Wissensdurst im Pub

Lesezeit: 2 Minuten

Das von der 7. Fakultät der Karl-Franzens-Universität initiierte Projekt „Wissensdurst – Die Wissenschaftsviertelstunde im Pub“, ermöglicht Wissensvermittlung im besonderen Rahmen. Das „Brot und Spiele“ im Annenviertel diente erstmals als Veranstaltungsort. Gegenstand des Vortrages war der Jahrestag der Pogromnacht am 9. November. Doch lässt sich dieses ernste Thema mit dem  Ambiente eines Pubs vereinbaren?

 

„Nein, nervös bin ich nicht“, antwortet Lukas Grumet, einer der Moderatoren, auf die Frage, ob er aufgeregt sei. „Das war ich eigentlich nur beim Filzi.“ Diesem Spitznamen ist Peter Filzmaier zuzuordnen, der, neben Beatrix Karl, zu einem der prominenteren „Speaker“ zählt, die bei „Wissensdurst“ bereits die Bühne betraten. 15 Minuten hat jeder Vortragende Zeit, um sein Thema zu vermitteln.

Am Montag hatte der Historiker und ehemaliger Rektor der Karl-Franzens-Universität Helmut Konrad die Ehre, zum Mikrofon zu greifen. Sein Themengebiet: Die Pogromnacht von 1938. Ein Ereignis, das sich heuer am 9. November zum 75. Mal jährt.

Universitätsprofessor Lorenz
Unversitätsprofessor Helmut Konrad spricht über die NS-Zeit.

 

Stille tritt ein, als Konrad mit seinem Vortrag beginnt. Er unterbricht somit die typische „Pub-Geräuschkulisse“ mit einem schwierigen Thema: Das Jahr 1938, in dem nicht nur der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland stattfand, sondern auch die Pogromnacht. Konrad schildert dieses Ereignis mit einem besonderen Augenmerk auf die Stadt Graz. Die Synagoge im Bezirk Gries wurde damals völlig niedergebrannt, ihre Ziegel in der ganzen Stadt verteilt. Noch heute befinden sich Bauteile des ehemaligen Gebetshauses in Wänden anderer Gebäude der Stadt. Die jüdische Gemeinde, die damals aus rund 2500 Gläubigen bestand, zählt heute nur rund 100 Mitglieder. Die Nacht vom 9. November trug in großem Ausmaß dazu bei, denn hunderte Juden wurden von Graz in das oberösterreichische Arbeiterlager Mauthausen oder in das Konzentrationslager nach Auschwitz gebracht.

IMG_5535
Bunt gemischtes Publikum bei „Wissensdurst – die Wissenschaftsviertelstunde im Pub“.

 

Bei der anschließenden Fragerunde zeigt sich das Publikum sehr interessiert. Die genauen Standorte des Arbeiterlagers, sowie die Verarbeitung des Nationalsozialismus, sind die Hauptgegenstände der Diskussion. Am Ende erntet Helmut Konrad großen Applaus und steht für Fragen zur Verfügung.

Einige Minuten nach Diskussionsende tritt wieder die charakteristische Pub-Stimmung ein.

Als „den Besten auf seinem Gebiet“ und „spannenden Vortragenden“, beschreibt eine junge Dame den Universitätsprofessor Helmut Konrad. Sie studiert, wie viele andere Besucher auch, Geschichte, und erzählt, dass sie durch die Werbung auf der Universität auf „Wissensdurst“ aufmerksam geworden sei. Gekannt habe sie diese Veranstaltung vorher jedoch nicht.

Obwohl „Wissensdurst“ erstmals im „Brot und Spiele“ in der Mariahilferstraße statt findet, erscheinen zahlreiche Besucher. Der Grund für den Standortwechsel: Das Pub „Molly Malone“, welches zuvor als Veranstaltungsort diente, schöpfte aus „Wissensdurst“ keinen betriebswirtschaftlichen Nutzen. Somit waren die Organisatoren gezwungen, Ausschau nach einem neuen Partner zu halten. Im „Brot und Spiele“ passte die technischen Ausstattung. Außerdem gefiel dem Besitzer die Veranstaltungsreihe von Anfang an.

Moderator Christian Moderator Lukas

Die Moderatoren und Organisatoren Lukas Grumet und Christian Fercher

 

Ob Studierende bei solchen Formaten tatsächlich mehr lernen als auf der Uni, bezweifelt der Vortragende. Dennoch sind er, und auch die Mehrheit der Besucher begeistert. „Ich würde es jederzeit wieder machen!“, versichert Konrad.

Die Vortragenden arbeiten übrigens, genau wie die Organisatoren Christian Fercher und Lukas Grumet, honorarfrei. Auch das „Brot und Spiele“ verlangt für diesen Abend keinerlei Miete. Somit wird der kostenfreie Eintritt für die Besucher ermöglicht.

Die nächste Gelegenheit, diese ungewöhnliche Wissensvermittlung selbst zu erleben, gibt es im Jänner. Der Vortragende wird demnächst auf sieben.uni-graz.at bekannt gegeben.

Fotocredit: Konstantinos Tzivanopoulos

 

[box]Die 7. Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz versucht, Wissenschaft und Forschung einem breiten Publikum außerhalb des universitären Bereiches zu vermitteln.
Die jeweils organisierten Veranstaltungen können großteils kostenfrei besucht werden.[/box]

Begeisterte Turniertänzerin mit grenzenlosem Ehrgeiz (ein gut gefüllter Terminkalender ist daher die Folge); fleißige Fitnessstudio-Geherin; teilt die Überzeugung, dass allein der eigene Wille der Schlüssel zum Erfolg ist; mitfühlende und manchmal stark gestikulierende Gesprächspartnerin; bezeichnet ihren Terminkalender als essentielles Überlebensinstrument

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

7 − 4 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Literatur Blues

Nächste Geschichte

Videoüberwachung am Kinderspielplatz?

Letzter Post in KULTUR