Kapitän Zierer: „Die Menschlichkeit macht den ATSE einzigartig“

Lesezeit: 4 Minuten

Das Eishockey-Team des ATSE Graz steht mitten in der neuen Saison. Gut läuft es für die Eggenberger nicht. Kapitän und Ex-Profi Nikolaus Zierer legt im Gespräch die Saisonziele fest.   

Montagabend, 18:30, Graz-Liebenau. Nach und nach betreten die Spieler des Eishockeyvereins ATSE Graz die Kabine im Merkur Eisstadion. Sie begrüßen einander mit einem brüderlichen Handschlag und dem einen oder anderen lockeren Spruch. Noch eine Stunde bis zum Training, die Stimmung ist hervorragend, Vorfreude liegt in der Luft. Die Saison ist bereits in vollem Gange – Grund genug, um mit Kapitän Nikolaus Zierer über Eishockey zu plaudern. Inmitten des Trubels machen wir es uns zwischen Ausrüstung und Schlittschuhen gemütlich.

DIe Spieler lauschen den Trainingsanweisungen im Merkus Eisstadion in Liebenau
Die Spieler des ATSE Graz beim Training in Liebenau. – Foto: Marcus Edlinger

Vom Profi zum Kapitän des ATSE Graz 

Knapp 140 Profispiele in Österreichs höchster Spielklasse, zwei Saisonen in Schweden und mittlerweile Kapitän des ATSE Graz: Nikolaus Zierer hat bereits einiges in seiner Karriere erlebt. Dabei kam der mittlerweile 28-Jährige vergleichsweise spät zum Eishockey. „Ich habe mit 8,5 Jahren mit Inline-Hockey angefangen und bin von dort aus zum Eishockey gekommen.“ Anschließend durchlief er die komplette Jugend beim Bundesligaverein Graz 99ers. 

Im Alter von 18 Jahren ergab sich dann die Möglichkeit für den nächsten Karriereschritt: „Während meines Maturajahres hatte ich mit zwei Mitspielern die Möglichkeit, nach Schweden zu gehen.“ 2014 erhielt er schließlich den Anruf der 99ers mit einem Vertragsangebot. Zunächst sollte er nur als Trainingsgast bei den Profis hineinschnuppern, doch bereits nach ein paar Trainingseinheiten stand der damals 18-Jährige mit der Kampfmannschaft in der österreichischen Bundesliga am Eis. Trotz sportlich überschaubarer Jahre für die 99ers gab es Highlights. „Der Playoff-Einzug und das Viertelfinale gegen Salzburg, aber persönlich vor allem mein erstes Bundesligator in Znaim.“

2019 beendete Nikolaus Zierer seine aktive Profikarriere und wechselte zu Kapfenberg in die ÖEL, die dritte nationale Liga in Österreich. „Kapfenberg war besonders für mich, weil einige Spieler aus der Jugend zu dieser Zeit dort gespielt haben.“ Nach einem Jahr kehrte er jedoch wieder zu seinen Wurzeln zurück: „Es ist mein Heimatverein und ich wollte wieder in Graz sein.“

Nikolaus Zierer in Action
Nikolaus Zierer in Action. – Foto: Martin Hirtenfellner Fotografie

Durchwachsener Saisonstart

Seit mittlerweile fünf Jahren schnürt Zierer nun die Schlittschuhe für den ATSE Graz. Der Linksschütze zieht ein positives Fazit: „Die Liga ist stärker geworden, wir als Mannschaft sind stärker geworden und wir entwickeln uns sportlich gesehen in die richtige Richtung.“  Einer spannenden Saison steht somit nichts im Wege und der Kapitän gibt auch gleich die Marschroute vor: „Das Ziel ist ganz klar das Play-off.“ Der durchwachsene Saisonstart – nur ein Sieg aus sieben Spielen – ärgert Nikolaus Zierer. „Wir haben leichtfertig Punkte hergeschenkt, wie zum Beispiel im Spiel gegen Maribor.” Dort verloren die Eggenberger deutlich mit 1:4. 

Ein Verein, der Menschlichkeit lebt

Er betont, dass das Play-off in erster Linie durch den starken Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft erreicht werden soll.  Aber der Verein definiert sich nicht nur über diese Eigenschaft: „Vor allem die Menschlichkeit macht den ATSE einzigartig. Es sind so viele Menschen in dem Konstrukt ATSE mit dabei, die das gern machen und mit Herzblut dabei sind“, sagt Nikolaus Zierer. Diese Werte schätzt auch Verteidiger Cody Wickstrom, der gerade in die Kabine gekommen ist und gegenüber von uns Platz genommen hat. Der gebürtige Amerikaner, der seit 2020 in Graz lebt, erzählt begeistert: „Die Stimmung ist super, wir sind wie eine Familie. Ich habe endlich wieder Spaß am Eishockey gefunden!“ Ein paar Plätze weiter verfolgt auch Dominik Reiner unser Gespräch. Reiner spielt seit drei Jahren beim ATSE und steckt die Ziele für die Saison besonders hoch: „Ich will mit dem ATSE Meister werden.“ Nach unserem Interview geht es für die Spieler ans Aufwärmen, die Eismaschine reinigt währenddessen das Eis. Einem intensiven Training steht nichts mehr im Wege. 

Die Eismaschine reinigt im Merkur Eisstadion das Eis für das anstehende Training des ATSE Graz
Die Heimspiele trägt der ATSE Graz im Merkur Eisstadion in Liebenau aus. – Foto: Marcus Edlinger

 

Stadionthematik

Die Heimspiele bestreiten die Eggenberger im Merkur Eisstadion in Liebenau, wo die Eiszeiten knapp und die Mietpreise hoch sind. Besonders der Nachwuchs leidet unter der begrenzten Kapazität. Eine Thematik, die Obmann Klaus Turin sauer aufstößt. „Wir haben in Graz zu wenig Infrastruktur. Seit den 70ern gibt es zwei Eisflächen und das hat sich bis heute nicht verändert.“ Der Wunsch nach einer eigenen Halle, betrieben vom ATSE als Trägerverein, würde nicht nur die Situation verbessern, sondern auch die Identifikation stärken. 2017 hätte eine solche Halle in Eggenberg entstehen sollen, dieses Vorhaben zerschlug sich aber wieder

Sportlicher Ausblick 

Zurück zum Sportlichen: Der durchwachsene Saisonstart beunruhigt den Obmann nicht, bei ihm steht der Erfolg nicht an erster Stelle: „Ich fordere keine Platzierungen ein. Am wichtigsten ist mir der Zusammenhalt in der Mannschaft.“ Sportlich gesehen nennt Turin trotzdem den Play-off-Einzug als Ziel. Stichwort Play-off: In der letztjährigen K.O.-Runde setzte sich der ATSE in zwei Spielen sensationell gegen den Mitfavoriten aus Kufstein durch. „Als unsere Mannschaft vor voller VIP-Tribüne Kufstein besiegte, war das schon etwas ganz Besonderes“, erinnert sich Turin begeistert.

Die Erfolge der letzten Saison will der ATSE nun bestätigen und dafür zählt jeder Sieg. Das nächste Heimspiel findet am 19. Dezember mit dem steirischen Derby gegen Kapfenberg in Liebenau statt. Klaus Turin appelliert abschließend: „Jeder ist herzlich eingeladen, den ATSE zu unterstützen und sich davon zu überzeugen, dass auch die dritte Liga schnelles und gutes Eishockey bietet!“

Infobox
  • ATSE = Arbeiter- Turn- und Sportverein Eggenberg
  • ÖEL = Österreichische Eishockey Liga, die dritte nationale Liga in Österreich
  • Play-offs = K.O.-Runde am Ende der Saison

 

Titelbild: Nikolaus Zierer im Spiel gegen den WEV. – Foto: Martin Hirtenfellner Fotografie

 

 

 

 

 

 

Ein Kärntner in Graz; enormes sportliches Interesse in Sachen Eishockey, Fußball, Tennis und Basketball

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