Christian Müller verwendet das Kunstblut auch für seinen Eigenbedarf.

Kunstblut, Zeitungen und Medizin

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Was haben Medikamente, Tageszeitungen und Theaterblut gemeinsam? Eigentlich nichts. Und doch lässt sich all das unter einem Dach finden – in der Mohrenapotheke am Südtirolerplatz.

Gläser, Tabletten, Salben und Tees stehen herum. Auf den ersten Blick scheint alles wie in einer normalen Apotheke. Lässt man den Blick jedoch schweifen entdeckt man Gefäße mit roter Flüssigkeit. Unweigerlich beginnt man sich zu wundern, warum hier Blut herumsteht. Christian Müller, der Inhaber und Geschäftsführer der Mohrenapotheke verkauft nicht nur Medikamente sondern auch Tageszeitungen und Theaterblut.

Der Apotheker in dritter Generation übernahm 2002 die Mohrenapotheke von seinen Eltern. Bereits sein Großvater war im gleichen Beruf in Niederösterreich tätig, seine Eltern führten das Handwerk ab 1969 in Graz weiter. Die Geschichte des Betriebs geht jedoch viel weiter zurück. Bereits 1711 gründete Johann Baptist Turack die schon damals unter diesem Namen bekannte Apotheke.

Die Mohrenapotheke - von außen eine Apotheke wie jede andere.
Die Mohrenapotheke – von außen eine Apotheke wie jede andere.

Apotheke mit Traditionsnamen

Der Name bringt Christian Müller heute besonderen Ärger. Die Anschuldigungen reichen von Rassismus bis zur Herabwürdigung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe. In Wahrheit ist es gar keine Beleidigung, sondern eine aus dem Sprachgebrauch verschwundene Bezeichnung. „’Mohr‘ ist keine abfällige Bezeichnung, sondern nur ein altes Wort. Es kommt vom Wortstamm ‚Maure‘, was sich wiederum vom Wort Mauretanien ableitet“, erklärt der Apotheker. Apothekennamen könne man laut ihm in drei Gruppen unterteilen: Heilige, Orte und starke Tiere.

Der Mohr als Medizinmann, ein Symbol für Stärke und Weisheit.
Der Mohr als Medizinmann, ein Symbol für Stärke und Weisheit.

Für Müller fällt der Name „Mohrenapotheke“ in die letzte Gruppe. Der Begriff „Mohr“ steht jedoch nicht für ein Tier. Vielmehr war er im 18. und 19. Jahrhundert ein Symbol für Stärke. In dieser Zeit stammten viele Zutaten für Medikamente aus Afrika; das Wort „Mohr“ soll somit eine Assoziation mit diesem Kontinent wecken. Die Plastik über der Apotheke stellt einen Medizinmann dar, ein Symbol für Weisheit und Stärke. Mit diesen Erklärungen versucht er Vorurteile auszuräumen und Anfeindungen zu verhindern. Im deutschen Sprachraum gibt es insgesamt 50 Mohrenapotheken. Die jüngste Umbenennung einer deutschen Mohrenapotheke in Möhrenapotheke findet Christian Müller einfach nur lächerlich.

Nahversorger für den Platz

Die Kombination aus Apotheke und Trafik war ursprünglich nicht geplant. Als der Trafikant gegenüber in Pension ging, sollte sein Geschäft geschlossen werden, da es ohnehin ein Überangebot gab. Somit würde ein wichtiger Nahversorger direkt am Platz wegfallen. Christian Müller wollte dies verhindern, bekam aber keine Konzession für eine herkömmliche Trafik. Allerdings darf er Zeitungen und Fahrkarten verkaufen. „Mir geht es um die Übernahme von Nahversorgeraufgaben damit der Platz weiterhin lebendig bleibt“, so Müller. Außerdem entstanden in den letzten drei Jahren rund um den Platz circa 200 neue Wohnungen, die vor allem von Studenten gerne bewohnt werden. Diese seien auf die Nahversorgung angewiesen. Er selbst baute das Dachgeschoss über Mohrenapotheke aus, sodass sich heute fünf Studentenwohnungen darin befinden.

Medikamente, Zeitungen und Fahrscheine - eine ganz normale Apotheke?
 Medikamente, Zeitungen und Fahrscheine – eine ganz normale Apotheke?

Eine blutige Angelegenheit

Christian Müller erlangte zur Faschingszeit besondere mediale Aufmerksamkeit durch seinen ungewöhnlichen Nebenerwerb – die Herstellung von Kunstblut. Seine eigene Leidenschaft fürs Theater spielt dabei eine große Rolle. Vor ungefähr sieben Jahren stellte er erstmals Kunstblut her, da er es für eigene  schauspielerische Produktionen in größeren Mengen brauchte. Heute hat er eine Vielzahl an Kunden, darunter die Oper Graz, das Theaterzentrum Deutschlandsberg, diverse Berufstheater und auch einige freie Theater. Wie viel er herstellt, ist saisonabhängig. Große Aufträge für einzelne Vorstellungen, die dann schnell 100 Liter der roten Flüssigkeit umfassen, sind dabei keine Seltenheit.

Christian Müller verwendet das Kunstblut auch für seinen Eigenbedarf.
Christian Müller verwendet das Kunstblut auch für seinen Eigenbedarf.

Christian Müller selbst begann vor rund 20 Jahren im Theater Stuhlgang, einer Amateurspielgruppe. Mittlerweile ist er Mitglied der Schaubühne Graz. Die nächste Produktion mit dem Titel „Princip. Dieses Grab ist mir zu klein.“ dreht sich um das Attentat auf Thronfolger Franz-Ferdinand und seiner Gattin im Jahr 1914, das am 9. April 2014 Premiere feiert. Christian Müller führte Regie. Womit er sich neben Apotheker, Trafikant und Kunstblutproduzent schließlich auch Regisseur nennen darf.

von Jessica Braunegger und Pia Unger

 

Was gibt es über mich wohl spannendes zu sagen? Ich liebe Musik, bin begeisterte Hörerin von Radio Steiermark, wenn es die Freizeit zulässt lese ich gerne, bevorzugt Fantasy. Aber auch österreichische Autoren wie Ransmayr oder Hackl dürfen nicht fehlen - und natürlich bin ich Studentin für Journalismus & Public Relations an der FH Joanneum.

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