Superman, Batman und Co. Pop Art ist eine von Männern dominierte Kunstrichtung. Doch nicht im Grazer Kunsthaus, dort wird bis Ende August eine Ausstellung mit der Frau als selbstbewusster Mittelpunkt der Pop Art angeboten. Im Gespräch mit Chefkuratorin Katrin Bucher Trantow über Feminismus in der Kunst, Chancengleichheit und warum diese Ausstellung das tradierte Bild der Frau endgültig sprengen soll.
Bunt und knallig, zornig und rebellisch. All das verspricht die Ausstellung Amazons of Pop!, die nun nach dem MAMAC Nizza und der Kunsthalle zu Kiel auch das Kunsthaus Graz zeigt. Dargestellt werden die sogenannten Amazonen, die seit der Antike für unerschrockene Kriegerinnen stehen. In der Welt der Pop Art sind es Superheldinnen, Ikonen und kreative Aktivistinnen, die ein Zeichen für Frieden und Gleichberechtigung setzen. Amazons of Pop! besteht aus einer Sammlung von 120 Werken, beigesteuert von 40 verschiedenen Künstler*innen. „Organisatorisch bedeutet es, auf der ganzen Welt zu suchen, um diese Arbeiten aus unterschiedlichsten Sammlungen zusammenzuholen. Es ist eine große Chance, ein Stück Geschichte aufzuzeigen“, so Katrin Bucher Trantow, Chefkuratorin des Kunsthaus. Genau das wird auch getan. Doch nicht chronologisch – Besucher*innen werden in unterschiedlichen thematischen Kapiteln in das Thema Pop Art eingeführt.
Mit einer Rolltreppe geht es hinauf in das erste Obergeschoss des Kunsthauses. An der Wand lässt sich ein Zitat der britischen Schauspielerin Martha Ross lesen: „Feminismus ist eine Weltanschauung. Es ist eine Sichtweise, die Überdenken von Machtfragen fordert.” Ein gutes Indiz dafür, was die Besucher*innen erwartet. Sobald das Bühnenbild betreten wird, fallen buntes gedimmtes Licht und Superheld*innen-Musik auf, welche die Kunst im Raum unterstreichen. Werke aus Malerei, Film, Performance und Skulptur geben Besucher*innen das Gefühl, eine andere Dimension betreten zu haben. Eine Welt zwischen den Jahren 1961 und 1973.
Gefangen in der Zeitkapsel
Die Werke der Ausstellung wurden aus dem Zeitraum der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre gewählt. Eine Zeit, die aufgrund des Kalten Krieges auch für Angst und Schrecken stand. Die US-Metropolen glitzerten, blinkten und feierten mit Arbeiten wie „Campbell’s Soup Cans” den Durchbruch der Pop Art. Wien, geschädigt von der Nachkriegszeit, zeigte sich noch dunkel und schmutzig. Daher setzte sich diese euphorische Kunstrichtung in Österreich eher schleichend durch und wurde als „Low Art“ bezeichnet. Dennoch hat sie auch in unserem Land ihre Spuren hinterlassen. „Diesen Spuren wollen wir nachgehen und nochmal genauer schauen, welche Hinterlassenschaften es in Österreich gibt“, so die Kuratorin Bucher Trantow.
Das Private ist politisch
Die knallige Plastik-, Farben- und Formenwelt soll zwar Spaß machen, sie lenkt aber auch die Aufmerksamkeit auf soziale und politische Krisen des Zweiten Weltkrieges. „Dies vereint alle Arbeiten miteinander: das Private ist politisch. Das macht sie auch heute noch höchst aktuell“, erklärt die Kuratorin. Die wahrscheinlich provokativste Arbeit der Ausstellung ist das Werk „Girl with open mouth“ aus dem Jahr 1963. Hier wird die Frau als Muse beziehungsweise als Objekt inszeniert. „Das Aneignen dieses sexualisierten, weiblichen Selbst provoziert so sehr, dass es doch wieder weiblich ist“, so Bucher Trantow.
Die Frau als Marke?
Neben Feminismus und Gleichberechtigung setzt die Ausstellung auch ein Zeichen gegen Markenfetischismus. „Die Werbung rückt bekanntermaßen die Frau seit Jahrzehnten als Objekt in den Vordergrund. Alles nach dem Motto ,Sex sells‘. Kein leicht bekleideter Mann offeriert ein Handrührgerät, sowas gibt es nicht. Nur der Körper der Frau wird als Zugabe zur Ware zelebriert“, meint Bucher Trantow. Genau deswegen sei dieses Thema auch heute noch so präsent. Und deswegen stiften die Superheldinnen in den Kunstwerken nun mit Farbe, Euphorie und Selbstrespekt einen Richtungswechsel an.
„Es ist nach wie vor relevant, auch weibliche Kunstgeschichte neu zu schreiben und zu definieren“, so die Kuratorin. Es ist aber auch der Traum von einer gerechteren Welt, der im Kunsthaus gezeigt wird. Eine Hoffnung, die auch nach 50 Jahren noch brandaktuell ist.
Titelbild: Die Frau steht bei der Ausstellung im Mittelpunkt. – Foto: Hannah Bachler