Rote Ampeln, lange Kolonnen und wenige Parkplätze sind wie Bremsen für AutofahrerInnen. Kann man im Annenviertel mit dem Highspeed-Verkehrsmittel punkten?
Der schwarze Schlüssel ist griffbereit, das dazugehörige Auto weniger. Im Gegensatz zu meiner Konkurrenz, muss ich noch einige Schritte zurücklegen, um wirklich das RACE zu starten. Das RACE soll zeigen, auf welche Art man besonders schnell, sicher und bequem durch das Annenviertel kommt. Um 12:50 geht es los. Ich eile zu meinem Fahrzeug. Es ist jenes mit der größten Höchstgeschwindigkeit. Aber machen im Annenviertel wirklich die PS das Rennen?
Während alle anderen schon die Kreuzung am Europaplatz passiert haben, manövriere ich erst mein Fahrzeug aus der engen Parklücke neben dem Hauptbahnhof. Noch keine 200 Meter habe ich zurückgelegt, empfängt mich die erste rote Ampel – Stillstand. Weitere 100 Meter später stehe ich schon wieder bei Rot. Erst jetzt bin ich bei der großen Europaplatzkreuzung. Nach dem Abbiegen in die Keplerstraße kann man dann zum ersten Mal in den dritten Gang schalten. Das gewisse Gefühl vom „Fahren“ kommt nun endlich auf. Die nächste ampelgeregelte Kreuzung, der Marienplatz, ist aber auf meiner Seite, es ist aber nur ein kurzer Zwischenstop – praktisch, da man hier auch längere Wartezeiten gewohnt ist.
Bergab gemütlich ausrollen lassen kann ich mein Auto aber nur kurz. Im Bereich der Neuen Mittelschule Graz-Kepler herrscht die Dreißiger-Zone. Direkt gegenüber der Schule passiere ich den ersten Gefahrenpunkt meiner Route. Bei der Kreuzung Keplerstraße und der Seitengasse Sigmundstadl müssen sich die Autolenker bis auf die Keplerstraße vortasten, um gute Aussicht zu haben. Da kracht es auch hin und wieder.
Krachen tut es steiermarkweit übrigens häufig, im Jahr 2014 ganze 4.333 Mal. Zwar gehen die Unfallzahlen zurück, jedoch kommen in der Steiermark im Schnitt noch immer rund 40 Menschen jährlich bei Unfällen mit PKW ums Leben.
Jedoch ist und bleibt Graz auch eine Autostadt. Da sich die Fahrzeiten aufgrund der kurzen Wege in Grenzen halten, steigt die Anzahl der Personen, die ein Auto benützen. Weiterer Grund das Auto zu nehmen sind die Spritpreise in Österreich, welche im Jahr 2015 um zehn bis fünfzehn Prozent gesunken sind. Seit den 80er Jahren hat in Graz das Auto den größten Zuwachs der Gesamtzeit in Verkehrsmitteln.
Der Lendplatz ist schon in Sichtweite, doch ich komme in der Kolonne wieder zum Stehen. Es ist abermals eine rote Ampel, die mich an der Weiterfahrt hindert. Entgegen meiner geplanten Tour muss ich links abbiegen, um vor dem Café Chaplin im Parkverbot das Auto abstellen zu können, da die Zonenparkplätze weiter vorne allesamt belegt sind. Ladetätigkeit ist allerdings im Parkverbot erlaubt.
Turbulent geht es hier am Lendplatz immer zu. Neben vielen Geschäften und Marktständen ist es besonders der Verkehr, der den Platz zu einem bekannten Gefahrenpunkt macht. Jedoch deklariert ihn Peter Kostka von der Abteilung für Verkehrsplanung als „keinen außergewöhnlichen Unfallpunkt, da bei höherem Verkehrsaufkommen logischerweise auch die Unfallgefahr zunimmt. Mehr Arbeit wird seitens des Amtes hingegen in die Planung von Maßnahmen an der Kreuzung Keplerstraße und Babenbergerstraße investiert.“
Mitten am Lendplatz knipse ich bei Station eins, der roten Infosäule, das Pflichtfoto. Zurück im Auto, dauert es fast eine halbe Minute, bis man mich in den Verkehr einordnen lässt. Am Weg über den Lendplatz muss ich dann weitere zwei Mal wegen Rot anhalten.
Die nächste Pflichtstation ist der Obst und Gemüsemarkt Elvan Market gegenüber des Roseggerhauses. Durch die Volksgartenstraße komme ich recht schnell. Kurze Freude taucht dann auf, wenn man sich vor dem Elvan Market befindet, doch leider ist in der Annenstraße weit und breit kein Parkplatz. Auf der Jagd nach einer Parklücke werde ich in der Dominikanergasse sofort fündig. Für die 180 Meter zum Geschäft muss ich dann wieder meine Füße benützen.
Beim Obst- und Gemüseladen entscheide ich mich dann für die frischen Erdbeeren aus Italien, die mir schon vor der Tür präsentiert werden. Ich packe eine Schale in ein kleines Plastiksäckchen und gehe zur Kassa. Leider kommen noch zwei Kunden vor mir an die Reihe – wertvolle Sekunden vergehen. Der Weg zum Auto zurück wird anschließend gelaufen. Die verlorene Zeit muss ja wieder eingeholt werden, vielleicht liege ich ja vorne.
Mein Parkplatz in der Dominikanergasse war ein Blaue-Zone-Parkplatz – gratis Parkmöglichkeiten gibt es in der Innenstadt quasi keine. Hätte ich einen umfangreicheren Obstkauf getätigt, wäre eine Investition in ein Parkticket um mindestens 0,90 € unumgänglich geworden. Dann wäre der Einkauf noch mit Mehrkosten verbunden gewesen.
Über die Pflastersteine in der Dominikanergasse geht die Fahrt leicht unruhig weiter. An der Sankt Andrä Kirche vorbei geht es weiter auf die Elisabethinergasse. Weit kann das Ziel, der Griesplatz, nicht mehr sein, die zwei Pflichtstationen liegen bereits hinter mir. Jedoch bremst mich eine weitere vielbefahrene Kreuzung etwas aus, jene neben dem Rösselmühlpark. In der Rösselmühlgasse geht es dann auf die letzten Meter meiner Route mit einer Länge von insgesamt 3,1 Kilometer. Im flüssigen Verkehr gelange ich dann auch zum Ziel am Griesplatz. „Im Rahmen der Neugestaltung des Platzes in nächster Zeit werden dort auch einige einfache verkehrstechnische Markierungsmaßnahmen getroffen werden“, sagt Peter Kostka.
Direkt hinter der kleinen Trafik finde ich Glückspilz sofort einen Parkplatz für mein Fahrzeug. Mit Fotos und Erdbeeren bewaffnet begebe ich mich zum Ziel. Mein benzingetränktes Ego will nur eines, den Sieg. Aber war ich der erste im Ziel?
Bis ins Ziel dauerte die Fahrt 24 Minuten. Meine Befürchtung, bei vielen Rotphasen von Ampeln zum Stehen zu kommen, bewahrheitete sich schnell. Jedoch hätte der Verkehr aufgrund der Uhrzeit kaum besser sein können. Im Berufsverkehr nach 16 Uhr hätte ich wohl einige Minuten länger im Stau verbracht.
Die ganze Story „Race durchs Annenviertel“ findest du HIER.