Im Februar beginnen die Umbauarbeiten, durch die zwei Arztpraxen in der Alten Poststraße 139 in das fünfte Grazer Gesundheitszentrum verwandelt werden. Es wird das vierte im Annenviertel sein – warum und wie sich das Modell bisher in Graz bewährt hat, erzählt Nina Mehsner, Leiterin der Stabstelle Primärversorgung des Gesundheitsfonds Steiermark.
Das Konzept Primärversorgungseinheit (PVE) wächst. Mittlerweile gibt es in der Steiermark bereits 18 PVE, die verschiedene Gesundheitsdiensteanbieter unter einem Dach vereinen und zu ausgedehnten Öffnungszeiten für Patient:innen erreichbar sind. In Graz entsteht ab Februar das fünfte Gesundheitszentrum dieser Art. Die Allgemeinmedizinerinnen Elisabeth Pichler und Astrid Walch-Sautter wollen damit ihren Patient:innen künftig einen unkomplizierten Zugang zu einer Vielfalt an medizinischen Leistungen bieten.
Umbauarbeiten in der Alten Poststraße
Die Räumlichkeiten in der Alten Poststraße 139 im Bezirk Eggenberg, in denen sie schon seit Jahren ihre Kassenordinationen führen, werden nun um zwei zusätzliche Wohnungen erweitert, womit das so geschaffene Gesundheitszentrum das ganze Hochparterre des Mehrparteienhauses einnehmen wird. Die gesamte Fläche soll künftig “eine Einheit ergeben, die sowohl eine effiziente Arbeitsweise ermöglicht, als auch eine angenehme und einladende Atmosphäre für die Patient:innen schafft“, beschreibt Medizinerin Pichler die geplanten Bauarbeiten. „In unserem Team werden neben den Ordinationsassistentinnen auch vier diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen (DGKP) tätig sein sowie Fachkräfte aus den Bereichen Physiotherapie, Diätologie, Sozialarbeit, Psychotherapie und eine Hebamme“, erklärt sie weiters die Struktur der PVE.
Breites Team für umfassende Versorgung
Genau das ist auch der große Unterschied zu typischen Hausarztpraxen. „PVE sind dazu verpflichtet, ein Kernteam bereitzustellen, das aus mindestens zwei Allgemeinmediziner:innen, einer diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekraft sowie der Ordinationsassistenz besteht”, erklärt Nina Mehsner, die die Stabsstelle Primärversorgung des Gesundheitsfonds Steiermark leitet. Dieses Team kann unter anderem durch Hebammen, Sozialarbeiter:innen, Psycho- und Physiotherapeut:innen sowie ein PVE-Management erweitert werden, so ist es in der Alten Poststraße 139 geplant. Mehsner betont: „PVE sollte man als zusätzliche neue Organisationsform sehen, nicht als Konkurrenz.“
Der wachsende Bedarf im Annenviertel
Diese neue Organisationsform ist nach Standorten im Gries, in der Smartcity und in Reininghaus bereits das vierte Primärversorgungszentrum in 8020. Warum ist der Bedarf speziell dort so hoch? „Smartcity ist ein großes Bauprojekt und Reininghaus fungiert beinahe als eigenes Stadtzentrum. Immer mehr Menschen ziehen in diese Gegend, die Zahl der Personen, die dort in Zukunft leben werden, ist immens. Deshalb ist es wichtig, die Gesundheitsversorgung darauf abzustimmen”, erklärt Mehsner. Außerdem lasse sich eine solche Einrichtung gut in neue Bauprojekte integrieren, um die Versorgung von Anfang an sicherzustellen.
PVE als modernes Konzept der Gesundheitsversorgung
Primärversorgungseinheiten sind somit für Mehsner „ein Zukunftsmodell – auch ein attraktives Arbeitsmodell für Ärzte und Ärztinnen, die so die Möglichkeit haben, sich im Team zusammenzuschließen, und sie müssen dadurch nicht allein kämpfen. Es bietet Unterstützung, Austausch und bessere Zeiteinteilung, eine Vereinbarkeit von Arbeit und Leben.“ Zudem haben PVE Verträge mit allen gesetzlichen Krankenkassen, sodass Versicherte mit der E-Card alle Leistungen nutzen können.
Die steirischen Grünen fordern, bis zum Jahr 2030 40 solcher Gesundheitszentren in der ganzen Steiermark zu schaffen. Mehsner dazu: „Stand heute haben wir 18 PVE, im Jahr 2024 wurden zwei eröffnet, 2025 sind neun weitere geplant. Voraussichtlich wird es bis 2026 30 Standorte geben, in weiterer Zukunft ist es Ziel, den Bedarf entsprechend abzudecken.“
Zahlen und Erfahrungen
Die Primärversorgungszentren in der Steiermark dürften sich in den letzten Jahren als erfolgreiches Modell zur Stärkung der medizinischen Grundversorgung etabliert haben, zeigt der Evaluationsbericht des Entwicklungs- und Planungsinstituts für Gesundheit (EPIG) aus dem Jahr 2022. Laut diesem erbringen gut funktionierende PVE durchschnittlich 20.000 bis 24.000 Patientenkontakte pro Quartal. Das ist vier- bis fünfmal mehr als in klassischen Hausarztpraxen.
Titelbild: Nina Mehsner, Leiterin der Stabsstelle Primärversorgung des Gesundheitsfonds Steiermark. – Foto: Emilia Wolfbauer-Pokorny