Das Grazer Unternehmen Mützenmafia hat in der Volksgartenstraße seinen ersten Store eröffnet. Ein Gespräch mit Mafia-„Patin” Kristina Blaschitz über faire Modeproduktion und die Notwendigkeit, das Konsumverhalten zu verändern.
Von Nadja Halsegger und Nadine Hager
Vor über zehn Jahren begann Kristina Blaschitz, die Gründerin der Mützenmafia, aus Eigenbedarf selbst Mützen und Stirnbänder zu stricken. Damit löste sie nicht nur ihr Kalte-Ohren-Problem, sondern es wurde auch die Mützenmafia geboren.
Letzten Monat kam zum Onlineshop dann auch noch der eigene Store in der Volksgartenstraße. Dort verkauft das Team der Mützenmafia Mützen, Schals, Accessoires und Secondhand-Mode. Außerdem bietet das Geschäft auch anderen nachhaltigen, women-owned Kleinunternehmen eine Plattform, um Produkte zu verkaufen. Blumenkränze aus Gleisdorf, handgegossene Kerzen oder selbstgemachte Seife sind nur einige davon.
„Es geht darum, Individualität zu fördern und nicht die Großproduktionen”, sagt Kristina Blaschitz.
Handarbeit, Secondhand-Stoffe und „no mulesing”
Die Produkte der Mützenmafia stellt Kristina nicht mehr nur allein her, sondern auch von anderen Produzent*innen in Österreich und Slowenien – in Handarbeit wie auch maschinell. „Das ist unsere Strickerin. Das hat die Brigitte gestrickt”, sagt Blaschitz und zeigt auf das kleine Label an einem Stirnband, auf dem sich ein Foto der Herstellerin befindet.
Die Stoffe, die in der Mützenmafia verwendet werden, sind sogenannte „Deadstock Stoffe”. Das bedeutet, sie wurden von anderen Unternehmen überproduziert und würden im Müll landen, gäbe es nicht diese zweite Verwendung für sie. Diese Stoffe tragen außerdem ein GOTS-Label, das die Einhaltung strenger ökologischer Kriterien entlang der Produktionskette garantiert. Die Merinowolle für die gestrickten Waren kommt aus Australien und trägt das „No mulesing – sheep friendly”-Label. Mulesing ist eine grausame Praktik, die Merinoschafe davor schützen soll, von Fliegen befallen zu werden. Dabei werden Hautfalten abgeschnitten, die gute Lebensbedingungen für Fliegenlarven bieten. Die beste Lösung, einen Fliegenbefall von vornherein zu vermeiden, wäre die Rückzüchtung der Hautfalten, steht im „Vier Pfoten-Bericht” über Mulesing-freie Schafwolle von 2019. Das passiert aber, laut Sprecher*innen der Vier Pfoten nur langsam. Erst 30% der Bauern in Australien haben damit aufgehört.
Nachhaltige Mode – können das auch Großunternehmen?
Auch Großkonzerne wie H&M versprechen, ihre Konzepte nach und nach in Richtung Nachhaltigkeit zu verändern. Bis 2030 will H&M zu 100 Prozent auf recycelte und nachhaltige Materialien umzusteigen. Erste Schritte dorthin sind neue Kollektionen aus umweltschonenden Stoffen mit wassersparender Produktion und leicht recycelbaren Materialien. Außerdem erreichte H&M 2021 den ersten Platz im Fashion Revolution Transparency Index.
„Als Großkonzern bist du ja eigentlich wie ein großes Schiff und damit nicht so wendig wie ein kleines. Deswegen ist es klar, dass Großkonzerne nicht von heute auf morgen alles umstellen. Sich das aber vorzunehmen, ist schon mal super”, erklärt uns Kristina zu diesem Thema. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob H&M sein Versprechen bis 2030 hält. Laut dem „Fair Action and Fair Finance Guide” wurde das Ziel, bis 2018 ungefähr 850.000 Angestellte in Bangladesch fair zu bezahlen, deutlich verfehlt.
Fair Fashion kann auch Fast Fashion sein
Auch der Konsum von ausschließlich fairer Mode kann in Fast Fashion enden, wenn es zu einem Übermaß kommt. Kristina meint dazu: „Das Konsumverhalten zu verändern, wäre die Lösung. Nicht einfach nur fair zu produzieren. Denn wenn man mehr kauft als man braucht, hat man ja trotzdem Fast Fashion.“
Die Mützenmafia setzt beispielsweise darauf, ihre Mützen und Schals möglichst hochwertig und daher langlebig zu produzieren. Sie sollen mehrere Saisonen lang halten und glücklich machen, sodass man sich nicht jeden Winter ein neues Teil kaufen muss. „Es braucht einen bewussteren Konsum in Verbindung mit Fair Fashion”, sagt Kristina.
Titelbild: Nadine Hager