Der endgültige Renovierungsplan für den St. Andräplatz steht fest und wurde letzten Mittwoch den AnwohnernInnen präsentiert und heiß diskutiert. Die Erneuerung geht damit nach drei Jahren und jeder Menge Streitpunkte in die finale Phase. Ein Vorzeigeprojekt in Sachen BürgerInnenbeteiligung. Start der Arbeiten am Platz ist voraussichtlich im Mai 2015.
Die Diskussionen in der Dreihackengasse 7 werden hitziger. Die rund 30 Besucher des sechsten runden Tisches sind nicht immer einer Meinung. Sei es die Kurzparkzone, der kleine Gemeinschaftsgarten oder das Problem mit dem Hundekot, man zeigt sich uneinig. „Als ich einen Mann höflich gebeten hab’, den Hundehaufen zu entfernen, hat er mich nur angeschnauzt: Vor meinem Hund brauchen Sie keine Angst zu haben, vor mir schon!“, schimpft ein Anrainer. Moderatorin und Polizeimediatorin Michaela Strapatsas wird nicht müde, verständnisvoll zu beruhigen und diplomatisch zu vermitteln: „Sehen Sie doch nicht alles so negativ. Ich war vor drei Jahren auch schon hier, es ist doch so vieles passiert und auch schöner geworden. Sie wissen es doch selber, bitte vergessen Sie das nicht. Es kann nur gemeinsam geschafft werden und es gibt auch keine Alleingänge.“
Tatsächlich ist die Renovierung des St. Andräplatzes ein Vorzeigeprojekt in Sachen BürgerInnenbeteiligung. Um die Probleme am Platz zu lösen, fanden ab Juni 2012 regelmäßig Treffen mit AnrainernInnen und Interessierten statt, ebenso waren Vertreter der Politik, diversen Einrichtungen und Vereinen anwesend. Über 80 Betroffene wurden mit einer Befragung in die Planung miteinbezogen. „Es ist eine Bewegung, eine Entwicklung in der Stadt passiert, dass Bürger und Bürgerinnen vermehrt einbezogen werden“, sagt Michaela Strapatsas. Da ein kompletter Umbau zu teuer war, einigte man sich schließlich auf eine Renovierung. Mit den Arbeiten dazu soll voraussichtlich im Mai 2015 begonnen werden.
Aller Anfang ist schwer
Rückblick in den kleinen Park vor zwei Jahren: Müllberge türmten sich, Hunde liefen frei herum und heimatlose Menschen campierten und parkten ihre Autos. Immer wieder riefen AnrainerInnen die Polizei aufgrund von Lärmbelästigungen, Verschmutzungen oder Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen. Doch nicht nur solche Probleme wurden geäußert, auch die Überfüllung des Platzes und die unwirtlichen Grünanlagen waren Streitpunkte. Die Situation war so angespannt, dass sogar ein Sitzstreik in der Kernstockgasse angedroht wurde, um den Forderungen nach Veränderung mehr Nachdruck zu verleihen.
Als dann der ersehnte Startschuss zur Renovierung des Platzes fiel, zeigten sich die meisten BewohnerInnen optimistisch, aber dennoch skeptisch: „Grundsätzlich ist es sehr positiv zu sehen, dass etwas passiert. Es kommen immer mehr Roma mit ihren Autos, verparken alles und nutzen den Park als Campingplatz. Und das soll und darf nicht sein.“
Nach kurzer Zeit konnten bereits erste Verbesserungen umgesetzt werden. Ein Schranken wurde errichtet, um das Parken am Platz zu verhindern, das Büro der Nachbarschaften übernahm einen großen Teil der Säuberung des Platzes, rief den Gemeinschaftsgarten „Gottesacker“ ins Leben, bot Deutsch-Kurse an und versuchte zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen zu vermitteln. Die Pfarre St. Andrä öffnete weiters ihre Sanitäranalgen und die Zusammenarbeit mit der Exekutive wurde verbessert, um nur einige Punkte der Veränderung zu nennen.
Und wie ist jetzt der Plan?
Es wird langsam spät. Strapatsas bittet die diskutierenden AnrainerInnen um Ruhe. Frau Christine Radl, Referatsleiterin für Grünraum- und Freiraumplanung, fährt damit fort, den Plan des neuen St.Andräplatzes vorzustellen. Trotz ihres vollen Terminkalenders war es ihr ein Anliegen, die AnrainerInnen aus erster Hand zu informieren.
Der Plan selbst wurde unter Einbeziehung der Vorschläge und Anregungen der vorangegangenen Treffen erstellt und beinhaltet neue Bänke und „Bubbles“ für Kinder, den Rückbau von kleinen Asphaltflächen sowie die Installierung von Mistkübeln und Straßenpoller. Um die bei den meisten Anwesenden „verhassten Nächtigungsgäste“ fern zu halten, sollen die neuen Bänke in einer kleinen Ausführung aufgestellt werden, was das Schlafen darauf unmöglich machen soll. Außerdem sollen die Qualität der Rasenflächen erhöht, Blumen gepflanzt und die Hecke regelmäßig gestutzt werden. „Der Dreck muss weg!“, fasst eine Teilnehmerin für sich zusammen.
Doch auch sozial soll sich einiges verbessern. Es soll etwa bei den Jugendlichen, die sich regelmäßig im Park treffen, mit speziellen Partnerprogrammen mehr Bewusstsein für Müllentsorgung geschaffen werden. Hier wird in enger Zusammenarbeit mit dem Büro der Nachbarschaften eine geeignete Umsetzung erarbeitet.
„Es ist nicht möglich, alle einzubeziehen“
„Bei den ersten Treffen waren bis zu 70 Leute, auch Junge und Leute mit Migrationshintergrund. Da haben wir die wirklichen Probleme gelöst. Heute ist das im Vergleich wirklich meckern auf hohem Niveau“, sagt Michaela Strapatsas. Warum beim sechsten runden Tisch so wenig jüngere Leute oder MigrantInnen anzutreffen sind, weiß Christian Sprung vom Büro der Nachbarschaft: „Die Jüngeren nehmen den Platz ganz anders wahr. Für sie sind die Probleme heute dort nicht so drastisch, außerdem haben sie einfach weniger Zeit.“
Das Projekt zur Renovierung des kleinen Parks wird wohl nie alle AnrainerInnen miteinbeziehen können, aber es ist ein Schritt in Richtung mehr BürgerInnenbeteiligung. „Was da hier am Platz passiert, ist einzigartig“, sagt Michaela Strapatsas stolz.
von Iris Dorfegger & Michael Gratzer