Fröbelpark in Graz

Der Fröbelpark macht Wirbel

Lesezeit: 3 Minuten

von Johanna Seebacher und Anja Palme

Der Fröbelpark – für viele nur ein Park am Rande des Bezirkes Lend, für andere eine gewohnte Kreuzung des Alltags – ist heuer Bühne: Der Lendwirbel zieht um und verlässt seine urbane Komfortzone. Das Portrait eines Parks, der sich anfühlt wie Graz im Kleinformat.

Zwischen blühenden Kirschbäumen und frisch gemähten Grünflächen toben Kinder, bellen Hunde und irgendwo kracht ein Scooter über das Kopfsteinpflaster. Dazu mischt sich das Zischen einer Bierdose, die zwei Parkbänke weiter geöffnet wird. Im Fröbelpark herrscht Hochbetrieb. 

Zigarettenrauch kämpft sich schwerfällig durch die dichten Baumkronen der Kastanien. Unter ihnen, im Halbschatten, sitzen neun Leute um einen der Tische im Park versammelt. Mitgebrachte Campingstühle erweitern den Radius des Geschehens, eine Art Wohnzimmer im Freien. Geschenke verpackt in Zellophan, daneben Kronkorken und leere Dosen, worin schon längst eine Zigarette verglimmt. Aus den mitgebrachten Bluetooth-Boxen erklingt etwas zwischen Austropop-Nostalgie und algorithmischer Beliebigkeit. Dass es sich um eine Geburtstagsfeier handelt, erkennt man spätestens am angestimmten Geburtstagsständchen. „Meine Nachbarin feiert heute. Ohne mich. Die falsche Alte“, sagt ein älterer Mann im Vorübergehen – halb spöttisch, halb belustigt. 

Der Chef vom Fröbelpark

Wer es schafft, die Hackhergasse heil zu überqueren – vorbei an Bussen und Autos, die etwas zu schnell, mit offenem Fenster und lautem Bass durch die Gasse steuern – gelangt zu einem fixen Bestandteil des Grätzels: dem Fröbel Markt. Seit über 20 Jahren ist er Anlaufstelle für Bewohner:innen, die auf ein kurzes Gespräch vorbeischauen, Schüler:innen, die nach Unterrichtsschluss ihren Hunger mit einem Kebap stillen oder Parkbesucher:innen, denen die Getränke langsam ausgehen. Hier kennt man sich – oder erkennt sich zumindest.

Johannes Apoyan vor seinem Geschäft – Foto: Johanna Seebacher

Seit über 20 Jahren betreibt Johannes Apoyan den Fröbel Markt – eine kleine Institution im 4. Bezirk. Der Laden ist zu 90 Prozent in Familienhand, was man im Viertel nicht nur weiß, sondern spürt. Unser Gespräch unterbricht Johannes Apoyan immer wieder, nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil er so gut wie jede:n grüßt, der vorbeigeht. Die Gespräche enden nicht an der Kassa, sie ziehen sich weiter in die Straßen rund um den Fröbelpark und manchmal sogar durch geöffnete Autofenster. „Wie geht’s dem Geschäft?“, ruft der Ladenbesitzer einem Fahrer zu. 

Mit 19 Jahren kam Johannes Apoyan aus Armenien nach Graz – mit dem Ziel, sich der Musik zu widmen. An der Kunstuniversität studierte er Orgel, absolvierte den Bachelor und stand kurz vor dem Masterabschluss. 13 Jahre lang bestimmte das Musikstudium seinen Alltag. Nebenjobs waren kaum möglich – körperliche Arbeit hätte seine Hände zu sehr belastet. Doch kurz vor dem Abschluss zog er die Reißleine. Die unsichere Zukunft als Musiker und finanzielle Aspekte waren schließlich ausschlaggebend für seine Entscheidung. Vom Arbeitsmarktservice kam ein Angebot für einen Stelle im Lager eines Lebensmittelgeschäftes. Johannes Apoyan lehnte ab. Stattdessen übernahm er ein kleines Geschäft am Fröbelpark. Was einst ein Batterienladen war, ist heute der Nahversorger des Viertels.

Das Sortiment des Fröbel Markts auf ein paar Quadratmetern – Foto: Johanna Seebacher

Miteinander, das einfach passiert

Der Ort, der für manche nach Problemgegend klingt, bedeutet für Johannes Apoyan das genaue Gegenteil. „Hier ist Luxus“, sagt er und meint damit keine Hochglanzfassaden, sondern echte Nachbarschaft. „Wir sind kein Ghetto-Bezirk, wir sind einfach freie Menschen”, erzählt er mit einem überzeugten Lächeln im Gesicht. Dass der Lendwirbel in diesem Jahr im Fröbelpark Station macht, wirkt weniger wie ein Ortswechsel als wie eine natürliche Erweiterung. Der Park ist kein leerer Raum, der erst mit Programm gefüllt werden muss – er wird ohnehin täglich bespielt. Der Lendwirbel trifft hier auf ein gelebtes Miteinander, das nicht kuratiert ist, sondern einfach passiert. Dass die Gegend um den Fröbelpark durch das Stadtteilfestival mehr Aufmerksamkeit bekommt, begrüßt auch Johannes Apoyan sehr, denn: „Hier ist Leben!”

 

Titelbild: Das Herzstück des Fröbelparks – Foto: Johanna Seebacher

 

Infobox

Was ist der Lendwirbel?

Der Lendwirbel ist ein Stadtteilfest im Grazer Bezirk Lend. Seit seiner Entstehung im Jahr 2007 hat sich der Lendwirbel zu einer lebendigen Plattform für kulturellen Austausch, gesellschaftspolitische Diskussionen und kreative Stadtgestaltung entwickelt. Organisiert nach dem Bottom-Up-Prinzip, basiert der Lendwirbel auf der aktiven Beteiligung von Bewohner:innen, Künstler:innen und Initiativen, die gemeinsam den öffentlichen Raum gestalten.

Wann?

Donnerstag, 01.Mai bis Sonntag, 04.Mai 2025

Wo?

Lend Süd – Rund um den Mariahilferplatz

Lend Nord – Rund um den Fröbelpark

Donnerstag und Freitag werden auch Projekte im Volksgarten stattfinden.

 

Weitere Infos und das Programm des diesjährigen Lendwirbel findet ihr hier.



Hi, mein Name ist Anja, bin seit Oktober 2024 JPR-Studentin und somit auch Teil der Annenpost.
Wenn ich nicht gerade durch das Annenviertel flaniere um spannende Stories für euch zu entdecken, findet man mich meistens tratschend in einem Kaffeehaus, am Berg oder hinter einem guten Buch.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

13 + 18 =

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Vorherige Geschichte

„Klein, aufstrebend, aber recht harmonisch“

Letzter Post in LENDWIRBEL