5 Fragen an Ali Özbaş

Lesezeit: 2 Minuten

Der gebürtige Kurde Ali Özbaş (35) arbeitet seit 15 Jahren im Sozial- und Kulturbereich und bezeichnet sich selbstironisch als „Bergtürke“. Als Leiter des Vereins zur Förderung von Jugend, Kultur und Sport (JUKUS) und Initiator der Ausstellung „50 Jahre Gastarbeit in Österreich“ sorgt er immer wieder für Akzente im Annenviertel. Dieses Jahr plant er u.a. einen Plakatwettbewerb zum Thema Feminismus sowie ein iranisch-türkisches-Filmfestival im Annenhof-Kino.

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Ali Özbaş spricht über Kriege, sein zweites Wohnzimmer uvm.


1. Warum engagierst Du Dich im Annenviertel?

Ali Özbaş: Das Annenviertel ist für mich mein zweites Wohnzimmer, denn ich verbringe arbeitsbedingt mehr Zeit hier als Zuhause. Seit 23 Jahren bin ich jetzt in Graz und das Annenviertel ist immer mein Arbeits- und Lebensmittelpunkt gewesen, sogar in die Schule bin ich hier gegangen. Man kennt alle, alle kennen dich – das ist ein ganz besonders soziales und kulturelles Netzwerk hier.


2. Was gefällt Dir nicht im Annenviertel und sollte sich ändern?

Ali Özbaş: Ich erinnere mich, dass die Annenstraße in den 90er-Jahren eine der lebendigsten Straßen von Graz war. Inzwischen hat sich viel verändert. Die Annenstraße ist jetzt multikultureller und interaktiver, aber auch ruhiger geworden – keine Durchzugsstraße mehr, was auch an den Einkaufszentren am Stadtrand liegt. Die Annenstraße sollte autofrei und zu einer Fußgängerzone werden. Aber das allein reicht nicht: Es müssen auch kulturelle Angebote geschaffen werden, zum Beispiel Straßenkunst. Der Stadtteil sollte mit künstlerischem Aktivismus verkuppelt werden.

3. Wie viele aus dem Annenviertel sind in den Krieg nach Syrien gezogen?

Ali Özbaş: Während meiner Arbeit habe ich zwei Jugendliche aus der türkischen Community kennengelernt, die in den Krieg nach Syrien gegangen sind. Einer von ihnen ist zuerst kriminell geworden und dann in Syrien gestorben. Und dann gibt es noch einige Tschetschenen, die in den Krieg gezogen sind, das sind hauptsächlich die Perspektivenlosen, die glauben, keine Zukunft zu haben. Jugendliche aus Bosnien oder Tschetschenien haben den Krieg in der Heimat selbst nicht mehr miterlebt und glauben jetzt mit einer Kalaschnikow Kraft und Macht zu haben.

4. Wie würdest Du den Ukraine-Konflikt lösen?

Ali Özbaş: Die Völker, die dort leben, sollen selbst entscheiden, nicht das Militär oder die Politik. Weder Russland noch die NATO sollten sich einmischen. Es fehlt die Toleranz, stattdessen wird immer nur mit den Ängsten der Menschen gespielt, auch im Yemen. Laut einer schwedischen Studie hat es 2014 die meisten kriegerischen Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg gegeben – und das ist eine schreckliche Prognose für die Zukunft, weil die regionalen Konflikte global werden.

5.  Wird es einmal einen österreichischen Minister mit türkischem Nachnamen geben?

Ali Özbaş: Irgendwann wird es das geben, vielleicht ohne türkischen Nachnamen, aber mit Migrationshintergrund bestimmt. Bohrt man beim Nachnamen etwas nach, dann stößt man bei vielen Österreichern auf einen Migrationshintergrund. Aber ob jemand ein guter Politiker ist, hängt nicht von der Abstammung ab. Politik ist leider immer noch zu sehr an Parteien gebunden.

[box]Der Beitrag ist in Kooperation mit der Tageszeitung „Kleine Zeitung“ entstanden und als Kurzversion in ihrer Print- und Online-Ausgabe erschienen.[/box]

Der „echte Steirer“ René Jo. Laglstorfer (Rejola) aus Steyr in Oberösterreich reist am liebsten durch die Welt und spricht fünf Sprachen. Er ist genauso umgänglich wie neugierig – die idealen Voraussetzungen um später als Allround-Journalist Fuß zu fassen.
www.presse-buero.info (Rejola)

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