In drei Phasen wird nun in ganz Österreich für die gesamte Bevölkerung ab 18 Jahren die Impfpflicht eingeführt. Ein Gespräch mit dem Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) über Impfquote, Demo-Touristen und Esoteriker.
Die Impfquote der vollständig Geimpften in Graz ist mit 72,9 Prozent etwas niedriger als die österreichische Impfquote mit 75,7 Prozent. Können Sie erklären, woran das genau liegt?
Robert Krotzer: Wir sind, was die Städte betrifft, überdurchschnittlich unterwegs. Was die Landeshauptstädte betrifft, sind wir Platz 2. Nur Eisenstadt hat eine bessere Impfquote als Graz.
Die Bundesregierung will Förderungen an Gemeinden ab einer gewissen Impfquote vergeben. Was werden Sie tun, damit sich die Impfquote in Graz erhöht?
Wir setzen seit vielen Monaten auf eine Reihe von Maßnahmen, insbesondere niederschwellige und unkomplizierte Impfangebote in den Grazer Stadtteilen. In der Josefkirche, in der Moschee, in Stadtbibliotheken oder Studierendenheimen. Seit einigen Wochen sind wir auch mit dem Impfbus des Landes Steiermark unterwegs. Diese Maßnahmen werden begleitet von Postwurfsendungen in der Nachbarschaft, seit Ende August haben wir 65.000 Informationsblätter verteilt, weitere 20.000 geben wir jetzt mit dem Impfbus raus. Und wir sind als Stadt dafür zuständig, den Raum für die Impfstraße, die vom Land betrieben wird, zur Verfügung zu stellen. Wir haben im November die Anzahl der Impfkojen verdoppelt. Durch die Anmietung der Halle D konnte in den letzten Wochen der Andrang gut geregelt werden ohne, dass es zu langen Wartezeiten kam.
Gibt es relevante Unterschiede bezüglich der Impfquote auf Bezirksebene? Wie erreicht man die Menschen, die aus Ländern kommen, die als impfkritisch gelten?
Wir haben eine ganze Reihe von Informationsveranstaltungen mit dem Migrant*innenbeirat organisiert, bei Vereinen oder kirchlichen Einrichtungen. So entsteht die Möglichkeit, direkt auf Nachfragen bzw. auf diverse Gerüchte, die im Umlauf sind, einzugehen. Es gibt Informationen in verschiedenen Sprachen. Aber es ist natürlich ein täglicher Auftrag, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Sie haben in einem Interview im November gesagt, dass Sie die Impflicht eher kritisch sehen und haben sich für einen Impfbrief ausgesprochen. Wie sehen Sie nun die Impfpflicht?
Meine Haltung habe ich beibehalten, ich sehe die Impfpflicht nach wie vor kritisch. Aus einer Vielzahl an Gesprächen und Rückmeldungen, die wir bekommen, wird deutlich, dass es eine breite Gemengelage gibt, warum Menschen diese Impfungen für sich nicht in Anspruch nehmen wollen. Mit den allermeisten dieser Argumente kann ich persönlich weniger anfangen und sage auch meine Meinung dazu. Allerdings machen wir die Erfahrung, dass diese Impfpflicht die Fronten der Gesellschaft mehr verhärtet, als dass sie einen Dialog zulässt. In den nächsten Wochen werden wir sehen, inwieweit die Impfbereitschaft steigen wird. Ich glaube, das wird überschaubar sein.
Aus meiner Sicht haben wird mit den Impfgegnern ein gesellschaftlich viel tiefergreifendes Problem, das man nicht einfach mit einem Beschluss im Nationalrat beseitigen kann. Das reicht von Menschen, die grundsätzliches Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen haben. Das geht weiter über Menschen, in deren Herkunftsländern die mediale Berichterstattung vielleicht sehr skeptisch gegenüber allen Covidmaßnahmen ist. Bis hin zu Menschen, die einen gewissen Hang ins Esoterische oder auch zu vermeintlich alternativer Medizin haben.
ln der Kleinen Zeitung haben sie gesagt: “Nur weil die Demonstration in Graz stattfindet, heißt das nicht, dass der Großteil der Leute aus Graz sind. Da gibt es einen starken Demotourismus”. Was sagen Sie zu den aktuellen Demos?
Mein Befund, dass eben sehr viele Menschen von außerhalb an diesen Demonstrationen teilnehmen, die in Graz stattfinden, hat sich bestätigt. Ich bin selbst am Samstagnachmittag, [22. Jänner] die Annenstraße heruntergegangen, so um 18 Uhr dürfte das gewesen sein. Da sind scharenweise Leute, die ganz offensichtlich an der Demonstration teilgenommen haben, von der Innenstadt in Richtung Bahnhof zurückmarschiert.
Titelbild: Demonstranten vor dem Rathaus in der Herrengasse – Foto: Victoria Frühwirt