Gabriele P. am Weg zum Kleingarten ihrer Familie.

Remisenausbau: Ein Stück Grün muss weichen

Lesezeit: 2 Minuten

Für den Ausbau der Tram-Remise in der Alten Poststraße werden Jahrzehnte alte Heimgärten zubetoniert. Bei einem letzten Besuch spricht Gabriele P. über Erinnerungen und ihren Kampf gegen das Bauvorhaben.

Von: Katharina Fromm, Nina Galler, Anna Ganzer, Nina Gritsch

Es ist ein regnerischer Nachmittag, an dem Gabriele P. zum vorerst letzten Mal zur Heimgartenanlage in Lend kommt. Das düstere Wetter passt zur Stimmung der Menschen, die hier über 50 Jahre residiert haben. Trotz großer Bemühungen durch Frau P., die es sogar bis ins Bürgermeisteramt schaffte, muss nun auch ihre Familie, wie 300 andere, ihre Gartenanlage endgültig räumen.

 

Kleingärten müssen Remise weichen

Der Garten war über die Jahrzehnte ein Treffpunkt für mehrere Generationen von Kleingärtner-Familien. Die verschiedenen Lebensphasen spiegeln sich in der Bebauung der Parzellen wider. So gab es bis vor Kurzem noch Schaukeln, Spielanlagen und Plastikpools – ursprünglich für die eigenen Kinder errichtet, später von den Enkelkindern genutzt. Auf diesem Gelände hat nun am 2. Oktober der Ausbau der angrenzenden Tram-Remise Alte Poststraße begonnen. Dieser beinhaltet die Errichtung einer neuen Waschhalle, neue Abstellanlagen und eine Werkhalle. Diese Neuerungen sollen dazu beitragen, den Verkehr in der Innenstadt zu entlasten und gleichzeitig die öffentliche Infrastruktur zu verbessern. All das, während die Nachfrage nach Schrebergarten-Parzellen in Graz stetig steigt.

 

Von dem Ertrag der Gemüsebeeten ernährten sich viele Familien.

“Ein leidiger Abschluss”

Der Grünraum und die darauf liegenden Parzellen müssen aufgrund dieser Umgestaltung weichen. Davon betroffen sind Mensch, Tier und Natur. Gabriele P. lässt die Geschichte zum Abschied noch einmal Revue passieren: In den 1960ern verteilte die Firma Siemens, damals Simmering-Graz-Pauker AG, eine Fläche von fünf Hektar an Mitarbeiter-Familien als Wohnraum. “Alles in den Gärten wurde von Hand aufgebaut”, erzählt Gabriele P.. Nur wenige hätten Fertig-Hütten aufgestellt. Mit der Zeit wurde aus der Wohnmöglichkeit für die Familien eine Kleingartenanlage. Bis heute würden die Gärten die Beziehungen unter den Familien fördern und Platz für Tiere und Pflanzen bieten, sagt Frau P.. ,,In den uralten Verträgen bekamen die Menschen die Grundstücke bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt. Dass es tatsächlich so ein leidiger Abschluss wird – damit hat niemand gerechnet.”

Ein Bild aus besseren Zeiten: Franz P., der Vater von Gabriele P. (links) mit Freunden

 

Entscheidung für Verkehrsentlastung

Gabriele P. verbindet mit dem Grundstück Kindheitserinnerungen. Deshalb setzte sie sich jahrelang für den Erhalt der Kleingärten ein. Selbst als Anfang September die zweiwöchige Räumungsfrist eintrudelte, griff Frau P. den Heimgärtner:innen noch unter die Arme. Sie machte die Stadtregierung auf die überaus kurze Räumungsfrist aufmerksam. Nach einem persönlichen Besuch durch Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und Holding-Vorstand Wolfgang Malik wurden Müllcontainer sowie Arbeiter:innen für die Räumung bereitgestellt, auch der Tierschutzverband für Streuner wurde gerufen.

Der Beschluss zum Ausbau der Remise markiert das Ende eines stadtplanerischen Konflikts. Während die Bevölkerung einen grünen Treffpunkt im Annenviertel verliert, gewinnt die steirische Landeshauptstadt eine nachhaltige Entlastung des Verkehrs. Zum Ende der Heimgärten findet Gabriele P. folgende Worte: ,,Die nächsten Generationen werden in großen Häusern aufwachsen, aber auch sie werden den Zugang zu Grünflächen brauchen.”

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