Im Jahr 2023 wurden in Graz 1498 Unternehmen gegründet. Wie die Stadt Gründer:innen unterstützt und welche Möglichkeiten Jungunternehmer:innen im Annenviertel haben.
Im Frühjahr wurde der Bericht der Wirtschaftskammer zu Unternehmensgründungen veröffentlicht. Die Zahlen für 2023 sind ernüchternd: Hatte es im Jahr 2020 noch 1631 und 2021 sogar 1677 Neugründungen gegeben, fällt die Zahl 2023 auf 1498 zurück.
Nachwirkungen von Corona
Angelika Mitteregger arbeitet in der Abteilung für Wirtschaftsentwicklung der Stadt Graz. Sie ist auf die Themen Entrepreneurship, Intrapreneurship und Innovation spezialisiert. Für sie sind die Gründungszahlen ein wichtiger Indikator – den Rückgang ordnet sie nicht negativ ein: „Betrachtet man die Zahlen seit 2014, lässt sich eine recht stabile Entwicklung erkennen – abgesehen von den Ausreißerjahren 2020 und 2021.“ In den Statistiken der Jahre 2020 und 2021 erkennt man einen Anstieg im Bereich Transport und Verkehr. Laut Mitteregger ist die Corona-Pandemie der Grund dafür: „Bedingt durch Corona gab es einen massiven Anstieg an Essens- und Paketzustellungen, daher haben sich vermehrt Menschen in diesem Bereich selbstständig gemacht.“ Nach der Pandemie sei auch die Gründungsintensität in diesen Bereichen zurückgegangen.
Gründen im Annenviertel
„Graz ist die zweitgrößte Stadt Österreichs und trotzdem sind wir überschaubar“, meint Mitteregger, „gleichzeitig ist der Markt durchaus begrenzt.“ Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss man sich im Vorhinein damit auseinandersetzen, in welchem Bereich eine Gründung sinnvoll ist. Außerdem ist Graz eine Studierendenstadt, das merkt man auch im Annenviertel. „Wir haben viele Start-ups mit akademischem Background“, erklärt Mitteregger. Start-ups sind eine Untergruppe aller Unternehmensgründungen, die einen neuartigen oder hochinnovativen Aspekt in ihrem Geschäftsmodell haben. Auch die Skalierfähigkeit spielt eine Rolle: Start-ups streben ein schnelles Wachstum an – personell und umsatzmäßig.
Die Stadt Graz unterstützt Neugründungen mit dem N4 am Nikolaiplatz im Bezirk Lend. Dieses wurde 1998 als Gründer:innenzentrum mit Fokus auf Frauen ins Leben gerufen und seit 2012 wird es von der Stadt Graz als Innovationszentrum genutzt. Das N4 bietet 27 mietgeförderte und möblierte Büros, um die anfänglichen Kosten einer Gründung abzufedern. „Für ein Büro im N4 ist es nicht nötig ein Start-up zu sein, aber es sollten Personen sein, die neu, anders und einfach einen Schritt weiterdenken. Man sollte sich von den Mitbewerbern abheben“, so Mitteregger, die selbst seit dreieinhalb Jahren das N4 mitbetreut.
Vernetzung und aktuelle Trends
Für Gründer:innen spielt das Thema Vernetzung eine große Rolle. Im N4 können sich Unternehmer:innen untereinander oder mit externen Expert:innen vernetzen. Um Kontakt zu Expert:innen herzustellen, organisiert das N4 laufend Workshops zu Themen, die laut hausinternen Umfragen für Gründer:innen aktuell interessant sind – zuletzt war es LinkedIn-Marketing, der nächste Workshop wird sich um das Thema Mental Health drehen. „Man merkt, dass sich Gründer:innen immer mehr damit beschäftigen, wie erfolgreiche Unternehmensführung und mentale Gesundheit miteinander vereinbar sind“, sagt Mitteregger, die den Workshop selbst mitorganisiert hat. Das aktuelle Trendthema Künstliche Intelligenz kommentiert Mitteregger wie folgt: „KIs sind in größeren Unternehmen noch präsenter als bei Neugründungen. Bei neuen Unternehmen fehlt oft die Kapazität, sich damit auseinanderzusetzen – der Fokus liegt auf der eigenen Dienstleistung.“
Titelbild: Angelika Mitteregger – Foto: Stadt Graz | Joel Kernasenko