Kerstin Kiki Riefer beim Abrasieren der Haare

Engel im Anflug: Haarschnitt für Heimlose

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Lesezeit: 2 Minuten

Am Sonntag statten die Barber Angels der Vinzenzkirche einen Besuch ab. Seit 2018 verpassen die „Schneideengel” obdachlosen Menschen kostenlose Haar- und Bartschnitte und stärken so deren Selbstvertrauen.

Von Marie Hattenberger und Lauren Foster 

„Wir schwafeln nicht, wir helfen.” Dieses einfache Konzept hat Kerstin Riefer überzeugt. „Es ist ein ganz anderes Feeling, selbst Hand anzulegen, als nur einen Erlagschein auszufüllen.” Riefer ist – in der Diktion der Charity Barber – ein „Schneideengel”, legt also wirklich selbst Hand an Haar von Menschen, die sonst eher selten zum Friseur gehen. Weil sie ganz andere Sorgen haben, weil sie zum Beispiel obdachlos sind.

Riefer, die intern unter ihrem Spitznamen Kiki gerufen wird, ist außerdem „Zenturio”, also Erzengel eines Bundeslandes. Das bedeutet, dass sie alle Aufträge in der Steiermark organisiert. Namen und Funktionen nähen sich Barber Angels gerne auch auf ihre schwarzen Lederjacken, die sie als Markenzeichen während des Einsatzes tragen. Auf Kikis Kutte ist auch der Aufnäher „Apostel” angebracht, wie Fotos auf der Website zeigen.

Auch Kerstin Kiki Riefer ist am Sonntag in der Vinzenzkirche dabei. Sie ist Friseurin in Schladming und stellt für die Barber Angels einen Teil ihrer Freizeit zur Verfügung. Wie 54 weitere Österreicher:innen gibt sie mit kostenlosen Haar- und Bartschnitten Obdachlosen, Wohnungslosen und Armutsgefährdeten ein wenig Selbstbewusstsein zurück. „Es geht so schnell, dass man aus irgendeinem Grund den Halt verliert”, sagt Kiki. „Und man merkt selber, wie schön das ist, wieder einmal zu einem Friseur zu gehen, man fühlt sich dann wieder wohl in seiner Haut.”

Der erste selbstbewusste Blick in den Spiegel. – Foto: Barber Angels

Die Barber Angels haben ihren Ursprung in Deutschland. Claus Niedermaier wurde 2016 auf die fehlenden Möglichkeiten der Haar- und Bartpflege für Obdachlose aufmerksam und gründete daraufhin die Barber Angels Brotherhood. Mittlerweile gibt es europaweit 434 Haarengel in sechs Ländern.

Dabei ist es den Angels nicht nur wichtig, ihren Kund:innen einen Haarschnitt zu schenken, sondern sie haben auch stets ein offenes Ohr, wie auch Kiki bestätigt. „Wenn Leute uns ihre Geschichte erzählen wollen, verurteilen wir nicht, sondern hören einfach zu.” Einzelne Begebenheiten blieben ihr länger im Kopf, schildert sie. Um diese besser zu verarbeiten, würden die Freundschaften innerhalb der Organisation helfen. „Wir haben so eine tolle Gemeinschaft im Verein und reden untereinander danach viel darüber”, schwärmt Kerstin. „Schlussendlich ist geteiltes Leid halbes Leid.”

Die 20 Angels bei ihrem letzten Besuch in Graz. – Foto: Barber Angels

Diskretion ist den Barber Angels ein wichtiges Anliegen. Wer nicht auf einem der ästhetischen Fotos landen will, die sie von ihren Aktionen machen und auf sozialen Medien posten, nimmt einfach außerhalb des „Fotobereichs” Platz, erzählt Kiki. „Und für das Rundherum gibt es die Orgaengel, die auf Datenschutzrechtliches achten.”

Damit die Barber Angels ihr Wunder wirken können, sammeln sie Spenden, mit denen sie beispielsweise Einweg-Handtücher kaufen. Damit achten sie neben der Hygiene auch auf die Umwelt. Alle Einweg-Produkte, die sie verwenden, sind kompostierbar, Scheren und anderes Werkzeug bringt jeder Engel selbst mit

Titelbild: Kerstin Kiki Riefer im Einsatz. – Foto: Barber Angels

 

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