Die Neugestaltung des Griesplatzes steht nach 35 Jahren an. 16 Millionen Euro will die Grazer Stadtregierung in eine Verbesserung der Lebensqualität sowie eine Verkehrsneuordnung investieren. Welche konkreten Auswirkungen das neue Konzept haben soll und wie Anrainer:innen und Unternehmer:innen dazu stehen.
Lautes Hupen vermischt sich mit Stimmengewirr aus verschiedensten Sprachen, ein Mix aus Abgasen und multikulturellem Essen steigt in die Nase. Menschen eilen über die am Boden liegenden Dosen zu ihren Anschlussbussen, einer vollbesetzter als der andere. Die meisten wollen den Griesplatz schnellstmöglich verlassen.
Doch dieses Bild soll sich nun ändern.
Geplante Veränderungen
„Es muss endlich Leben und Aufenthaltsqualität in unseren östlichen Hauptplatz eingehaucht werden“, erklärt Bezirksvorsteher Michael Rothe (KPÖ).
Am 24. April hat der Grazer Gemeinderat dem Grundsatz- und Planungsbeschluss für eine Neugestaltung des Griesplatzes endgültig zugestimmt. Für das Projekt wurde ein Betrag in Höhe von 1.000.000,- Euro im Zeitraum von 2025 bis 2026 genehmigt. Die Stadtkoalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ will den Griesplatz mit neuem Grünraum versehen und Menschen zum Verweilen anregen. Die Regionalbus-Endhaltestellen sollen an den Andreas-Hofer-Platz verlegt werden, um mehr Kapazität für Bäume und Grünflächen zu schaffen.

Verkehrsdebatte
Am Mittwoch, dem 16. April, wurde der Verkehrsentwurf dem Verkehrsausschuss der Stadt präsentiert: Der Griesplatz soll zukünftig als Einbahn von Norden nach Süden führen. Außerdem wird es nur noch eine KFZ-Spur geben, damit mehr Platz für Fußgänger:innen sowie Radfahrende entstehen kann. Das neue Verkehrskonzept will den Durchzugsverkehr stark einschränken und den Gebrauch von öffentlichen Verkehrsmitteln fördern. Der Bezirksvorsteher erklärt: „Was klar ist: Wir können keinen Aufenthaltsbereich neben einer fünf-spurigen Straße bauen.“ Kompromisse müssten dementsprechend eingegangen werden. Auch die vorgesehene Umsetzung der Straßenbahnlinie 8, die über den Griesplatz und Citypark nach Don Bosco bis Reininghaus führen soll, stehe diesbezüglich in Diskussion.
Wirtschaftliche Unterstützung
Des Weiteren sei eine aktive Platzgestaltung geplant, um Gewerbetreibende vor Ort zu unterstützen. Auf Nachfrage an das Stadtplanungsamt, welche aktive Platzgestaltung hierbei gemeint war und inwiefern diese Unternehmer:innen unterstützt, erhielt die Annenpost bis Redaktionsschluss keine Antwort.
„Als Unternehmer:in ist man in den letzten Jahren völlig allein gelassen worden. Auf Fragen bei Versammlungen wurde auch nicht eingegangen“, erläutert Bettina Rödl, Besitzerin der Panther Apotheke, die sie 2021 übernahm. Auch Muhamet Kücükcelik, Besitzer des Kapadokya Grill House, und Mohammed Alofayni, Eigentümer des Babilon Barbers, teilen diese Sichtweise und erzählen, dass sie auf sich allein gestellt seien und keinen Kontakt zur Stadt Graz hätten. „Mit der Politik haben wir nichts zu tun und sie interessiert uns auch nicht“, erklärt Kücükcelik, der seit 2017 am Griesplatz seinen Standort hat.
Während die einen Unternehmer:innen keine aktive Unterstützung der Stadt Graz erhielten, stand die Boulderhalle Newton stets im regen Austausch mit der Stadt, dem Land und dem Bund. 2019 als Start-up gegründet, eröffnete sie 2020 und musste im selben Jahr aufgrund von Corona für einige Monate wieder schließen. „Es war in der Anfangsphase nicht immer leicht, aber wir haben es gut überstanden!“, beschreibt Armin Buchroithner, Geschäftsführer der Trikomp GmbH (Newton Boulderhalle), die Situation.
Kritik am Vorhaben
Der Stadtrechnungshof kritisiert nun jedoch im Zuge der Vorhabenskontrolle das Projekt, wie er in einem Bericht erläutert. Einerseits fehle es noch an einem tatsächlichen Beschluss des Verkehrskonzepts, auch die Gesamtkosten würden nicht – wie ursprünglich verkündet – bei 16 Millionen Euro liegen, sondern sich stattdessen auf rund 20 Millionen Euro erhöhen. Folgekosten und der Lebenszyklus des Projekts seien zudem nicht einberechnet worden. Wie die Kleine Zeitung berichtet, kommt nun auch starker Gegenwind des NEOS-Fraktionsvorsitzenden und Obmanns des Kontrollausschusses, Philipp Pointner: „Die Bürgerinnen und Bürger verdienen eine ehrliche Aufarbeitung. Es geht um PR, nicht um nachhaltige Stadtentwicklung.“
Vom „Schandfleck“ zu einem Platz des Verweilens
Durch die geplante Veränderung will die Regierung den Ruf des Griesplatzes jedoch langfristig verbessern. „Viel schlechter als es jetzt ist, kann es nicht mehr werden. Müll liegt in der Gegend herum, massiver Verkehr ist Alltag, fehlende Gesundheitszugänge keine Seltenheit“, erklärt die Apothekerin. Auch Mohammed Alofayni, der 2018 den Babilon Barber eröffnete, führt aus: „Vor Corona war die Gesamtsituation besser. Jetzt ist alles teurer geworden. Es gibt mittlerweile viel mehr Friseursalons – also Konkurrenz – und somit weniger Kund:innen. Leichter wird es nicht, aber man muss zufrieden sein. Die Leute sind nett und wir helfen uns gegenseitig.“
Der Eigentümer des Kapadokya Grill House betont: „Es gibt hier genug Platz, den man gemeinsam nutzen kann. Feste sollen gefeiert werden.“ Er legt dabei ein Augenmerk auf den Ausbau des Straßenbahnnetzes. „Dies würde den Verkehr reduzieren. Mehr Menschen könnten sich am Griesplatz aufhalten.“
Der Geschäftsführer der Boulderhalle ist der Überzeugung: „Radfahren soll erleichtert werden. Nachdem unsere Hauptkund:innen überwiegend Studierende und die meisten mit dem Rad unterwegs sind, wäre es uns ein Anliegen, die Verkehrsplanung im Sinne der Radfahrer:innen zu gestalten und Sicherheit zu gewährleisten.“ Sicherheit und Gesundheit stehen auch für Bettina Rödl an erster Stelle: „Wir brauchen ein Ärztezentrum in der Nähe. Besonders Leute mit Migrationshintergrund fahren bei jeder Beschwerde auf die Klinik und sind oft schlecht bevorratet mit Medikamenten in ihrer Hausapotheke. Das kostet Geld und Ressourcen.“
Lendplatz als Vorbild
Worüber sich alle Befragten einig sind, wäre ein Lendplatz- oder Naschmarkt-ähnliches Konzept. Dieses sei für den Griesplatz von Vorteil. „Der Platz befindet sich in einer sehr zentralen Lage und auch sein Cultural-Mix zeichnet ihn aus. Da ist viel Potenzial“, ist sich Buchroithner sicher. Auch Rödl findet: „Damit Leute verweilen, ist ein bunter Mix wichtig: Standln, verschiedene kulinarische Bereiche, Blumenläden.“

Bürger:innenbeteiligungsphase
Um den Bewohner:innen eine Stimme zu geben, wird für die Neugestaltung des Griesplatzes erneut eine Bürger:innenbeteiligungsphase ins Leben gerufen. „Der Griesplatz lebt von Urbanität und Vielfalt. Österreicher:innen, Migrant:innen, alt, jung“, beschreibt Rothe. Ab dem 2. Quartal dieses Jahres können Bürger:innen, Anrainer:innen sowie Unternehmer:innen ihre Vorschläge und Wünsche an die Grazer Stadtregierung kommunizieren. Bereits im Jahr 2015 startete die Stadt Graz ein dreijähriges Projekt für mehr aktive Beteiligung der Bürger:innen, wie die Annenpost berichtete. Nun möchte man an diese Ideen anknüpfen und neuen Input willkommen heißen.
Realisierungswettbewerb
Außerdem schreibt die Grazer Stadtpolitik einen EU-weiten Realisierungswettbewerb aus, der Ende 2025 ausgelobt wird. Im Frühjahr 2026 möchte man das beste Projekt als Siegerprojekt auszeichnen. Dies soll den Startschuss für die konkrete Planung und Umsetzung des neuen Griesplatzes kennzeichnen.
Titelbild: Der Hauptplatz des Ostens ist in vollem Betrieb. – Foto: Valentina Schmid