Parties gegen Berührungsängste

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Mit dem Bohemian Soul in der Dreihackengasse  gibt es einen neuen Ort für hippe Ideen, interkulturelles Plaudern und Basteln. Hier realisieren drei Pionierinnen ihre Vorstellung von einer vernetzen Welt.
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„Du wirst es kaum glauben, aber manche Menschen kommen zu mir und sagen danke, hier habe ich wirklich coole Menschen kennengelernt!“ – Yuno

Nachdem man den langen kahlen Gang durchquert und die metallene Eingangstür passiert hat, glaubt man beim ersten Besuch im Bohemian Soul, eine geheime Galerie entdeckt zu haben. Ein großer, warmer Raum mit bunt zusammengewürfelten Möbeln, verspielter Kunst und Regalen voller selbstgemachter Tassen, Teller und Becherwärmer. Davor steht Yuno  Khripunova, Mitarbeiterin von BS. „Die Menschen kommen herein und sagen, es ist hier wie Zuhause“, meint die gebürtige Russin stolz. Auf der anderen Seite des Raumes steht Sandra, helfende Hand für Küche und Bar, und bereitet die Kochzutaten für die heutige „Do-it-yourself Night“ vor.

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Kleben, schneiden, malen, nähen -erinnert ein wenig an den Werkunterricht in der Schule.

Der DIY- Trend  lockt heute alle an, die sich Zeit nehmen, und statt der Kreditkarte lieber Schere, Pinsel und Klebstoff in die Hand nehmen wollen, um das eigene Heim zu verschönern. Was man sich unter so einem Abend vorstellen kann? Jeder, der Lust hat, kann der Kreativität freien Lauf lassen. Wer es mit der Handarbeit nicht so hat, darf den Kochlöffel schwingen und neue Gerichte ausprobieren. Danach können die SelbermacherInnen oder SelberköchInnen noch bei einem Gläschen und dem vorher zubereiteten Essen den Abend ausklingen lassen. Kunterbunt wie die Bastelein, die heute noch entstehen, sind auch die BesucherInnen.
Der Grundgedanke ist, neben der Vermittlung von Nachhaltigkeit, auch der interkulturelle Austausch – „Talenttauschbörse“, wie Yuno sagt. Estnische Twenty- Somethings unterhalten sich mit einem russischen Senioren über Kunst, die indische Austauschstudentin lernt von der österreichischen Hausfrau Lavendelkissen nähen und so ganz nebenbei entstehen so etwas wie globale Cliquen.

Von Ost nach West und Nord nach Süd

Die ersten TüftlerInnen treffen ein, gesprochen wird Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. In einer Ecke wird gekocht, in der anderen gebastelt, der Yogaraum wird heute von der International Womans Association genützt, um über Geschlechtergleichheit und Sexismus zu diskutieren. Gleichzeitig findet noch ein Sprachkurs statt. Die Location dient fast jeden Tag einem anderen Zweck. „Es ist wirklich wahnsinnig viel los. Wir machen zurzeit verschiedenste Events, um unsere Vision zu erfüllen“, sagt Yuno, die für das Marketing im Bohemian Soul verantwortlich ist. Neben Sprach-, Yoga- und Tanzkursen gibt es auch Themenabende, in denen Geographieunterricht der etwas anderen Art stattfindet. So lernen Neugierige Portugal durch Tanz, Japan über Origami, oder Brasilien durch Capoeira kennen. Dann gibt es noch eine „Tanzbar“, bei der HobbytänzerInnen von Profis lernen können (oder auch umgekehrt) und das sehr beliebte Potluck-Dinner: Hier bringt jeder ein anderes Gericht mit und das Los entscheidet, wer am Ende was essen darf. Von Fertigpizza bis zum Fünf- Gänge-Menü sei  schon alles dabei gewesen. Heute gibt es österreichische Küche, bei der Knödel und Apfelstrudel nicht fehlen dürfen, wenn es nach Debbie Adams, der dritten Frau hinter BS geht.

„Gries ist sowieso der neue Lend“

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Organisatorinnen Yuno und Debbie und Küchenfee Sandra (v.l.n.r.) Nebenbei geben Yuno und Debbie Sprachkurse, so können viele Events finanziert werden.

Angefangen hat alles, wie könnte es auch anders sein, mit einer Romanze. Als Debbie sich in einen Österreicher verliebt hatte, zog sie ohne zu zögern nach Graz. Doch die ehemalige Lehrerin bekam hier keine Akkreditierung. Nach langer Jobsuche traf Debbie auf Sabine Eichler, die bei einer Sprachschule arbeitete und ihr gleich eine Stelle gab. Aus der Idee der Freigeister, Debbies Community Kaffee aus Melbourne in Graz neu aufzubauen, entstand das BS. Als Yuno wenig später begann neben den beiden zu unterrichten, wurden sie auf die einfallsreiche Designexpertin aufmerksam. Sie war sofort mit an Bord. Der gemeinsame Traum: Ein Lokal, bei dem Interessierte aus der Community Teilhaber sein können. Dabei denken sie auch an AsylwerberInnen, die keine Arbeitserlaubnis bekommen und so das Gefühl haben können, etwas beizutragen. Vor einem Jahr haben die drei das Bohemian Soul in einer leerstehenden Lagerhalle aus dem Nichts gestampft. „Viele haben uns gefragt, ob wir wahnsinnig sind, so ein Zentrum aufzubauen – und dann auch noch in dieser Gegend! Aber hier sind wir viel freier zu tun, was wir wollen“, meint die Wahl-Grazerin Debbie. „Außerdem ist Gries sowieso der neue Lend“,  fügt Yuno hinzu. Das Café soll auch ein Statement gegen Klischees sein, die es vom Bezirk Gries gibt,  und zeigen, dass die Kulturenvielfalt nicht immer mit negativen Schlagzeilen verbunden sein muss.
Labelt man die drei als Power-Frauen, reagieren die Jungunternehmerinnen bescheiden. „Wir haben schon auch unsere Boys, die uns helfen und können immer auf Freiwillige zählen.“ Für den Winter haben sich die Kreativköpfe viel vorgenommen: Der „Grieskindlmarkt“ und die „Griesgalerie“, bei der (noch) unbekannte KünstlerInnen mitwirken und sich in wöchentlichen Challenges, wie Schwarzweißmalerei, austoben dürfen.

 

[box] Bohemian Soul: https://www.facebook.com/bohemiansoulgraz/
Do-it-yourself Nights jeden Donnerstag bis 17. Dezember
https://www.facebook.com/events/1005960362788383/[/box]

Schlechtwitzmeisterin, Quasselstrippe, mag gute Schwarzweißfilme und liebt lange Nachtspaziergänge- am meisten im Annenviertel.

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