„Die Opernredoute ist ein Dreck dagegen“

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Zweite Station: der „gloBall“ der Pfarre St. Andrä. Wir kreuzten die Annenstraße, begaben uns in die Gefilde des Gries und verirrten uns beim Um-die-Kirche-Irren. Wie bei einem illegalen Underground-Club gibt es weder einen Wegweiser zum Pfarrsaal, noch ein Türschild. „Members only“ sozusagen. Eine nette Dame zeigt uns den Eingang, wir bekommen ein Pickerl mit dem Ball-Logo auf die Brust gedrückt und müssen auch gleich ein Schnapserl kippen. Auf nüchternen Magen. Ob das gut war oder nicht, wird sich noch herausstellen, sympathisch ist sie auf jeden Fall schon einmal, diese Veranstaltung.

Die DebütantInnen der Pfarre St. Andrä.
Die DebütantInnen der Pfarre St. Andrä.

Gerade rechtzeitig zur Polonaise der St. Andrä-Jugend schleichen wir uns in den Ballsaal. Es sieht aus wie in einem schwedischen Landhaus aus weißen Holzbalken. Flaggen der meisten Länder dieser Welt sind gleich neben Landkarten auf den Wänden drapiert und kleine „Globälle“ zieren die Tische. Gleich hinter uns ziehen acht Jugendliche mit echten Kerzen in den Händen zum „Vater Unser“ auf Swahili ein. Weltmusik weicht weichen Walzerklängen und ich bekomme eine Gänsehaut. Weil eigentlich absolut nichts Spektakuläres passiert und das den Moment so schön macht. Sechs Mädchen und zwei Burschen mit unterschiedlichen Hautfarben tanzen in Paaren Walzer.

Mit den Worten „Also da is’ die Polonaise der Opernredoute ein Dreck dagegen!“, begrüßt Hermann Glettler dann die Ballbesucher. Für ihn ist es vermutlich der letzte gloBall als Andrä-Pfarrer, im Herbst wird er bei Bischof Wilhelm Krautwaschl sein neues Amt als Bischofsvikar für Caritas und neue missionarische Aufgabenstellungen antreten. Heute gibt es tosenden Applaus für ihn. Dass der Pfarrer an diesem Abend mit einer grellbunt gehäkelten Gesichtsmaske auftritt, die an Pussy Riot erinnert oder einen aztekischen Vogelgott, stört hier niemanden. Und dass er selbst schon drei potentielle Nachfolger für seinen Job gecastet hat und diese nun im Spaß auf der Bühne präsentiert, nimmt der Situation ein wenig die Spannung. Mit einem Schlag sind alle Plätze leer. Der Ball ist offiziell eröffnet und die Tanzfläche gestopft voll.

Wenn die Welt ein Dorf wäre, und dann gäbe es ein Dorffest, wäre dieses Fest genauso wie der gloBall der Pfarre St. Andrä. Eine Oma tanzt mit einer anderen Oma wie unterm Christbaum, zwei Freunde der Familie probieren mit konzentrierten Gesichtsausdrücken die hochkomplexen Cha-Cha-Cha Schrittfolgen, die sie vergangene Woche im Tanzkurs gelernt haben. Der Dorfmusikant steht mit seiner Fidel hinterm Mischpult und liebt es, krass das Genre zu wechseln. Die Beine der Buffettische machen Löcher in den Boden.

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Das internationale Buffet ist genauso bunt wie die Gäste.

Wir fühlen uns hier wirklich wohl, nicht nur weil es gutes Essen gibt. Die Bim Richtung Volkshaus dürfen wir aber auf keinen Fall verpassen.

Und ihr auch nicht. Da geht’s weiter.

Und hier waren wir davor.

Ist permanent auf der Suche nach einem wilden Abenteuer und immer unterwegs - und zwar dort, wo die Post abgeht. Das Wort "Ruhe" kennt sie praktisch nicht. Steht auf Alliterationen und Äpfel.

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