Mit dem unlängst in der Strauchergasse 6 eröffneten Atelier ZIEGEL haben ukrainische Künstler:innen nun einen Raum, in dem sie Projekte entwickeln und ihre Arbeiten ausstellen können. Das “Office Ukraine” unterstützt sie dabei.
Von: Victoria Kimla, Elena Koranter und Daniel Lahnsteiner
Wohnungssuche, Bürokratie und Sprachbarrieren: Mit diesen Problemen kämpfen geflüchtete Künstler:innen aus der Ukraine bei ihrer Ankunft in Österreich. Doch sie werden nicht alleine gelassen. Seit 2022 unterstützt sie das Projekt “Office Ukraine” und vernetzt sie in den lokalen Kunstszenen. Für Künstler:innen, die in der Steiermark, Kärnten oder im Burgenland gelandet sind, gibt es ein Außenbüro in Graz: den <rotor> – Zentrum für zeitgenössische Kunst. Durch die so entstandene Community entwickelte sich das neueste Projekt: ein Atelier mitten im Annenviertel.
“ZIEGEL” steht für neue Anfänge
Gleich vor der Tür des Studios in der Strauchergasse begrüßt uns Jura Golik, ein junger Künstler, der nach Kriegsbeginn seine Heimatstadt Charkiw verlassen musste und nun in Graz lebt. In der kleinen Werkstatt bietet er gleich einen Spritzwein von der selbstgezimmerten Bar an – die Menschen sollen sich wohlfühlen im Ziegel. Er stellt Bilder einer neuen Ausstellung vor, die demnächst startet. Im hinteren Bereich wird gearbeitet. Es geht chaotisch und bunt zu.
Im Atelier, das im Mai 2024 öffnete, hat Golik eine zweite Familie gefunden. “Nach zwei Jahren Graz ist das Atelier ein weiterer Schritt für uns, zu wachsen und Kunst auszustellen“, sagt Golik. Gemeinsam mit anderen fünf ukrainischen Künstler:innen stellt er den Kern des Projekts dar. Als Team arbeiten sie nicht nur an ihren eigenen Werken, sondern kümmern sich auch um die Organisation von Ausstellungen, Events und Workshops. “Es geht um Unterstützung und um Fürsorge. Etwas, das man teilt. Wie diesen Raum“, sagt Golik
Alle Künstler:innen haben hier ihren eigenen Stil, doch ein Thema ist Vielen gemeinsam – der andauernde Krieg in ihrem Heimatland. Golik zeigt eines seiner neuen Werke. Auf dem Betonblock ist ein zerbombtes Wohnhaus mit Panzersperren und Sandsäcken abgebildet – alltägliche Kulissen für Menschen in Charkiw. Der Beton soll den sozialistischen Baustil widerspiegeln.
Ein kultureller Austausch
Die Werkstätte bietet die Möglichkeit, voneinander zu lernen und neue Dinge auszuprobieren. “Das Atelier kann eine Brücke zwischen österreichischen und ukrainischen Communities sein”, meint der Künstler. Daher komme auch der Name des Studios:“ZIEGEL”. “Wir wollten ein Wort finden, das auf Deutsch und Ukrainisch ähnlich klingt und für den Aufbau von etwas Neuem steht.” Auch Goliks Stil hat sich seit der Ankunft in Graz verändert. Zukünftig möchte er den Fokus mehr auf plastische Arbeiten legen, ganz in Kontrast zu seiner bisherigen Kunst, der Fotografie.
Auf dem Weg zur Unabhängigkeit
Für die Zukunft des Ateliers haben Golik und seine Kolleg:innen große Pläne. Sie wollen unabhängiger von “Office Ukraine” werden, das derzeit noch für die Raummiete aufkommt. Bald will das Team die Kosten selbst stemmen. Des Weiteren stehen viele neue Projekte an. Derzeit ist eine Ausstellung von Oksana Solop zu sehen, die auf Acrylbildern “die innere Welt von Personen, die Krieg erlebt haben” reflektiert.
Im Zuge der Creative Night am 11. Oktober 2024 bietet Creative Industries Styria einen Blick hinter die Kulissen verschiedener Ateliers und Agenturen in Graz. Unter anderem gibt es einen Walk-in Druck Workshop bei “ZIEGEL”.
Das Office Ukraine veröffentlichte im Juli dieses Jahrs das Buch, „OFFICE UKRAINE. TWO YEARS OF SUPPORT FOR UKRANIAN ARTISTS”, das einen Überblick Aktivitäten der Organisation seit ihrer Gründung verschafft.
Das Atelier veröffentlicht Infos zu neuen Veranstaltungen auf ihrem Instagram Account
Titelbild: Jura Golik vor einem seiner Kunstwerke. – Foto: Victoria Kimla