, sitzt auch in den Köpfen der anderen. Michi spielt in Mariatrost nicht nur Fußball, er verbrachte auf dem Bolzplatz auch einen Großteil seiner Jugend. Noah und Curtis haben am Viereck aus Beton sogar eine neue Familie gefunden. Eine kleine Gruppierung aus Leuten verschiedenster Nationalitäten, die der Sport über die Jahre zusammengeschweißt hat. An ein Wochenende ohne sie wäre nicht mehr zu denken. Unter der Woche sind sie meist mit der Arbeit oder dem Studium beschäftigt und können so, wie auch Hasan, dem Alltagsstress entkommen. Die Bedeutung, die der Hartplatz für sie hat, beschreiben sie mit einer Welle positiver Stichwörter: Freundschaft, Miteinander, Zusammenhalt.
Nicht nur im Volksgarten treffen Ball und Schuhsohlen auf Beton und Hartgummi, auch auf den Hasnerplatz und sogar nach Mariatrost pilgern die Sportler aus dem Annenviertel. Die Reise Richtung Geidorf nehmen Noah und Curtis extra für ein paar Körbe auf sich. Sie sind der Ansicht, dass das Angebot in 8020, speziell fürs Basketball, nicht ausreicht und weichen deshalb auf den dritten Bezirk aus. Sie und ihre Gruppe treffen sich jeden Sonntag, um ihre Duelle auszutragen. „Ich benutze diese Hartplätze lieber, da sie meist besser ausgestattet sind und sympathischer wirken“, sagt Curtis. Freunde und Verbundenheit ziehen Michi aus dem Annenviertel an den Stadtrand. Der Hartplatz ist für ihn eine zweite Heimat.
Eine weitläufige Liebesgeschichte
In der Grazer Innenstadt sind die Plätze aus Beton, der in Mariatrost ist aus hartem Gummi. Gehört ein Gummiplatz überhaupt noch in die Kategorie Hartplatz? Den Jungs könnte es nicht gleichgültiger sein, am Bolzplatz gibt es keinen Raum für Diskriminierung, auch nicht hinsichtlich des Bodenbelags. “Egal ob du mit dem Tesla oder zu Fuß kommst. Zwischen den weißen Linien spielt das keine Rolle mehr“, sagt Michi.
Titelbild: Am Bolzplatz sind alle gleich frei – Foto: Benjamin Zakary