Ihre Kunst ging um die Welt

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„Folge keinem Trend, male nach deinen Gefühlen und male viel.“ Soshana, eine österreichische Künstlerin und Reisende, befolgte Picassos Rat. 120 ihrer über 5000 Bilder sind nun in der gallery lendnine zu sehen.

Auch nach der Ausstellung werden noch einige Bilder der Künstlerin in der Galerie zu sehen sein. Foto: K. Brunner

Eine Figur aus zarten, kohlschwarzen Pinselstrichen. Eine Leinwand betitelt mit einem einzigen Wort: „Alone“. Gesichter über Gesichter mit starren Blicken, in Öl gebannt – die sogenannten „Self-Portraits“. Nur wenige Schritte davon entfernt  eine Landschaft in Mexiko. Die Farben leuchten. Intensives Gelb, Orange. Amos Schüller fährt mit seiner Hand über ein Bild: „Fühlen Sie mal, das ist alles auf Sand.“ Woher genau der Sand  stammt, ist ungewiss – ob aus Sri Lanka oder doch Tahiti. Es waren jedenfalls fünf Kilogramm Sand, die seine Mutter Soshana von einer Reise mitbrachte und auf ihren Kunstwerken verarbeitete.

Ein verwirklichter Kindheitstraum
1927 in Wien geboren, begann Susanne Schüller, die sich später Soshana nennen sollte, schon als junges Mädchen zu malen. Auf die Frage, was sie einmal werden wolle, wenn sie groß sei, gab sie als Antwort: „Ich will reisen und malen.“  Und das tat sie auch. Soshana bereiste die Welt, lebte auf fast jedem Stückchen Erde und ist heute weltweit für ihre Kunst bekannt. Gereist ist sie immer und überallhin allein. „Sie war dadurch flexibler, konnte sich immer bewegen, lernte andere Leute kennen“, erzählt Amos Schüller, der 1946 in New York geboren wurde, aber in Wien, unter der Obhut seines Großvaters, aufwuchs.

1954 fertigte Picasso ein Portrait von Soshana an. Eine Kopie davon gibt es in der Galerie. Foto: K. Brunner

Auf ihren Reisen lernte Soshana zahlreiche Persönlichkeiten und  Größen aus der Kunst kennen. Neben Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir und Alberto Giacometti zählte auch Pablo Picasso zu ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Amos Schüller besuchte sie immer wieder in Paris und kann sich auch noch gut an den Nachmittag am Strand mit Picasso und dessen Familie in Südfrankreich erinnern. „Man sagt ja, seine Augen sind so schwarz wie Kohlen – das stimmt, das war wirklich so.“ Und Picasso war es auch, der zu Soshana sagte, sie solle die Akademie vergessen, keinen Trends folgen, sondern malen, was sie fühle.

Flucht und Zuflucht
Verzweiflung, Einsamkeit, besondere Begegnungen – alles brachte Soshana zu Leinwand oder zu Papier. Neben den Bildern gibt es tausende handgeschriebene Seiten von ihr, alle in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt. Amos Schüller steuert auf ein Bild zu. Zwei schwarze Türme, eine Explosion. „Das hier ist 9/11.“ Soshana scheute sich nicht davor, Gewalt, Krieg und politische Ereignisse darzustellen. Oft gingen ihr solche Geschehnisse sehr nah. Zuflucht fand sie dann in ihrer Kunst. Auch die derzeitige Flüchtlingssituation berührt Soshana sehr. „Sie macht sich Sorgen. Sie war ja selbst ein Flüchtling“, sagt Amos, als er auf eines der Bilder zeigt, die in Mexiko entstanden sind. Mexiko ist ein Land, das sie besonders gerne mochte. Damals, in den 1960er Jahren, war es ein Refugium für viele KünstlerInnen.

Soshanas Flucht lag zu dieser Zeit schon eine Weile zurück. Es war 1938, mit dem Anschluss Österreichs an Deutschland, als die 11-Jährige mit ihrer Familie flüchten musste, weil sie Juden waren. Nach Aufenthalten in der Schweiz, Frankreich und England kam sie nach New York. Dort lernte sie den Maler Beys Afroyim kennen, mit dem sie als 17-Jährige durch Amerika reiste, Sohn Amos bekam, und fünf Jahre lang verheiratet war. „Mein Vater hat ihr ihren Künstlernamen gegeben“, erzählt Amos Schüller. Schon seit ihrer ersten großen Ausstellung in Havanna (1948) trägt sie nun den Namen, der „Lilie“ und „Rose“ bedeutet. Auch nach der Scheidung setzte sie als Künstlerin „Soshana“ ihre Reisen fort.

Amos Schüller organisiert weltweit Ausstellungen von Soshanas Bildern. Foto: K. Brunner

Die Unmöglichkeit Soshanas Werke einzuordnen
Ölfarben, Wasserfarben, Tusche, Leinwände, Reispapier. Hell, dunkel, realistisch, abstrakt. Bilder von 1943 bis 2011, dicht nebeneinander an die Wände gehängt, auf den Boden gestellt und angelehnt, chronologisch unsortiert. Die Bilder lassen sich einfach nicht zuordnen, (fast) kein Stil lässt sich in eine bestimmte Schaffensperiode stecken. Bis 1956 malte Soshana noch realistisch, dann abwechselnd, eigenwillig und neu. Sie ließ auch die japanische und chinesische Kalligraphie in ihre Arbeiten einfließen. Manche Bilder sind ähnlich, obwohl Jahrzehnte dazwischen liegen.

„Ich habe vor drei, vier Jahren einen ganzen Stapel Reispapier aus den Jahren 1958 bis 1960 gefunden und es ihr gebracht. Sie hat sofort zu malen begonnen – genau den gleichen Stil – man konnte nicht wissen, was aus welchem Jahr ist“, erinnert sich Amos Schüller.

Helmi Mubarak, der sich Soshanas Kunst in seine gallery lendnine holte, will in der Ausstellung so viele Eindrücke wie möglich aus dem Leben der Künstlerin präsentieren. Er selbst ist schon seit langem von Soshana beeindruckt: „In ihren Arbeiten spiegelt sich die charismatische Persönlichkeit der Künstlerin wider. Ihr bewegtes Leben, all ihre Eindrücke und Emotionen sind in ihren Bildern zu finden.“ Heute lebt Soshana in Wien in einem Pflegeheim, reist aus gesundheitlichen Gründen jedoch nicht mehr.

[box]Sonderausstellung “Soshana”
von 17.10. bis 28.11.2015

gallery lendnine
Lendkai 9, 8020 Graz
www.lendnine.at | info@lendnine.at
Dienstag bis Samstag, 12.00 bis 19.00 Uhr geöffnet [/box]

 

Vertieft in die Medienwelt. Verrückt nach Musik. Mag Sprachen und Reisen. Bevorzugt Vegetarisches und liebt Kaffee.

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