Im April fand in den USA der „Design, Build, Fly“-Wettbewerb statt. Aus aktuellem Anlass war das Ziel des diesjährigen Bewerbs, Impfkomponenten in abgelegene Gebiete zu liefern. Und das mit einem selbst konstruierten Modellflugzeug.
Bei dem Konstruktions- und Flugwettbewerb im April war auch ein Team aus dem Annenviertel dabei. Das „Design, Build, Fly“-Team der joanneum Aeronautics konnte mit dem eigens konstruierten Flugzeug gute Erfolge für Graz erzielen, soviel sei verraten. Naturgemäß steht bei dem Wettbewerb in Amerika der Prozess der Konstruktion des Fliegers im Vordergrund. Sobald die Teams die Rahmenbedingungen kennen, wird mit der Entwicklung des Prototyps begonnen. Das Ziel des diesjährigen Wettbewerbs war es, Impfkomponenten und Pakete in abgelegene Gebiete zu liefern und diese sicherzuzustellen. Von den ersten Skizzen auf Papier über erste Testflüge mit ähnlichen Flugzeugen bis hin zum ersten eigens entwickelten Prototypen ist es ein weiter Weg, der mehrere Monate dauert. Auf diese erste Test- und Konstruktionsphase folgt die Weiterentwicklung des eigenen ferngesteuerten Flugzeuges. Dass es immer wieder Rückschläge in diesem Entwicklungsprozess gibt, bestätigt Matthias Spitzauer von den joanneum Aeronautics: „Durch Verzögerungen sind wir, statt wie geplant Ende Dezember, das erste Mal Mitte Februar geflogen.“
„Design, Build, Fly“-Wettbewerb in den USA
Trotz der Verzögerungen hat es auch das Grazer Team nach einem halben Jahr Entwicklungszeit zum Wettbewerbsort nach Wichita in den USA geschafft. Dort mussten dann Aufgaben in verschiedenen Kategorien erfüllt werden. Die Aufgabenstellung des diesjährigen Bewerbs wurde so realitätsnahe wie möglich gewählt. Denn auch während der Pandemie wurden in dünn besiedelten Teilen Afrikas Impfmaterialien mit ferngesteuerten Flugzeugen zugestellt. So wurden mit dem Flieger aus Graz 80 Impfspritzen und in einem anderen Manöver fünf Impfboxen erfolgreich zugestellt. Das Grazer Team der FH JOANNEUM konnte durch die Konstruktion und durch gut ausgeführte Manöver den dritten Platz einfliegen. „Es ist ein megacooles Gefühl. Zusätzlich wird es noch durch den besten Design Report versüßt, da sind wir irrsinnig stolz darauf“, erzählt Spitzauer.
Unbemannter Flugtransport: Möglichkeiten in Europa
Nicht nur in Teilen Afrikas kommen autonom fliegende oder ferngesteuerte Flieger für Flugtransporte zum Einsatz. So suchen Regierungen und Forschungsgruppen nach Möglichkeiten, den unbemannten Flugtransport auch in Mitteleuropa zu forcieren. Auf diese Weise können einzelne Lebensbereiche einfacher gestaltet werden. In Graz wird aufgrund der Gefahren und der fehlenden Gesetzesmöglichkeiten nicht allzu bald mit Drohnen zu rechnen sein, die den Kebab oder die Pizza nach Hause liefern. Aber in einzelnen Fachbereichen ist der unbemannte Flugtransport nicht so abwegig wie bei der Essenslieferung.
Im medizinischen Bereich könnten Drohnen beispielsweise bereits in naher Zukunft die Rohrpost ersetzen. Zumindest lässt das ein Pilotprojekt im Düsseldorfer Universitätsklinikum vermuten. Es wurde ein Päckchen Säuglingsanfangsnahrung von der dortigen Apotheke in die 450 Meter entfernte Kinderstation geliefert – in 40 Sekunden. Sollte dieses Konzept, das in Zusammenhang mit dem Mobilfunkanbieter Vodafone ausgearbeitet wird, in die massentaugliche Realität umgesetzt werden, könnte das in Zukunft zur Konkurrenz für Botendienste werden.
Doch wenn Botendienste möglich sind, warum können nicht die Pizza und der Kebab auch schon fallweise mit der Drohne geliefert werden? Die idealistische Sichtweise ist, dass technische Errungenschaften zuerst in den Bereichen eingesetzt werden, in denen sie der Menschheit helfen und nicht schaden. Die realistischere Sichtweise ist wohl, dass der Betrieb von unbemannten oder gar autonom fliegenden Flugobjekten in dicht besiedelten Gebieten wie der Grazer Innenstadt zu gefährlich ist. Einerseits fehlen die nötigen Gesetzesänderungen, andererseits ist kein Konzept für ein neues Verkehrssystem absehbar, das diese Flugtransporte beinhaltet.
Titelbild: Joanneum Aeronautics holen Podestplatz in den USA. – Foto: AIAA