Sprechen für die Anerkennung

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Durch die negative Haltung der heutigen Gesellschaft gestaltet sich eine vollkommene Integration für Migrantinnen immer schwieriger. Das Frauencafé Palaver am Lendplatz versucht Frauen, unabhängig ihrer Herkunft, die Eingliederung in die Gesellschaft und das Erlernen der deutschen Sprache zu erleichtern.

„Was, heute ist kein Frühstück? Na gut, dann hol ich mir schnell was, besetz‘ du bitte einen Platz für mich.“ Die ältere Dame verschwindet schnell nach draußen in den Regen. Wenige Minuten später ist sie wieder da und begrüßt alle, die inzwischen den Weg in das Frauencafe Palaver am Lendplatz gefunden haben.

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In ungezwungener Atmosphäre bekommen die Migrantinnen die Möglichkeit, ihre Deutschkenntnisse im Gespräch mit Einheimischen zu verbessern.

Nein, heute gibt es kein interkulturelles Frauenfrühstück, das findet Freitags statt. Heute ist Donnerstag, heute findet die Deutsch-Konversation statt. Ungefähr zehn Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft, sitzen rund um einen niedrigen Tisch auf bunten Sofas und unterhalten sich darüber, wie ein Bewerbungsgespräch ablaufen sollte. Viele Frauen hier sind arbeitslos und haben gerade wegen ihrer Herkunft Schwierigkeiten Kontakte zu knüpfen und eine Arbeitsstelle zu finden. Gemeinsam Deutsch zu sprechen soll helfen, die Sprache leichter zu erlernen. Deswegen kommen zu den Deutschkonversationen auch Österreicherinnen, die sich mit den Frauen unterhalten.

„Oft habe ich Angst in meinem Beruf. Angst, etwas falsch zu machen. Angst, ich könnte schlecht behandelt werden und einfach Angst, meinen Job zu verlieren“, sagt eine Dame mit slowenischem Akzent mit Tränen in den Augen. Während sie die anderen Frauen trösten, betritt eine ältere Dame das Frauencafé und wird mit großer Freude begrüßt. Sie umarmt einige ihrer Kolleginnen, ehe sie sich zu uns setzt.

Gertraude Rosenberger rief das Projekt vor vier Jahren ins Leben. Die Pensionistin wollte sich damals ehrenamtlich engagieren und erkannte einen Bedarf, Frauen besser zu integrieren. Die größte Schwierigkeit dabei war es, eine geeignete Lokalität zu finden. Das Projekt zog vom Kunstcafe im Kunsthaus, über „Rotor“ und „ISOP“, schließlich ins Palaver. Hier müssen die Frauen, die kommen, nichts konsumieren und können so lange bleiben, wie sie wollen. Hier können sich Migrantinnen mit deutschsprachigen Freundinnen austauschen. Manchmal lesen sie Geschichten oder erzählen von ihrer Heimat und ihrer Familie. Einmal im Monat kochen sie sogar zusammen. Meistens ein viergängiges, internationales Menü.

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Gertraude Rosenberger würde sich wünschen, dass sich viel mehr Menschen in ihrer Pension ehrenamtlich beschäftigen würden.

„Viele Frauen, die hierher kommen, haben keinen Kontakt zu Österreichern, was es schwierig macht, Deutsch zu lernen“, so Rosenberger. Auch wenn die Pensionistin immer wieder versucht, die Wichtigkeit dieses Projekts in ihrem Bekanntenkreis zu betonen, stößt sie auf wenig Verständnis. Viele sehen nicht ein, warum Rosenberger ihre Pension mit ehrenamtlicher Arbeit verbringt: „Viele sagen ‚Warum tust du das eigentlich? Die sollen doch einfach in einen Kurs gehen, wenn sie Deutsch lernen möchten.´ Es versteht halt niemand, dass es für diese Frauen wichtig ist, Kontakt zu deutschsprachigen Freundinnen zu haben.“ Rosenberger spricht aus Erfahrung. Auch sie war für mehrere Jahre im Ausland und hat selbst erfahren, wie schwierig es ist, Kontakt zu Einheimischen zu knüpfen. Dementsprechend schwer ist es auch, Österreicherinnen für dieses Projekt zu gewinnen. Derzeit nehmen zwei Einheimische regelmäßig an der Konversation teil. Ziel ist es aber natürlich, noch viel mehr deutschsprachige Frauen auf diese Initiative aufmerksam zu machen.

Applaus ertönt aus der Konversationsrunde. Eine junge Frau chinesischer Abstammung nimmt mit einem breiten Lächeln die Glückwünsche ihrer Kolleginnen zur bestandenen Deutschprüfung entgegen, ehe sich die Runde wieder auf die Unterlagen des heutigen Themas konzentriert. Eine junge Österreicherin leitet die Konversation, und erklärt den Frauen, worauf es bei einem Bewerbungsgespräch ankommt. „Mein letztes Bewerbungsgespräch war schrecklich, ich wurde behandelt wie ein Mensch zweiter Klasse“, spricht eine Frau etwas niedergeschlagen über ihre Erfahrungen.

Abawe Hafner, Leiterin des Palaver, ist stolz auf die Zusammenarbeit mit Rosenberger. „Jeder kann kommen und gehen wann er will. Die Teilnahme ist freiwillig und es wird auch nicht nachgefragt, warum jemand eine Konversation ausfallen lässt“, erzählt Hafner. Die Frauen kommen aus aller Welt. Eine Frau kommt aus China, die anderen aus Panama, aus Lettland, aus Mexiko und sehr viele vom Balkan. Viele Frauen haben schwere Schicksalsschläge hinter sich und sind froh, hier ein offenes Ohr dafür zu finden.

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Arbeitslosigkeit ist ein großes Thema in der Frauenrunde. Die Simulation eines Bewerbungsgesprächs soll den Migrantinnen helfen, sich gut zu präsentieren.

Inzwischen haben sich die Frauen zu Zweiergruppen formiert. Eine Deutschsprachige und eine Migrantin geben sich die Hand, setzen sich gegenüber und simulieren ein Bewerbungsgespräch. Auch wenn es den meisten noch sichtlich schwer fällt, fließend Deutsch zu sprechen, sind die österreichischen Frauen darum bemüht, ihren Freundinnen diese Angst zu nehmen. Die Angst, nicht akzeptiert zu werden, die Angst zu versagen, und die Angst, nie ein Teil der österreichischen Gesellschaft zu werden. Dreisprachig wird man von der bunten Frauenrunde verabschiedet, ehe man die gemütliche Wohnzimmeratmosphäre verlässt und wieder draußen am verregneten und hektischen Lendplatz steht.

Von Theresa Hartlauer und Sarah Murlasits

 

Geboren in Österreich. Aufgewachsen in Kenia. Wahlheimat: Teneriffa. Ich reise leidenschaftlich gerne und könnte nicht ohne Musik und Kaffee in den Tag starten. Wenn ich gestresst bin, fange ich an zu backen, was mich vor allem in den Prüfungszeiten bei meinen Kollegen sehr beliebt macht.

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