Neues Rezept für den Griesplatz

Lesezeit: 5 Minuten

Seit über 30 Jahren wird kontinuierlich über Veränderungen am Griesplatz nachgedacht. Bereits in den 1970er Jahren wurde über eine Süd-West-Linie des Grazer Straßenbahnnetzes gesprochen. Daraus wurde bis heute nichts. Spätestens seit der Jahrtausendwende wird über eine Neugestaltung des Griesplatzes debattiert. Auch das blieb bis dato ohne Erfolg. Wird die Causa Griesplatz also zur Neverending Story oder erarbeitet die Stadt doch noch das passende Rezept?

GriesplatzEine der vielen unübersichtlichen Stellen am Griesplatz.

 

Ein Verkehrskonzept als Grundlage

Geht es nach der Grazer Stadtpolitik, soll dieser scheinbar endlosen Debatte ein Ende gemacht werden. Aktuell wird – allerdings nicht zum ersten Mal in der Geschichte – an einem Happy End für den Griesplatz gebastelt. Die Grünen haben per dringlichem Antrag Stadtrat Mario Eustacchio (FPÖ) damit beauftragt, bis Anfang Juli ein Verkehrskonzept für den Verkehrsknotenpunkt westlich der Mur zu erarbeiten. Bis spätestens übermorgen soll Eustacchio seine Pläne einreichen. „Der Antrag hat im Gemeinderat eine massive Mehrheit gefunden. Fast jeder Pendler fährt über den Griesplatz, vom Schönaugürtel bis zum Lazarettgürtel und zur Kärntner Straße. Das muss anders organisiert werden“, erklärt Karl Dreisiebner von den Grazer Grünen. Als Ergebnis wünsche sich Dreisiebner klare Maßnahmen, um den Transitverkehr zu regeln. Ob das aber auch passieren wird, bezweifelt das Gemeinderatsmitglied. Er glaubt nicht daran, dass am 3. Juli ein Konzept von Eustacchio vorliegen wird.

Auch die ÖVP-nahe Initiative „Pro Gries“ stellt sich die Frage, „warum bis dato aus dem Büro des Stadtrates zum Thema Verkehrskonzept Griesplatz nichts zu hören war. Ist das Verkehrskonzept der Grazer FP eine Nummer zu groß oder sind wir als zweitgrößter Grazer Bezirk der FP politisch zu uninteressant? Es bleibt die Hoffnung vor der Sommerpause ein klares Signal aus dem Büro des Verkehrsstadtrates zu hören!“, wird Pro-Gries-Sprecher Franz Pergler auf der offiziellen Facebookseite der Initiative zitiert.

Im Büro von Bürgermeister Siegfried Nagl glaubt man dagegen noch daran, denn immerhin habe Eustacchio zugesagt, das Konzept einzubringen. Christian Köberl (Stadtbaudirektion, -planung, -vermessung) aus dem Bürgermeisterbüro erklärt: „Nur wenn verkehrlich alles klar und geregelt ist, kann man das Umfeld angehen.“ Dem stimmt Simone Reis von der Stadtbaudirektion zu: „Der Verkehr bildet immer die Grundlage, weil davon die Flächen abhängig sind.“ Weil der Griesplatz ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist, sei eine gänzliche Befreiung vom Transit ausgeschlossen.

Eustacchio war aufgrund diverser Termine schwer zu erreichen, weshalb sein Pressesprecher den Hörer abnahm. Trotz längerer Diskussion gab es von der Grazer FP nur ein Statement zu holen: „Fakt ist: Zuerst müssen die Planungen der Südwestplanung d’accord mit der Stadt- und Budgetplanung gebracht werden.“ So richtig einig ist man sich über das (Verkehrs-) Rezept für den Griesplatz also nicht.

Was passiert, wenns passiert

Sollte das Konzept nicht eingebracht werden, müsse man nach dem Warum fragen – „ob fachliche oder terminliche Gründe“ Schuld daran tragen würden, erklärt Köberl. Für Dreisiebner wäre es denkbar, Eustacchio dann das Misstrauen auszusprechen. „Einer, der die Arbeit nicht macht, ist der Falsche am Platz“, spricht Dreisiebner Klartext. Für ihn ist Eustacchio ohnehin nicht der Richtige für dieses Konzept, aber er wurde nun einmal von „ÖVP, SPÖ und der KPÖ zum Verkehrsstadtrat gewählt“.

Griesplatz2Der Griesplatz – Ein Ort, an dem verschiedenste Geschäfte, Lokale und Verkehrsmittel aufeinandertreffen.

 

Die Visionen über das fertige Menü „Griesplatz“ stehen dafür. In Anlehnung an die Umgestaltung von Lendplatz und Annenstraße soll auch der Griesplatz ein neues Gesicht und ein verbessertes Image erhalten. Das bedeutet, „ein Platzgefühl für die Menschen zu schaffen, weil dem Gefühl nach 80 bis 90 Prozent des Griesplatzes vom Verkehr dominiert sind“, so Köberl. Man müsse auf die Bedürfnisse und Wünsche der Anrainer eingehen, sich ihrer Ideen annehmen und den Platz lebensfreundlicher gestalten. „Die Umstrukturierung muss stattfinden“, sagt Köberl bestimmt. Aus diesem Grund werden die Bürger aktiv in die Planung miteingebunden. Die ersten Workshopsitzungen habe es bereits vor zwei Jahren gegeben, erzählt Köberl.

(Wahl-) Zuckerl als Beilage

Richtig, 2012, da war doch was. Vor der Gemeinderatswahl vor zwei Jahren machte Bürgermeister Siegfried Nagl das eine oder andere (Wahl-) Versprechen. Unter anderem sagte er gegenüber der Kleinen Zeitung, dass noch im selben Jahr der Startschuss zum Umbau fallen soll. Am Ende wurde die Thematik wiederum vertagt. „Kein Wahlzuckerl“, meint Köberl, denn der Startschuss sei ja tatsächlich gefallen. Dreisiebner ist da aber anderer Meinung: „In Wahlkampfzeiten werden immer Feststellungen und Versprechungen gemacht.“ Er kritisiert, dass in Sachen Griesplatz nach wie vor kaum etwas passiert ist. 2003 wurde der nördliche Teil des Knotenpunktes neu gestaltet. Eine Aufenthaltsfläche ist damals entstanden, erzählt Simone Reis. Allerdings „wurde nicht mehr gemacht. Eine Tiefgarage war noch in Planung, doch das hat sich im Sand verlaufen“.

Fakt ist, dass Nagl nicht nur Versprechungen rund um den Griesplatz gemacht hat. Auch das Fußballstadion in Liebenau sollte adaptiert werden und einen aufwändigen Stadionvorplatz erhalten. Auch dort gibt es von einer Umsetzung der großen Ankündigung bis heute keine Spur.

Entschleunigung mit der Süd-West-Linie

Um in Gries einen Platz für Menschen zu gestalten, gehört der Ort entschleunigt und dem Verkehr die Dynamik genommen. Dabei helfen soll eine Straßenbahnanbindung, die sogenannte Süd-West-Linie oder Linie 8. Dieses Mysterium geistert schon wesentlich länger durch Graz und tatsächlich haben bis 1957 Schienen über den Griesplatz geführt. „Es gibt die Planung für eine Straßenbahn“, bestätigt Reis. Allerdings sei es eine finanzielle Entscheidung, ob die Süd-West-Linie gebaut wird oder nicht.

Bereits jetzt fix ist ein Architektenwettbewerb, der für den Umbau veranstaltet wird, erzählt Köberl. Wann hängt allerdings von zwei Punkten ab: Zuallererst „müssen die verkehrlichen Rahmenbedingungen am Tisch sein, damit wir wissen, wo beispielsweise Grünflächen Platz haben“, so Köberl. Und zum anderen muss abgeklärt werden, was sich die direkten Anrainer und Bürger vom Umbau erhoffen. Die Annenpost hat sich dem Verkehrstrubel am Griesplatz gestellt und Passanten zur geplanten Umgestaltung befragt.

Wenn Architekten planen

Bei einem Architekten-Wettbewerb würden auch Christoph Gruber und Dieter Aitzetmüller ins Rennen gehen. Die zwei Architektur-Studenten der TU Graz arbeiten aktuell im Rahmen eines Studienprojekts an einem Konzept, das den Griesplatz nicht nur zu einem Platz für Menschen umgestalten würde, sondern auch den Verkehr flächenoptimierend regeln könnte. Utopisch denken die beiden mittlerweile nicht mehr. Nach Ideen, den Straßenverkehr unterirdisch zu regeln, haben die beiden Studenten nun ein Konzept erarbeitet, das vor allem den Verkehr einfacher regeln und den Geschäften mehr Platz vor ihren Standorten gewähren würde. Dabei hielten sich die beiden als Inspiration den Marktplatz am Lendplatz vor Augen, denn besonders die Idee, vor den Geschäften und Lokalen mehr Platz zu schaffen, liegt den beiden Architektur-Studenten am Herzen.

Griesplatz KonzeptDie aktuelle Situation am Griesplatz als Vorlage für die beiden Architektur-Studenten

 

Ihr Entwurf wäre dabei aber nicht nur für die Geschäfte, sondern auch für den Verkehr von Vorteil. „Es ist ein Verkehrsknotenpunkt, der nicht umgangen werden kann. Deshalb muss man auch Kompromisse eingehen“, so Gruber. Besonders kritisch seien die drei verschiedenen Bushaltestellen, die am Griesplatz aufgeteilt sind. „Wenn man diese auf eine größere Haltestelle minimiert, kann man wieder sehr viel Platz gewinnen“, meinen die Studenten. Dabei steht auch die Idee der Wiederherstellung der Straßenbahnlinien im Raum, da die Schienen nach der Stilllegung im Jahre 1957 lediglich mit Asphalt bedeckt wurden, ohne sie zu entfernen.

Somit bleibt die Frage offen, warum zwei Studenten es schaffen, ein einwandfreies Konzept zu erarbeiten, während die Grazer Politik scheinbar seit Jahrzehnten auf der Stelle tritt. Ob bis 3. Juli tatsächlich ein Konzept stehen wird, bleibt noch fraglich. Doch bereits übermorgen wird man wissen, ob das neue Rezept für den Griesplatz bald aufgehen wird oder nicht.

Von Marina Pichler und Katharina Siuka

Im wunderschönen Kremstal aufgewachsen, seit 2010 Wahl-Grazerin und diesen Schritt nie bereut. Journalismus-Studium an der FH erst 2013 begonnen, die Liebe zu dieser Sparte aber schon vor Jahren entdeckt. Bisher heiße Kämpfe mit dem österreichischen Recht ausgetragen, die Affäre mit Strafrecht und Co. wird aber fortgeführt. Seit zwei Jahren Ensamblemitglied bei Sturm12.at, wo die beiden großen Lieben Journalismus und Fußball verbunden werden. Nebenbei noch musikalisch in der Heimat aktiv, glücklicherweise probt die Musikkapelle freitags. Damit geht sich samstags der Kick in Liebenau aus, wo der schwarz-weiße Herzensklub zu Hause ist.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

achtzehn − 15 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Teenager unter sich

Nächste Geschichte

Daheim im Annenviertel

Letzter Post in Allgemein

Eine bärenstarke Saison

Die Gruppenphase der Austrian Division 1, der zweithöchsten Liga des österreichischen Footballs, ging für die Styrian