Der Grazer Musikproduzent SPIN360 alias Alexander Römich zeigte uns auf seinem Longboard die beste Strecke im Annenviertel – die Annenstraße. Wir begleiteten ihn „on the road“ und erfuhren so nebenbei einiges über das Longboarden.
Fotos: Lucas Kundigraber
Nahezu lautlos fährt Alexander Römich uns entgegen – der 23-jährige Grazer ist einer der vielen Longboard-Fahrer in der steirischen Hauptstadt. Seit zehn Jahren fährt er Skateboard, nun seit zwei Monaten Longboard. Das Longboard („Langbrett“) ist ein Vorgänger des Skateboards, und wurde von kalifornischen Surfern, die auf die Idee kamen, Rollen unter ihren Brettern zu montieren, eingeführt. Nach einem anfänglichen Boom geriet diese Sportart zumindest in Europa in Vergessenheit.
Aktuell jedoch ist wieder ein Trend zum Longboarding erkennbar, wie uns auch Alexander erklärt – so sieht man nicht nur im Annenviertel Männer und Frauen eifrig dahinfahren, auch im restlichen Graz wird emsig gecruised. Die Unterschiede zum herkömmlichen Skateboard sind leicht erklärt: „Die Reifen sind beim Longboard größer und weicher, dies erlaubt schnellere Geschwindigkeiten“, so Alex. Das unterscheidet das Longboard vom Skateboard – letzteres ist nämlich durch die härteren Reifen lauter. Weiters ist auch der Nose- und Tail-Bereich (so nennt man das vordere und hintere Ende des Decks) anders als der eines Skateboards, „die sind fast nicht vorhanden beim Longboard. Soll ich noch weiter ins Detail gehen?“ Wir bitten darum. Und so erklärt Alex noch, dass auch die Kugellager bei einem Longboard anders sind als bei einem Skateboard. Nämlich aus qualitativ besserer Keramik. „Deswegen wird das Fahren so richtig ‚g’schmeidig’.“
Dass man mit dem Longboard leiser fährt als mit dem Skateboard, ist nicht immer von Vorteil. „Man muss mehr aufpassen. Die Leute hören dich einfach nicht so wie auf dem Skateboard.“ Das bedeutet, dass man beim Fahren noch umsichtiger sein muss als sonst. Und wo fährt man generell so? „Auf Radwegen zu fahren ist nicht so toll, da es nie so richtig durchgehende Verbindungen gibt. Ich fahre lieber auf Gehsteigen oder auf leeren Straßen.“ Spricht und steigt aufs Board – wir fahren vom Treffpunkt am Hauptbahnhof zur Annenstraße. „Außerdem gilt: je behindertenfreundlicher eine Stadt, desto besser kann man cruisen (herumfahren).“ Macht Sinn – über abgesenkte Gehsteigkanten fährt man mit dem Board einfacher. Sonst heißt es absteigen.
Stürzen gehört dazu. Der schlimmste Sturz mit dem Longboard passierte Alex, da er beim Fahren „zu sehr an das Skateboard dachte.“ Durch eine falsche Gewichtverlagerung beim Überfahren von in der Straße eingelassenen Zugschienen riss er sich sein rechtes Knie und Schienbein auf. „Auch in der Annenstraße bin ich schon geflogen.“ Hierbei fuhr er – langsam, wie er einwirft – den Gehweg hinunter, aufgrund eines Fußgängers vor ihm bewegt er sich an den linken Rand des Gehweges. „Leider registrierte mich der Typ von hinten irgendwie und wollte ausweichen – dabei lief er mir genau in die Spur.“ Alex wurde abgedrängt und fiel unsanft auf die Straße – „Schon lag ich am Boden. Gehört dazu.“
Sind vor Alex mal keine Hindernisse oder erhöhte Gehsteigkanten, so wird er ziemlich schnell. „Das geht ja auch sehr einfach mit dem Longboard. Im Optimalfall schaffe ich sicher 25 km/h – aber das geschieht sehr selten.“ Manchmal sieht man Longboardfahrer, die sich anscheinend bequem von einer Straßenbahn der Holding Graz mitziehen lassen. „Habe ich auch schon gemacht. So bequem ist das aber eigentlich gar nicht – es ist mehr Stress als Gemütlichkeit.“ Zum einen sieht man, am Hinterteil der Bim hängend, nicht welche Unebenheiten der Straße oder mögliche Hindernisse auf einen zukommen, zum anderen sind Kurven mitunter schwierig zu nehmen. „Da hat es mich auch einmal ziemlich aufgepickt“, schmunzelt Alex. Von Polizei oder Ordnungswache aufgehalten wurde er hingegen noch nie – mit dem Longboard. „Mit dem Skateboard öfters, vor allem früher hatte ich da des Öfteren mit der Polizei zu tun.“
Ecke Metahofgasse / Babenbergerstraße findet sich dann ein „Anti-Trio“: Pflastersteine, mit Rillen voneinander abgesetzte Bodenplatten und Blindenstreifen. „Solche Böden bremsen unheimlich beim Fahren.“ Vor allem die Blindenstreifen sind für Boardfahrer oftmals mehr als unangenehm. „Fährt man schräg darüber geht das noch einigermaßen. Probiert man es aber frontal, ist man sehr sturzgefährdet.“ Die Kanaldeckel und Gitter sind beim Longboard-Fahren aber kein Problem. Wir fahren weiter, die Metahofgasse hinunter. Alex entwickelt Tempo. Unten bremst er mit dem linken Fuß ab – er ist ein sogenannter Goofy: So nennt man jene Skateboardfahrer, die beim Fahren den rechten Fuß vorne haben und mit dem linken Fuß pushen (antreiben). Das Gegenteil des „Goofy“ ist der „Regular“ (linker Fuß beim Fahren vorne), der dritte im Bunde ist der sogenannte Mongo-Pusher (hierbei gibt man mit dem vorderen Fuß Schwung und benützt den hinteren als „Führfuß“).
Schließlich stehen wir in der Annenstraße. „Hier ist es herrlich zum Fahren. Der Boden ist so angenehm glatt.“ Außerdem ist die Straße abschüssig, bei einer grünen Welle – und keinen sonstigen Hindernissen – lässt sich die Straße auch in einem Stück befahren. „Die Veranstaltung ‚Asphaltoase‘ war auch sehr nett, da man theoretisch viel Platz zum fahren vorfand. Allerdings musste man wieder auf die vielen Menschen aufpassen“, erzählt Alex, als er über eines der noch sichtbaren Graffitis rollt. Bleibt also nur zu hoffen, dass noch einige schöne Tage im Herbst kommen. Das Fahren bei Regen und bei nasser Straße ist nämlich aufgrund des rutschigen Bodens und der für das Deck nach einiger Zeit tödlichen Nässe nicht zu empfehlen.