Eine Zeitreise mit Ansichtskarten

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Johann Huber handelt in der Josefigasse mit Geschichte und Geschichten, die sich in historischen Ansichtskarten spiegeln. Ein Besuch. 

Das kleine Geschäft in der Josefigasse fällt vielleicht nicht sofort auf. Ein einfaches Schild ziert den Eingang und das Schaufenster ist nicht knallig dekoriert. Doch spätestens beim Betreten wird der besondere Charme des Ortes spürbar. Vergilbte Landkarten und Bilder schmücken die Wände, in Regalen und Schachteln stapeln sich alte Ansichtskarten, es riecht nach altem Papier und spannenden Geschichten. Und hinter dem Tresen wartet Johann Huber schon darauf, ganz besondere Sammlerstücke zu präsentieren.

Die Begeisterung für Ansichtskarten wurde Huber quasi in die Wiege gelegt. Der pensionierte Lehrer hat das Geschäft, das unter dem Namen “Ansichtskarten und Postgeschichte Huber“ seit 42 Jahren in Familienbesitz steht, von seiner Mutter übernommen, als diese in den Ruhestand ging. Verkaufen tut er Karten aus der Zeit vor 1945, zu seinen Kunden zählen hauptsächlich Sammler.

Kartenvielfalt

„Es gibt alles an Ansichtskarten, was Sie sich vorstellen können“, sagt Johann Huber. Vor allem Ortsansichten oder Kirchen waren beliebte Motive. Gasthäuser und Geschäfte, aber  auch große Marken wie Coca-Cola nutzten Ansichtskarten zur Werbung. Besonders selten sind Karten von berühmten Künstlern wie Oskar Kokoschka oder Egon Schiele. Neben heiteren Karten wie Weihnachts-, Neujahrs- oder Tierkarten wurden auch politische Ereignisse auf Postkarten thematisiert. So gibt es unzählige Ansichtskarten aus der Zeit der Monarchie, von Soldaten und Waffen aus dem ersten Weltkrieg – und von bekannten Nationalsozialisten. Ansichtskarten wurden für Propaganda und sowohl antiklerikale als auch antisemitische Botschaften verwendet. Johann Huber selbst sammelt unter anderem politische Karten sowie Karten mit Krampusmotiv.

Das Annenviertel auf einer Ansichtskarte

Aber auch Historisches aus dem Annenviertel lässt sich bei Johann Huber finden. Beliebte Motive aus dem Viertel waren beispielsweise die Annenstraße, die einmal eine belebte Einkaufsstraße war, aber auch der Hauptbahnhof oder der Lendplatz. Nicht lange muss Huber in seinen Alben nach solchen Karten suchen. Verschickt wurden diese Karten jedoch eher seltener. Die Menschen, die hier lebten, waren hauptsächlich Arbeiter. Diese konnten oder wollten sich so etwas nicht leisten. „Der Arbeiter hat wahrscheinlich für vier Kreuzer drei Krügerl Bier gekriegt“, meint Huber. Daher werden Karten aus dem Annenviertel auch nicht so häufig gesammelt. Das gilt auch für die Stadt Graz im Allgemeinen, weil sie als Sammelgebiet zu groß sei, erklärt er. Die ehemaligen Vorstädte wie Mariatrost, Wetzelsdorf oder Liebenau seien da beliebter.

Ansichtskarte  von der Annenstraße – Foto: Leonie Strametz

Das Geschäft

Besonders lustig findet es Huber, wenn sich über eine Ansichtskarte ein Gespräch entwickelt. „Ha! Da steht unser Haus noch gar nicht!“ oder „Da ist das Haus von der Großmutter drauf!“, seien häufige Reaktionen von Kundinnen und Kunden. Lachend erzählt er von einer Dame, die mit ihren fünf Dackeln in das Geschäft kam und unzählige Ansichtskarten mit Dackelmotiv gekauft hat.

Doch das Geschäft mit Postkarten ist nicht mehr so einfach, immer weniger Menschen verschicken welche. Stattdessen verschickten sie Fotos mit ihren Handys, sagt Huber stirnrunzelnd. Um mit der Zeit zu gehen, hat er einen Onlineshop eingerichtet und verkauft heute den Großteil seiner Ware über Plattformen wie Ebay. Fast ausschließlich Sammler kaufen die Ansichtskarten, betont Huber immer wieder. Und sogar Sammler aus Graz würden sich die Karten heutzutage nur noch liefern lassen. Durch die Inflation seien Menschen laut Huber noch weniger daran interessiert, sich eine Ansichtskarte zu kaufen. „Machen wir uns nichts vor: Eine Karte, eine schöne, kostet heute bis zu 1000 Euro.“ Und er gibt zu: „Leben würde man davon in dieser Zeit nicht mehr können.“

 

 

Titelbild: Johann Huber im Geschäft – Foto: Leonie Strametz

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