Willkommen im Land der Aquarianer

Lesezeit: 4 Minuten

Wellensittichgezwitscher, tropische Temperaturen und Wassergeblubber. All das erwartet den durch die Tür des Aquarium Graz in der Strauchergasse Tretenden bereits in den ersten Sekunden. Durch die drei kleinen Räume des Geschäfts streifend, erkennt man sehr schnell das Hauptinteresse des Inhabers und Geschäftsführers Alfred Gutschi: Fische. In einem abgedunkelten Zimmer, nur beleuchtet von den Aquarien selbst, wird der Kunde in die atemberaubende Welt des Meeres versetzt. Rechts schwänzelt ein kleiner Goldfisch an einem vorbei, links zieht ein bunter Feuerfisch seine eleganten Züge durchs Wasser und der hier sieht aus wie Nemo.

Seit nun bereits 52 Jahren lockt das Aquarium Graz in der Strauchergasse mit einer großen Auswahl, hochwertiger Beratung und familiärem Ambiente Aquarianer von nah und fern.  Uns hat Alfred Gutschi, der Mann der hinter all dem steht, einige Fragen über Zufälle im Leben, Weihnachten und Nemo beantwortet.

 

Herr Gutschi, war es schon als Kind Ihr Traum einmal Fische zu verkaufen?

Nein, das ergab sich, wie so vieles im Leben, eher durch einen Zufall. Meine Frau suchte damals eine Arbeit mit Tieren und sie begann in genau dieser Zoohandlung  zu arbeiten. Nach relativ kurzer Zeit jedoch, kündigte meine Frau wieder und ich fing an, für den Besitzer als Vertreter zu arbeiten. Bis dieser sich jedoch nur mehr auf den Großhandel konzentrierte und ich schließlich vor 32 Jahren den Laden ganz übernahm.

 

1465401_10200420989127208_1157462880_n
Alfred Gutschi, Inhaber und Geschäftsführer des Aquariums Graz

In den letzten 30 Jahren hat sich viel verändert. Große Handelsketten machen es den „Kleinen“ immer schwerer zu überleben. Merken auch Sie Konkurrenten wie Fressnapf und Zoo&Co?

Diese Konkurrenz spürt man natürlich. Doch wenn man sich drauf einstellt, kann man dadurch auch eine Marktnische nutzen, indem man die Kunden viel individueller betreut. Unter anderem biete ich einen Aquariumsservice an. Im LKH betreue ich zum Beispiel sechs große Aquarien. Oder ich biete auch einen Zustelldienst, der besonders von älteren Menschen sehr geschätzt wird. All das macht mich und mein Geschäft einzigartig.

Das Landeskrankenhaus Graz hat ein eigenes Aquarium?

Ja, in der Onkologieabteilung hat sich ein Professor sehr um die Anschaffung eines Aquariums bemüht. Denn nirgendwo sonst sind die Patienten so dankbar für Ruhe und Abwechslung wie hier. Und so haben wir ein circa sechs Meter langes Aquarium rund um das Pult im Therapieraum, wo auch die Chemotherapie durchgeführt wird, gebaut. Auch dort, wo das Frühstücksbuffet jeden Tag serviert wird, befindet sich ein großes Fischbecken. Die gesamte Abteilung packt da aber kräftig mit an und investiert sehr viel Zeit in die Pflege dieser Aquarien.

Es sind nur mehr zwei Wochen bis Weihnachten und die ganze Welt befindet sich im Kaufrausch. Merken auch Sie eine Umsatzsteigerung durch das Weihnachtsgeschäft?

Nicht mehr so wie früher. Das Tier als Geschenk ist völlig aus der Mode gekommen. Niemand will einen Sack mit einem Fisch unter dem Christbaum. Der Trend geht eher zum Gutschein, den man dem Aquarianer (so nennt Herr Gutschi liebevoll die Aquariumsbesitzer) schenkt. Manchmal kommen auch Menschen, die sich zu Weihnachten selbst beschenken, indem sie sich den langgehegten Traum eines eigenen Aquariums mit dem zusätzlichen Weihnachtsgeld erfüllen.

1488574_10200421062609045_1928976846_n
Das Aquarium Graz bietet ein großes Sortiment

Fühlen sie sich auch auf eine gewisse Art verantwortlich für ihre Tiere?

Natürlich. Daher nehme ich alle Fische wieder zurück, sollten sie doch nicht das Richtige für den Käufer gewesen sein, auch wenn sie nicht in meinem Geschäft gekauft wurden. Das ist mir auf jeden Fall lieber, als wenn das Tier irgendwo landet. Ich versuche auch immer die Käufer über eine artgerechte Haltung zu informieren. Aber selbstverständlich kann ich nie in die Wohnung aller  Aquarianer sehen, um alles zu überprüfen. Ich muss mich da auf das Verantwortungsbewusstsein der Leute verlassen.

Und kann man auch Trends beim Tierkauf beobachten?

2003 nach dem Film „Findet Nemo“  wurde ein regelrechter Boom ausgelöst. Sehr viele kamen und wollten einen Clownfisch, der Nemo möglichst ähnlich sah. Das Problem aber war, dass Clownfische Meerwasserfische sind, und die Anschaffung eines Meerwasseraquariums deutlich aufwendiger ist als die eines Seewasseraquariums. Besonders kleine Aquarien wurden viele zu dieser Zeit, aufgrund des Films, verkauft.

Was ist jetzt aktuell der Modefisch Nummer 1? Der Goldfisch?

Nein, der Goldfisch mit Sicherheit nicht mehr. Aber das ist schwer zu sagen. Im Moment kaufen die Kunden ganz individuell. Man könnte nicht sagen, welcher Fisch von den Aquarianern gerade bevorzugt wird.

1509873_10200420988127183_1102880518_n
Die Aquarien bilden das Herzstück des Geschäfts

Warum haben Sie eigentlich gerade das Annenviertel als Standort gewählt?

Einer der Hauptgründe ist natürlich, dass das Geschäft schon seit 52 Jahren seinen Standort hier hat. Im Laufe der Zeit hat sich ein fixer Kundenstock aufgebaut, der zum Teil von weit her anreist, um bei mir einzukaufen. Zehn Jahre lang habe ich noch zusätzlich eine Filiale in der Franziskanergasse betrieben. Dort hatte ich eine enorm große Laufkundschaft, doch auch die Mietpreise waren dementsprechend hoch. Ein weiterer Nachteil war, dass die Leute dort auch keine großen Dinge kauften, sondern eher nur Alltägliches wie Katzenstreu oder Vogelfutter. Vor sechs Jahren habe ich die Filiale dort verkauft. Ich hätte dort zwar auch überlebt, aber hier in der Strauchergasse lebe ich besser.

Wie sieht es in der Zukunft aus? Wird es auch die nächsten 50 Jahre noch ein Aquarium Graz im Annenviertel geben?

Das ist schwer zu sagen. Im Moment wüsste ich zwei Personen, die Interesse hätten, es weiterzuführen. Aber ob das so bleibt, bis ich den Laden hergeben möchte, steht noch in den Sternen. Und wenn das Aquarium Graz eine Zukunft haben soll, dann fordert das hohen persönlichen Einsatz. Es macht einen großen Unterschied, ob man, so wie ich, in seiner Mittagspause Aquarienservices erledigt, oder lieber durch die Stadt bummelt.

Und nun als abschließende Frage: Sind sie auch privat ein Aquarianer?

Nicht mehr. Das war dann einfach ein Aquarium zu viel. Ich habe eine Katze.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

[box]Aquarium Graz
Strauchergasse 16
+43 316 714284 [/box]

 

 

19 Jahre jung (oder doch schon alt?) und aus Linz kommt diese Annenpostjournalistin. Sehr kommunikativ (böse Zungen würden sie sogar als zu kommunikativ bezeichnen, gibt’s denn das überhaupt?!), nagellackfetischistisch (300 Stück sind noch lange nicht genug!), Cupcake-Back-Versessen (wer kann denn da schon widerstehen?) und absolut unsportlich (Sport ist bekanntlich Mord). Seit einem Jahr ist sie Wahlgrazerin, und vorausgesetzt sie hätte einen Orientierungssinn, würde sie schon mehr als nur die Elisabethstraße kennen. Andere Länder und Sprachen faszinieren sie, und so heißt reisen für sie mindestens ein Monat (oder wieso nicht gleich ein Jahr?) an einem Platz zu verharren und das fremde Leben kennenlernen. Nächste Destination: Fünfmal um die Welt bitte!

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

sechzehn + zwölf =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Annenstraße neu: Gehen die Geschäfte?

Nächste Geschichte

„Debütanten auf dem Parkett“

Letzter Post in VIERTEL(ER)LEBEN