Susanne Elsner, Inhaberin des Nagelstudios Milla

Susanne Elsner: „In der Herrengasse ist es auch sehr traurig“

Lesezeit: 4 Minuten

Schwerpunkt ANNsichtssache. Seit fast 60 Jahren gibt es das Nagelstudio Milla in der Annenstraße. Inhaberin Susanne Elsner arbeitet dort bereits seit 23 Jahren und hat die Veränderungen des Viertels hautnah miterlebt.

Betritt man das Nagelstudio Milla in der Annenstraße 49, wird man von einer warmen, einladenden Atmosphäre empfangen. Im Raum hört man das Murmeln angeregter Gespräche und das gleichmäßige Kratzen von Nagelfeilen. Mit Leichtigkeit zaubern die Nageldesignerinnen rund um Inhaberin Susanne Elsner kunstvolle Designs auf die Nägel ihrer Kund:innen.

Annenpost: Was ist im Moment ihr liebstes Nageldesign?

Susanne Elsner: Das ist immer saisonbedingt. Es war gerade Ballsaison, die ist mit viel Glitzer verbunden. Zu Weihnachten und jetzt zu Fasching werden die gewünschten Designs dann immer sehr kreativ.

Seit wann gibt es das Nagelstudio Milla in der Annenstraße?

Ich schätze 58 Jahre. Ich bin seit 23 Jahren hier. Zuvor habe ich eine Lehre im Großhandel in Bruck an der Mur gemacht und bin dann aus familiären Gründen nach Graz gekommen. Hier habe ich dann angefangen als Nageldesignerin zu arbeiten. Nägel mache ich mittlerweile seit 35 Jahren.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?

Es macht einfach Spaß und man kann kreativ sein. Ich habe immer verschiedene Kund:innen vor mir sitzen. 17-jährige Mädchen, Gleichaltrige oder 80-jährige, jeder Mensch ist für sich eine Herausforderung. Die eine redet überhaupt nicht und die andere quatscht durchgehend. Man erfährt von der Kundschaft auch ganz, ganz viel Privates. Das ist immer sehr spannend und abwechslungsreich.

Wieso wurde das Studio in der Annenstraße eröffnet?

Das weiß ich nicht, aber ich vermute, dass es wegen der Mietpreise gewesen ist. Und das in Kombination mit den Haltestellen der Straßenbahn ist schon perfekt.

Woher kommen Ihre Kund:innen?

Ich habe viele Grazer:innen, aber auch viele Auswärtige aus Leibnitz oder Deutschlandsberg. Nachdem der Hauptbahnhof nur wenige Stationen entfernt ist, kommen viele, die mit dem Zug nach Graz fahren, hierher, um ihre Nägel machen zu lassen.

Also beeinflusst die Bim-Station direkt vor Ihrem Studio das Geschäft?

Natürlich, ganz massiv. Deswegen haben auch der C&A und die Annenpassage zu, weil die Haltestellen weg sind. Früher ist man da durchgegangen und hat immer eine Kleinigkeit gekauft. Jetzt fahren alle Straßenbahnen durch die Unterführung zum Bahnhof.

Wie würden Sie die Veränderungen in den letzten Jahren beschreiben?

Naja, man braucht nur durch die Straße gehen, es ist jedes zweite Geschäft zu. Früher hatten wir Boutiquen, ein schönes Geschäft nach dem anderen, es war viel los. Jetzt haben wir nichts mehr. Aber ich bin auch durch die Herrengasse gegangen, dort ist es auch schon sehr traurig.

Das Gebäude neben Ihrem Nagelstudio steht auch leer, stört Sie das?

Ja, das ist furchtbar. Das Geschäft ist, glaube ich, seit ungefähr sieben Jahren zu. Ich war auch schon bei der Gemeinde, aber nachdem es ein Privathaus ist, können sie nichts machen. Es waren auch bestimmt schon fünf, sechs, sieben Leute bei mir, die dieses Lokal wollten. Aber weder mieten noch kaufen ist möglich, weil es der Eigentümer nicht möchte.

Wissen Sie, was der Grund dafür ist?

Der Eigentümer will früher oder später verkaufen und wenn er Mieter:innen im Haus hätte oder das untere Geschäftslokal verkauft, ist das Gebäude anschließend noch schwieriger zu veräußern. Es ist sehr traurig, dass man da nichts machen kann. Ich habe bei der Gemeinde auch gefragt, ob man die Privatpersonen nicht verpflichten kann, dieses Geschäftslokal zu vermieten. Ich meine, das ist ja ein Witz! Es ist ungepflegt, es wird angesprüht und ist schmutzig. Es tut darin ja keiner mehr irgendetwas.

Könnten Sie sich vorstellen, mit jemandem in der Straße gemeinsam die Initiative zu ergreifen?

Das habe ich mir noch nicht überlegt, aber ich glaube eher weniger. Das Geschäft nebenan ist türkisch. Dann ist die Apotheke, die wird nichts machen können, denn eine Apotheke ist eine Apotheke. Dann ist eine Trafik und die Trafik wird wahrscheinlich auch nichts ändern oder sich zusammenschließen.

Im Sommer kommt eine Straßenbahnsperre in der Annenstraße, bereiten Sie sich darauf vor?

Nein, eigentlich nicht. Wenn jemand mit dem Auto kommt, hat er die Möglichkeit, auf dem Parkplatz hinter meinem Studio zu parken. Und es gibt ja auch den Schienenersatzverkehr. So lange der fährt, geht das.

Was macht die Annenstraße in Ihren Augen besonders?

Besonders ist das Nagelstudio, das es seit über 50 Jahren gibt. Dann gibt es noch eine Firma, das ist Joka-Betten, die gibt es auch schon über 50 Jahre hier in der Annenstraße. Außerdem ist da noch ein ganz kleines Geschäft, Rottmann Bürosysteme, das existiert seit 50, 60 Jahren.

Welche Änderungen wünschen Sie sich, um die Situation in der Annenstraße zu verbessern?

Schwierig. Das werden sie nicht mehr ändern können, weil es einfach viel zu viele Einschränkungen gibt. Wir brauchen „gescheite“ Geschäfte. Aber das Problem ist, wenn du Geschäfte hast, brauchst du auch Parkplätze. Vor Jahren hatten wir noch 150 Parkplätze. Jetzt haben wir aber keine Parkmöglichkeiten und auch keine Tiefgaragenmöglichkeiten mehr. Deswegen ist in Einkaufszentren so viel los:  Man steigt einfach aus dem Auto und geht shoppen. Wenn sie noch lange so weiter tun, wird auch die Innenstadt sterben.

Wie würden Sie die Annenstraße in einem Wort beschreiben?

Traurig.

Titelbild: Inhaberin Susanne Elsner – Foto: Nina Galler

Infobox
Die Ausstellung ANNsichtssache, kuratiert vom Masterstudiengang Ausstellungsdesign, setzt sich mit dem Potenzial und der Vielfalt der Annenstraße auseinander und präsentiert innovative Ideen und Visionen einer lebendigen Zukunft.

Die Annenpost hat sich in diesem Rahmen auf den Weg gemacht und einen Blick hinter die Fassaden der Einkaufsmeile geworfen. Wir haben mit Menschen aus verschiedenen Geschäften gesprochen und ihre Geschichten festgehalten. Die Interviews werden in der Annenpost veröffentlicht und ausgewählte Fragen waren in der Ausstellung zu hören.

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