Theater am Lend: Neue Impulse in turbulenten Zeiten

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Christian Winkler und Anja M. Wohlfahrt übernahmen im Oktober die Leitung des Theater am Lend. Wie politisch muss Theater in Zeiten starker gesellschaftlicher Polarisierung sein?

von Dennis Maritschnik, Vasiliy Muravyev und Maximilian Reichmann

Mit der Saison 24/25 sind Christian Winkler und Anja M. Wohlfahrt die neuen künstlerischen Leiter des Theater am Lend. Das freie Theater in der Wiener Straße wurde 2007 gegründet und soll nach der Übernahme „einen einheitlichen Qualitätsstandard beibehalten, damit das Publikum weiß, was es bekommt”, sagt Anja Wohlfahrt. Wohlfahrt und Winkler agieren beide als künstlerische Leiter:innen und sind schon lange als Regisseur:in, Autor:in und Choreograf:in im Haus tätig. Das Ziel des neuen Teams rund um die beiden ist es, die Bühne breiter aufzustellen und somit noch mehr Grazer:innen anzusprechen als bisher. Frisch nach der Übernahme betonten die beiden im Interview, dass weiterhin nicht nur eigene Stücke aufgeführt, sondern auch externe Projekte angenommen werden.

Ein Foto von Anja Wohlfahrt, einer der neuen LeiterInnen des Theater am Lend.
Anja Wohlfahrt – Foto: Anja Wohlfahrt

Theater & Demokratie

Winkler, der unter dem Namen Franz von Strolchen auch selbst Stücke schreibt, ist bekannt für seine gesellschaftskritischen und politischen Arbeiten. „Politisch zu sein, wird in Zukunft die einzige Möglichkeit sein, Theater zu machen”, sagte er im Gespräch, für das wir ihn telefonisch in Hamburg erreichten. “Man muss dabei nicht immer am lautesten schreien”, sagt er. Es sei aber wichtig, in Zeiten wie diesen demokratische und antifaschistische Werte zu verteidigen. Im Vorfeld der letzten Nationalratswahlen hatten auch andere Theatermacher:innen in Österreich Wahlberechtigte dazu aufgefordert, die Demokratie aufrechtzuerhalten und die Zukunft gemeinsam mitzugestalten. 

Zuletzt gewann Christian Winkler auch den neu geschaffenen Theaterpreis “Rüssel 2024” der Freien Szene in Graz. Im Stück “BOJI – In the State of Fire and Miracles”, das in Graz, Klagenfurt und Luzern zu sehen war, diskutiert er aktuelle Phänomene wie Propaganda am wahren Beispiel des türkischen Straßenhundes Boji, der zwischen die politischen Fronten gerät. Auch seine jüngste Arbeit, “EMPIRE – Rooting For The Anti-Hero”, die im Rahmen des steirischen herbst im Theater am Lend zu sehen war, enthält starke politische Botschaften und spricht die Mitverantwortung Österreichs für den Kolonialismus im Indonesien der Zwischenkriegszeit an. 

Aufnahmen aus Christian Winklers Theaterstück "Empire - Rooting For The Anti-Hero"
Aufnahmen aus dem EMPIRE – Rooting for The Hero – Foto: steirischer herbst

Theater ist und bleibt politisch

Wohlfahrt sieht die Rolle des Theater ähnlich wie Winkler. “Wir müssen wieder mehr miteinander reden und das könnte mit der Hilfe vom Theater gefördert werden”, sagt Anja Wohlfahrt, die sich in ihrem neuen Stück VOLL LIEAB (AT) – Uraufführung am 19.12. im Theater am Lend – mit gesellschaftspolitisch brisanten Themen wie Frauengesundheit und Schwangerschaftsabbrüchen beschäftigt. 

“Es kann nichts nicht politisch sein”, sagt Winkler über das Verhältnis von Kunst zu Politik. Theater müsse gerade auch dann politisch bleiben, sollten Kunst- und Kulturförderungen in einer neuen politischen Konstellation gekürzt werden. Theater dürfe sich nicht an die Meinung der Förderer richten und somit mundtot gemacht werden.

Titelbild: Christian Winkler bei einer Probe für „EMPIRE – Rooting for the Anti-Hero“ – Foto: Christian Winkler

Geboren im Jahre 2005 in Moskau, habe ich den größten Teil meines Lebens in Graz verbracht. Nach meiner Matura 2024 habe ich keine Zeit verschwendet und mit meinem Studium an der FH Joanneum begonnen.

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