Der Kunstverein < rotor > arbeitet in einer Werkstatt an individuellen Karten des Annenviertels. Ziel ist es, den Gries- und Andräplatz sowie den Volksgarten aus anderen Perspektiven zu zeigen und die Erkenntnisse an die Politik heranzutragen.
„Das ist ein über mehrere Monate angelegter Prozess“, erklärt Eva Meran, Projektleiterin bei <rotor> Zentrum für zeitgenössische Kunst. Ein konkretes Ziel der kartografischen Werkstatt, die im Rahmen der Ausstellung „Die Kunst des urbanen Handelns. Nachbarschaft und Expertise“ startete, ist es, es drei Orte im Annenviertel zu untersuchen und zu kartografieren – den Griesplatz, den Andräplatz und den Volksgarten –, um so etwas wie eine alternative Ansicht dieser Orte von „unten“ zu erstellen, eine kollektive Sicht von Bewohnern, Anrainern und Besuchern. „Top-down“, also die Ansicht eines klassischen Stadtplanes, ist nicht Ziel der Werkstatt. Einen ähnlichen Ansatz haben <rotor>, die Agentur En Garde und die FH Joanneum verfolgt, als sie das Projekt „Unser Plan vom Annenviertel“ starteten. Auch die afrikanische Community in Graz hat mit dem AfriGraz-Stadtplan eine solche Karte erstellt. Neben Eva Meran ist etwa auch die Architektin und Künstlerin Daniela Brasil im Projekt engagiert. Es ist aber kein künstlerisches sondern ein interdisziplinäres Forschungsprojekt. Neben Kulturanthropologen, Experten aus Wissenschaft und Kunstschaffenden sind auch Bürger beteiligt. Die Expertenrunde trifft sich regelmäßig im Café des < rotor >, wo auch das Kartografieren stattfindet. Das ganze Projekt läuft bis zum 22. Mai.
Besondere Orte zeigen und Vorurteile brechen
Der monatelange Prozess beginnt mit einer umfassenden Informationssammlung. Die Experten des Projektes versuchen, in den Grazer Archiven möglichst viele Informationen zu den drei Orten zu finden. „ Wir wollen viele historischen Ansichten zu den verschiedenen Plätzen sammeln und eine große Sammlung anlegen“, sagt Eva Meran. Subjektives und emotionales Mapping ist eine weitere Facette des Projektes. In einem Ausstellungsraum des < rotor > gibt es eine Timeline des Andräplatzes. Jeder, der will, kann eigene Markierungen auf der Zeitleiste setzen und die Geschichte des Platzes aus seiner Sicht erweitern. Eine weitere Karte markiert individuelle Orte und Momente. Auch hier steht jedem offen, eigene Einträge beizusteuern. Farbige Punkte stehen für unterschiedliche Ereignisse wie etwa „Hier habe ich jemanden geküsst“ oder „Hier hat mir jemand geholfen“.
Ziel des Projektes ist es auch, mit herkömmlichen Vorstellungen und Vorurteilen über die drei Orte zu brechen. Oftmals bestimmen klischeehafte Medienbilder den Diskurs, entsprechen aber eben nicht ganz der Wirklichkeit. Der Volksgarten wird oft als Ort dargestellt, an dem es häufig zu Konflikten kommt. „Wir versuchen im Rahmen der Kartografischen Werkstatt ‚andere Bilder‘ vom Volksgarten zu sammeln und zu erzeugen.“ meint Eva Meran.
Alternativen und Erkenntnisse liefern
Letztlich versucht die kartografische Werkstatt, auch zu diesen „umstrittenen Orten“ alternative Gestaltungsmöglichkeiten zu sammeln und dann spezielle Erkenntnisse an die Politik heranzutragen. Bis Anfang März wird noch ein Begleitprogramm zum Projekt entwickelt. Außerdem erhofft sich Eva Meran mehr Teilnehmer, damit noch mehr Expertenwissen in das Projekt einfließt.
[box] Die kartografische Werkstatt findet regelmäßig im <rotor> Zentrum für zeitgenössische Kunst statt.
Entwickelt wird das Projekt von: Daniela Brasil, Robin Klengel, Judith Laister, Anton Lederer, Margarethe Makovec, Max Tonsern, Markus Waitschacher[/box]