Handgemachte Filztaschen, weiße Lackschuhe von Valentino, ein Colthalter aus dunkelbraunem Leder und anderer Krimskrams. „Flohmärkte sind wie eine große Schatztruhe mit lauter bunten Sachen drin. Man muss sich erst mal durch all das Zeug durchwühlen, bis man dann endlich einen Schatz findet.“ So beschreibt eine Besucherin den Rösselmühlpark-Flohmarkt, der vergangenen Samstag stattgefunden hat. Aber wer verkauft eigentlich diese ganzen Schätze? Die Annenpost hat nachgefragt und mit den Leuten hinter den Verkaufsständen gesprochen.
Der Rösselmühlpark-Flohmarkt fand vor der Postgarage statt und ist nicht nur wegen seines familiären Flairs ein ganz besonderer Markt. Wie in einer Familie wird Vertrauen hier sehr groß geschrieben. Es kommt schon mal vor, dass der Verkäufer sagt: „Ich geh schnell mal aufs WC. Wenn ihr was kaufen wollt, legt das Geld einfach in die Schüssel.“ Und tatsächlich, jeder der währenddessen etwas kauft, legt auch das Geld hinein. Man vertraut einander.
Die Sonne scheint und die ersten Frühlingsboten kündigen schon die warme Jahreszeit an. Das perfekte Wetter für einen Flohmarkt. Aber nicht nur die warmen Sonnenstrahlen, sondern auch die Tatsache, dass man keine Standgebühren zahlen muss, locken viele Verkäufer an. Von der Juristin bis zur Schülerin ist alles vertreten. Aber vor allem StudentInnen versuchen auf dem Rösselmühlpark-Flohmarkt, den Staubfängern aus dem Kasten neues Leben einzuhauchen und damit das Geldbörserl wieder zu füllen.
So auch Rita und Julia. Beide studieren Sozialarbeit an der FH JOANNEUM und sind das erste Mal auf einem Flohmarkt, um etwas zu verkaufen. Dass die beiden keine Flohmarkt-Profis sind, erkennt man auch an ihrer Ausstattung. Auf einem Wäscheständer haben sie ihre Kleidung aufgelegt. Fürs nächste Mal sind sie allerdings vorbereitet: „Mit einem besserem Tisch und Stühlen. Und mehr Essen, weil das kommt fast am besten an“, erzählt Julia. Von den Muffins, die die zwei verkaufen, gibt es tatsächlich nur noch wenige, aber dafür ist noch jede Menge Kleidung übrig. „Naja, vielleicht verschenken wir zum Schluss noch was“, überlegen die beiden. Denn eigentlich geht es ihnen ja darum, mehr Platz im Schrank zu schaffen. Das Kleingeld ist nur ein positiver Nebenaspekt.
Weiterverkaufen statt wegwerfen
Viele werfen aus der Mode gekommene Outfits einfach weg. Nicht so Tamara. Sie ist eine begeisterte Flohmarkt-Shopperin und verkauft öfters auch selbst auf unterschiedlichsten Märkten. „Ich möchte nicht immer neues Gewand kaufen, weil’s meist schlecht produziert wird.“ Für Tamara ist es wichtig, dass ihre Kleider möglichst fair produziert sind. Für die Schülerin steht der Umweltaspekt sehr im Vordergrund. „Es ist halt schade, wenn Sachen noch gut beinander sind und die Leute sie dann trotzdem wegschmeißen.“ Oft sei es aber auch mühsam, wenn die BesucherInnen einfach nichts kaufen wollen. „Sie können die Hose auch für 1,50 Euro haben“, sagt Tamara zu einer Frau mit zwei Kindern, als diese die Hose für 3 Euro wieder hinlegt. Und wieder ein Teil weniger auf Tamaras Flohmarktstand.
Eva ist Juristin, derzeit aber im Projektmanagement tätig und eine leidenschaftliche Flohmarkt-Verkäuferin. „Sonst erfahr ich über Freunde von Flohmärkten, aber diesmal habe ich’s auf Facebook gelesen. Und dann hab ich mir gedacht: Schau ma her, probier ma‘s aus.“Eva kauft auch sehr gern selbst auf Flohmärkten ein. Damit will sie „der Wegwerfgesellschaft, in der wir heutzutage leben“, entfliehen. Für sie macht das Handeln und das Neuentdecken einfacher Sachen den Reiz auf Flohmärkten aus. „Ich find´s einfach schön, Dinge für mich neu zu entdecken.“
Von High-Heels bis zum Cowboy-Hut
Für manche ist es eine einmalige Erfahrung, für andere schon fast ein Beruf. Von High-Heels bis hin zu kuriosen Outfits wird alles verkauft. So steht hinter einem Stand mit lauter Cowboy-Artikeln eine hübsche Französin. Sie geht regelmäßig auf Flohmärkte, um mit ihrem Freund die Hüte, Gürtel und Colthalter an den Cowboy bzw. an das Cowgirl zu bringen. „Woher sie die ganzen Sachen hat?“ Fragend blickt sie zuerst zu ihrem Partner, dann geheimnisvoll zu uns: Das sei eine zu persönliche Frage. „Man muss schon das Gefühl haben, dass man dem Verkäufer trauen kann“, spricht eine Schnäppchenjägerin ihre Bedenken aus. Wenn das nicht der Fall sei, kaufe sie auch nichts.
Und so wechseln im Laufe des Tages viele Holzarmreifen, bunte Sommerhosen und braune Cowboy-Hüte ihren Besitzer. Denn obgleich manches schon etwas älter ist, sei es „immer noch besser als alles wegzuschmeißen“, sagt ein Besucher des Rösselmühlpark-Flohmarktes.