Lass dich nicht pflanzen!

ca. 1 Minute Lesezeit
Brigitte aus Wetzelsdorf freut sich, hier zu sein, obwohl sie sich auch ein wenig nach ihrem Besitzer sehnt. Erst in ein paar Tagen darf sie wieder nach Hause. Brigitte ist ein Bonsai. Als Teil der Rauminstallation „Garden State“ des Künstlerkollektivs Mamaza holt sie im Orpheum bis Montag das Draußen nach drinnen.
_mg_7803

Zusammen mit über 300 Topfpflanzen, zur Verfügung gestellt von GrazerInnen, ist Brigitte dieser Tage Teil eines temporären Dschungels. Wer den Garden State betritt, taucht in eine andere Welt ein. Vogelgezwitscher, Regenprassel und gedämpftes Kunstlicht, das sich im Laufe des Tages verändert, erschaffen mitten im Orpheum ein einladendes, grünes Paradies. Bücher, Kissen, Teppiche und versteckte Nischen geben Raum zum Entspannen zwischen Palmen, Basilikum, Weihrauch und Geranien. Tagsüber und abends können die BesucherInnen Yoga machen, Konzerte und Workshops besuchen. Am Wochenende findet hier die Konferenz des steirischen herbst statt.

Das Künstlerkollektiv Mamaza will mit seinem Gartenstaat einen sozialen Platz schaffen, der Menschen Freiraum bieten soll, erklärt Fabrice Mazilah, künstleirscher Leiter und Choreograf der Frankfurter Gruppe. So wie sich Mazilah durch seinen Gartenstaat bewegt, verwächst er mit der intimen Atmosphäre des Raumes, sucht gezielt das Gespräch mit Gästen und bindet sie in das Geschehen ein. „Es ist wichtig, dass es zwischen KünstlerInnen und BesucherInnen keine Distanz gibt“,sagt Mazilah, der seit 2009 gemeinsam mit Ioannis Mandafounis und May Zarhy Performances und Installationen erarbeitet und vor zwei Jahren den ersten Pflanzenstaat in Frankfurt verwirklichte. Ein wenig ist diese Dschungelsozialutopie vom Piraten Henry Avery inspiriert, der – so will es die Legende – im 17. Jahrhundert auf Madagaskar eine anarchistisches Inselparadies errichtet haben soll.

_mg_7852
Das Team um Fabrice Mazilah; Foto: Daniel Eberl

Am Eröffnungstag versuchte Mazilah diese Utopie mit Leben zu füllen, indem er die Besucher einlud, mit ihm ein “Food Mandala” zu legen. Besucher und Teammitglieder arrangierten lokales Gemüse, legten komplizierte, bunte Muster. Niemand sprach. Leise Cellomusik mischte sich mit den Vogellauten. Auch Abbeißen war nicht verboten. Das Mandala wurde zum Buffet und zu einem sich ständig verändernden Kunstwerk. Gemeinsames Essen schafft Verbundenheit und Intimität.

“Ziel des Pflanzenstaates ist es, Menschen die Chance zu geben dazuzugehören. Einen Ort zu schaffen, wo sich Fremde treffen, als wären sie schon lange Freunde”, beschreibt Mazilah sein kleines Paradies, in dem sich jeder wohlfühlen soll.

Das Programm wird an den Veranstaltungstagen um 16:00 gepostet.

Text: Johanna Fleischanderl, Daniel Eberl, Angelika Groß

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

10 + fünf =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Beim ESK steht niemand im Abseits

Nächste Geschichte

Wer Tomaten sät, wird Smart City ernten

Letzter Post in KULTUR