Am 1. März verwandelt das Zentralgartenbüro Graz den Lendhafen am Mariahilferplatz in eine Drehscheibe für Saatgut, Wissen und Nachhaltigkeit.
Andreas Motschiunig ist Biologe mit Leidenschaft für Kulturpflanzen, Angestellter des Zentralgartenbüros Graz und organisiert das Saatgutfest dieses Jahr bereits zum vierten Mal. Für ihn sind Veranstaltungen wie diese auf mehreren Ebenen wichtig für die Zukunft. „Am Saatgutfest wird der Zivilbevölkerung der Zugang zu samenfestem Saatgut ermöglicht”, meint der Experte. Im Gegensatz zum in österreichischen Baumärkten, Gartencentern und Supermärkten oft verbreiteten Hybridsaatgut kann samenfestes Saatgut über Generationen hinweg wieder ausgesät werden, ohne seine Eigenschaften zu verlieren. Die Pflanze bleibt anpassungsfähig gegenüber dem Standort und behält ihren Geschmack.
Der Großhandel verkauft vor allem Hybridsaatgut, da es höhere Erträge liefert und sehr einheitlich wächst – ein perfektes Produkt für die Agrarindustrie. Zudem zwingt es Kunden:innen zum jährlichen Neukauf. „Wir müssen unser Saatgut erhalten und an vielen Standorten anbauen, um es an das verändernde Klima anzupassen, dies ist unsere Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen“, so Motschiunig mit voller Überzeugung. Neben dem Erhalt und der Sicherung von Vielfalt nennt er auch noch den kulinarischen Aspekt: Samenfestes Saatgut schmecke in den meisten Fällen auch besser.
Wer also eigenes Saatgut zum Markt bringt, kann es vor Ort verschenken oder gegen andere Sorten eintauschen. Neben klassischen Gemüsesorten gibt es auch Kräuter, Heilpflanzen und Blumen. Sortenerhalter:innen wie Kleinbäuer:innen, die auf Einnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeit angewiesen sind, heben eine angemessene Aufwandsentschädigung ein. Ein besonderes Highlight des diesjährigen Festes ist der Besuch einer Delegation des Magház Saatgut-Netzwerks aus Ungarn, die über ihre Arbeit im Bereich Saatgutvielfalt und nachhaltige Landwirtschaft berichten wird. Zudem gibt es einen Steckholz-Tisch, an dem winterharte Feigen, Maulbeeren, Ribisel und andere Obstsorten weitergegeben werden.

Mehr als nur ein Tauschmarkt
Neben dem Saatgut stehen Vernetzung und Wissenstransfer im Fokus. Wer selbst keinen Garten besitzt, kann sich über Gemeinschaftsgärten in Graz informieren und vielleicht eine neue Gärtner:innen-Gruppe finden. „Wir als Zentralgartenbüro und Forum Urbanes Gärtnern wollen soziale Interaktionen stärken, Gemeinschaftsprojekte fördern und die Lebensqualität im urbanen Raum verbessern“, fasst Motschiunig zusammen. Der Eintritt für das Saatgutfest ist frei, Spenden für die Organisation sind willkommen.
Titelbild: Menschen tauschen und verschenken Saatgut. – Foto: Andreas Motschiunig