Wenn Radfahren in Graz zum Hürdenlauf wird

Lesezeit: 3 Minuten

Liebe Stadt Graz, liebe Verkehrsdirektion, liebe Holding!

Immer wieder wird über die Feinstaubbelastung gesprochen, unter der Graz zu leiden hat. Da sollte man meinen, dass die vielen Radler, die täglich mit dem Rad fahren, von der Stadt unterstützt und mit passablen Strecken belohnt werden. Dem ist aber nicht so. Besonders im Sommer müssen Radfahrer wegen Baustellen auf die Straße ausweichen, absteigen und ständig nach Hindernissen Ausschau halten. Damit ist ein zügiges und vor allem sicheres Vorankommen nicht möglich. Wir haben uns eine stark befahrene Radstrecke im Annenviertel genauer angeschaut, und waren auf unserer kleinen Radtour mehr als nur einmal verwirrt.

 

Auf dem Radweg neben dem Siemensgebäude
Auf dem Radweg neben dem Siemensgebäude

Als Startpunkt wählten wir die FH JOANNEUM in der Alten Poststraße. Von dort aus geht es auf dem Radweg in Richtung Bahnhof. Schon nach kurzer Zeit steht uns ein Verkehrsschild im Weg, das einen Fußgängerweg anzeigt. Aufgrund der Wegverengung durch die Stromsäulen des Straßenbahnnetzes, ist es nun nicht mehr erlaubt, auf dem Gehweg neben dem Siemens-Gebäude mit dem Fahrrad zu fahren. Uns bleiben zwei Möglichkeiten: Absteigen und Schieben oder die Straßenseite wechseln und die nächsten 20 Meter dort zu fahren, bevor wir dann wieder die Seite wechseln.

 

 

die Schiebestrecke an der Stadtbaudirektion
Die Schiebestrecke an der Stadtbaudirektion

Weiter geht es auf dem Radweg unter der Bahnunterführung in Richtung Eggenberger Gürtel. Radfahrer und Fußgänger teilen sich dort die schmale und stark frequentierte Strecke, und sind  sichtlich und hörbar genervt voneinander. Selbst der Klang einer Fahrradklingel bringt dort manche Fußgänger zur Weißglut. Direkt nach der Unterführung erwartet uns die nächste Hürde. Eine Schiebestrecke, die dank der noch länger dauernden Baustelle entlang des Stadtbauamtes installiert wurde. Dass der Weg schon für zwei passierende Fußgänger zu schmal ist, hindert viele Radfahrer nicht daran, einfach auf ihrem Rad weiterzufahren. Auch hier fallen uns einige verbale Auseinandersetzungen zwischen Fußgängern und Radfahrern auf.

 

Darf man die breiten Gehsteige in der Annenstraße befahren?
Darf man die breiten Gehsteige in der Annenstraße befahren?

Nach einer gefährlichen Baustelle beim Möbelhaus Leiner haben wir die Annenstraße erreicht und können wieder aufs Fahrrad aufsteigen. Dort reihen wir uns hinter die Straßenbahn ein. Durch den Verkehr und die Straßenbahnen herrscht hier eine angespannte und stressige Atmosphäre. Wir entschließen uns, den anderen Radfahrern zu folgen und treten ordentlich in die Pedale. Bei den neuen verbreiterten Gehsteigen angekommen, wissen wir nun nicht mehr, wo wir weiterfahren sollen. Müssen wir zwischen den Gleisen fahren, die schon manchen Radfahrer stürzen ließen, oder dürfen wir auf den verbreiterten Gehsteig ausweichen? Wir entscheiden uns für die sichere Variante und fahren auf dem Bürgersteig weiter. Doch dürfen Radfahrer das überhaupt?

 

Die Straßenbahnhaltestelle am Kunsthaus
Die Straßenbahnhaltestelle am Kunsthaus

Weiter geht es zügig in Richtung Kunsthaus. Den ganzen Weg fahren wir hinter der Straßenbahn zwischen den Schienen, da die Straßenbreite es nicht anders zulässt. Bei der Haltestelle „Südtirolerplatz“ stellt sich uns wieder die Frage „Was jetzt?“ Sollen wir hinter der Straßenbahn warten bis alle Leute ein und ausgestiegen sind, oder dürfen wir am breiten Gehsteig zum eigentlichen Radfahrerübergang fahren? Da uns das Warten zu lange dauert und wir schließlich irgendwann auch weiterfahren wollen, setzen wir unsere Radtour auf dem breiten Gehsteig fort und fahren langsam zur Radfahrerüberfahrt in Richtung Hauptplatz.

Nach dieser Hürdenfahrt sind wir sichtlich erledigt und fragen uns, wie es den Radfahrern geht, die diese Strecke täglich fahren müssen. Das ständige Auf- und Absteigen, Schieben und Warten zehrt an den Nerven. Auch die aggressive Haltung vieler Fußgänger gegenüber den Radfahrern hat uns überrascht. Doch eigentlich ist es nicht verwunderlich, wenn man die schmalen Wege genauer betrachtet, die sich Fußgänger und Radfahrer teilen müssen.

Radfahren ist eine gute Alternative, um den verkehrsbedingten Feinstaub in Graz  zu verringern, doch sollte diese Bereitschaft auch unterstützt werden. Sei es nur mit ausreichend gekennzeichneten Radwegen, die wir auf unserer Strecke leider nicht gefunden haben. Wir würden uns wirklich sehr über Auskünfte freuen, die uns die derzeitige Verkehrssituation für Radfahrer erklären würden. Denn wir hatten bei unserer Radtour den Eindruck, dass wir nicht die Einzigen waren, die von der derzeitigen Situation verwirrt waren.

Die gebürtige Deutschfeistritzerin, für ihre musikalische Begeisterung bekannt, studiert an der Fachhochschule Joanneum in Graz Journalismus und PR. „Frisch gedacht ist halb gewonnen“ – ihre Lebensphilosophie, ist auch das Motto ihres Blogs, wo sie über das Leben als FH-Studentin und beruflicher Freigeist schreibt.
http://wbw.fh-joanneum.at/schome/

3 Comments

  1. DANKE ihr sprecht mir aus dem Herzen – noch eine so tolle rad – fussgänger variation ist direkt an der mur – zwischen keplerbrücke und hauptbrücke (beide seiten) da gibts oft gefauche zwischen fussgängern und radfahrern –

    auf der seite des lendplatzes oder hofers an der mur entlang ist es einerseits als fussgänger vorallem mit kinderwagen sehr unangenehm… eigentlich würde man aus sicherheitsgründen am rand gehen, weil auf der anderen seite (wo es eigentlich gedacht wäre zu gehen) lauter säulen stehen. hm… was tun mit kinderwagen? reinfahren in die säulen? herumkurven? (das nervt nicht nur einem selber sondern auch die radlfahrer) als radler will man auch zügig vorrankommen, aber da sind immer die fussgänger die kurvig gehen oder am geländer entlang – tja also irgendwie ein quirks. statt dem breiten fahrradweg und fussgängerweg haben sie neue parkplätze gebaut – macht sinn oder?

    in amsterdam gibts super geniale fahrradwege fast so breit wie strassen. das fehlt in graz bzw. in österreich echt.

  2. Danke! Sehr gut beobachtet und beschrieben!
    Genauso geht es mir täglich auf dem Weg in die Arbeit. Man weiß einfach nicht wie/wo man fahren darf/kann/soll/muss. Letztendlich fährt man ja doch auch mit dem Rad um voranzukommen und das funktioniert auf dieser Strecke nur bedingt. Heimwärts ist es dann fast sogar noch schlimmer weil man zweimal in der Annenstraße auf diese neuen verbreiterten Gehsteige geleitet wird. Vor allem bei der Kreuzung Annenstraße/Volksgartenstraße stellt sich mir immer die Frage – Wo ordne ich mich ein? Geradeausspur, wo die Gleise sind (hoffentlich kommt von hinten keine Bimmel und bimmelt mich an!) oder in der Rechtsabbiegespur, die ja eigentlich nicht richtig ist weil ich ja geradeaus möchte…daneben stehen die Autos die wirklich abbiegen wollen und wenn dann die Staßenbahn kommt wird es richtig eng.
    Jeder interpretiert die Gegebenheiten anders und dadurch kommt es zusätzlich zu Schwierigkeiten – auch bei den Radfahrern untereinander. Das ist wirklich schade.
    Bin schon gespannt wie das alles funktioniert wenn der Umbau endlich abgeschlossen ist.

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