Ein Bewohner vor dem VinziNest

Hoffnung für Schutzsuchende: Sanierung im VinziNest

Lesezeit: 3 Minuten

Das VinziNest in Graz, die größte Notschlafstelle der Stadt, steht vor einer dringenden Kernsanierung. Ziel ist es, die Unterkunft nachhaltiger und moderner zu gestalten, um weiterhin Schutzsuchenden ein sicheres Dach über dem Kopf zu bieten. 

Bereits von außen erkennt man, dass das VinziNest in die Jahre gekommen ist. Die grüne Eingangstür fällt schwer ins Schloss. Im Innenhof setzt sich dieser Eindruck fort – die Wände sind von Rissen durchzogen, der Putz bröckelt stellenweise ab und abgesehen von einem kargen Baum gibt es nicht viel Grün.

Wer finanziert die Sanierung?

Das Gebäude des VinziNest und des dazugehörigen VinziSchutz für Frauen benötigt dringend eine Kernsanierung. „Der Zustand des Gebäudes ist leider schon sehr desolat. Das Bauvolumen überschreitet unsere Mittel um ein Weites”, sagt Nicola Baloch, Geschäftsführerin der VinziWerke, anlässlich der Pressekonferenz. Ein Großteil der benötigen 1,9 Millionen Euro wurde bereits durch die öffentliche Hand zugesichert: 600.000 Euro werden vom Land Steiermark bereitgestellt, 400.000 Euro kommen von der Stadt Graz; weitere 500.000 Euro von der Diözese Graz-Seckau. Bei den restlichen 400.000 Euro hoffen die VinziWerke auf Spenden. Dafür konnte bereits die Holding Graz als Hauptsponsorin gewonnen werden, sie sichert eine Spende von 90.000 Euro zu. Darüber hinaus hilft die Holding Graz direkt bei den Bauarbeiten.

Vier Personen stehen im Innenhof des VinziNest.
Holding Graz und wolke blau möchten die Sanierung des VinziNest tatkräftig unterstützen. – Foto: Jakob Schöne

Bereits im Oktober 2022 hatten die VinziWerke im Zuge des 30-jährigen Jubiläums der Notschlafstelle um Spenden für die „dringend benötigte” Generalsanierung des VinziNest gebeten – dabei konnten rund 65.000 Euro gesammelt werden. 1999 wurde das VinziNest zum ersten und letzten Mal kernsaniert, 2011 und 2015 wurden einzelne Teile des Hauses verbessert. 

Die Planungsphase für die Kernsanierung ist bereits beendet. Es fehlt nur noch die Baubewilligung, bis Ostern 2025 wird diese vermutlich erteilt werden. Die Bauarbeiten sollen dann innerhalb von neun Monaten abgeschlossen werden. 

Die Sanierungspläne: Drei Phasen zur Erneuerung

Zunächst muss ein Ausweichquartier für die Schutzsuchenden eingerichtet werden, wie Stephan Steinwidder, Leiter des VinziNest, bei einer Pressekonferenz am 28. November erläuterte. Die Sanierung sei so umfassend, dass eine gleichzeitige Unterbringung der Menschen nicht möglich sei. Dafür wurde bereits ein passender Raum gefunden, eine ehemalige Bäckerei in Liebenau.

Man sieht das Dach des VinziNest. Viele Ziegel haben sich dunkel verfärbt.
PV-Anlagen müssen farblich angepasst werden, um die Dachlandschaft nicht zu verzerren. – Foto: Jakob Schöne

In der zweiten Bauphase sind alle grundlegenden, groben Arbeiten geplant, wie bspw. Abrissarbeiten. Größtes Projekt ist die Errichtung eines Stiegenhauses vom Keller bis hin zum Dachgeschoss. Parallel findet die Dachsanierung des VinziSchutz’ statt, um grobe statische Mängel zu beheben. Dort wird neben einer allgemeinen Begrünung auch eine Photovoltaikanlage installiert. Diese muss farblich an die Dachziegel angepasst werden, da das Gebäude zur „schützenswerten Dachlandschaft in Graz” gehört. Grundsätzlich steht die Nachhaltigkeit bei der Sanierung an übergeordneter Stelle. Zusätzlich zu der PV-Anlage soll der Innenhof entsiegelt und mit Bäumen neu bepflanzt werden.

In der dritten und letzten Phase werden alle notwendigen baulichen Veränderungen vorgenommen. In den zwei großen Schlafsälen der Männer* muss eine Belüftungsanlage installiert werden, um der Geruchsbelästigung als auch der Feuchtigkeitsbildung entgegenzuwirken. Zusätzlich wird auch hier ein neues Stiegenhaus errichtet, um einen geeigneten Fluchtweg zu gewährleisten. Bei der Sanierung entfallen elf Betten, sieben bei den Männern*, vier bei den Frauen*. Dies stelle aber kein Problem dar, meint Stephan Steinwidder. „Alle, die einen Schlafplatz benötigen, werden ihn auch bekommen.” Wenn es drauf ankommt, könne man Notbetten aufstellen.

Der Schlafsaal des VinziNest.
Hier soll eine Belüftungsanlage installiert werden, um der Geruchsbelästigung entgegenzuwirken. – Foto: Jakob Schöne

Bei ihrer Suche nach privaten Spenden wird das VinziNest von der Werbeagentur wolke blau pro bono beraten.

Das VinziNest heute: Eine Lebenshilfe für Schutzsuchende

Das VinziNest ist seit 1992 eine Anlaufstelle für Obdachlose, Schutzsuchende und Arbeitsmigranten* in Graz. Damals flüchteten viele Menschen infolge des Bosnienkriegs nach Graz und suchten anfangs in abgestellten Waggons am Grazer Hauptbahnhof Schutz. Die dort herrschenden Umstände konnte der Gründer der VinziWerke Pfarrer Wolfgang Pucher nicht ignorieren und ermöglichte den Geflüchteten, auf dem Sportplatz vor seiner Pfarre St. Vinzenz in Zelten zu übernachten. Aus dem VinziZelt wurde im November des gleichen Jahres das VinziNest in der Kernstockgasse 14, die heute Maria-Stromberger-Gasse heißt. Die Annenpost berichtete bereits mehrfach.

Heute bietet das VinziNest Platz für 80 Männer*, VinziSchutz für 24 Frauen*, die meisten sind Roma aus der Slowakei oder Rumänien. VinziNest und VinziSchutz sind somit die größten Notschlafstellen in Graz. Über die letzten Jahre stieg allerdings auch die Zahl an ungarischen und österreichischen Staatsbürger:innen. 

In den Einrichtungen sollen die Grundbedürfnisse abgedeckt werden: Es gibt Kleidung sowie Hygiene-Artikel, außerdem eine warme Mahlzeit am Tag und ein Bett für die Nacht. Dabei sind VinziNest und VinziSchutz ausschließlich Nachtschlafstellen und täglich von 12 bis 7 Uhr geöffnet. Es sind zwei von 12 humanitären Einrichtungen der VinziWerke in Graz. Ihr Anspruch ist es, die Schutzsuchenden auch bei der Arbeits- und Wohnungssuche zu unterstützen. Ungefähr 25 Prozent der Bewohner:innen befinden sich mindestens in einer geringfügigen Beschäftigung, durchschnittlich einmal im Monat schafft es eine Person in ein geregeltes Arbeitsverhältnis zu wechseln, wie Stephan Steinwidder auf Nachfrage erklärte. Circa 70 Prozent der Schutzsuchenden sind wiederkehrende Bewohner:innen.

Infobox

Unter folgendem Konto kann für die Sanierung des VinziNest gespendet werden:
AT21 2081 5000 4587 8915

Titelbild: Ein Bewohner findet Schutz im VinziNest. – Foto: VinziWerke

Gebürtiger Berliner und seit 2023 in Graz. Angehender Journalist an der FH Joanneum. Nebenbei bin ich noch als selbstständiger Motion-Designer und Video-Editor tätig.

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