Alter Steinmauer und eine knarrende Tür - Der Kellereingang Foto: Marco Steurer

Das Kellerlabyrinth von Reininghaus

Lesezeit: 3 Minuten
Unterwegs in der alten Bierlagerstätte. Im Untergrund von Reininghaus warten dunkle Gewölbe und ein Labyrinth aus Gängen darauf entdeckt zu werden.
Alter Steinmauer und eine knarrende Tür - Der Kellereingang Foto: Marco Steurer
Alte Steinmauern und eine knarrende Tür – Der Kellereingang. Foto: Marco Steurer

Oben werden demnächst die Bagger auffahren, um die „smart city“ zu bauen. Unten, mehr als zehn Meter unter der Erdoberfläche, warten bereits jetzt schon beeindruckende Bauwerke auf die BesucherInnen der früheren Bierbrauerei in Reininghaus. Genau dorthin lud das urbane Experimentierlabor openlab von Andreas Goritschnig, gemeinsam mit den Eigentümern, der Erber Holding, abenteuerlustige GrazerInnen zu einer Kellertour ein.

Abenteuerlicher Rundgang
Auf 15.000 Quadratmetern, also zwei Fußballfeldern, gibt es einiges zu entdecken. Bereits der Abstieg, der durch den ehemaligen Reininghaus-Schießstand – derzeit angeblich von der Polizei genutzt – und über eine steile Holztreppe führt, gestaltet sich für die mit Taschen- und Kopflampen ausgestatteten BesucherInnen abenteuerlich. Hier startet die Tour und Michael Hauser von der Erber Gruppe führt durch die dunklen Gänge und Gewölbe.

Die steile Holztreppe führ zum ehemaligen Schießstand. Foto: Thomas Wolkinger
Die steile Holztreppe führt zum ehemaligen Schießstand. Foto: Thomas Wolkinger

Überall Flaschen und Fässer
Früher wurde die Anlage wegen der kalten Temperatur vor allem für die Kühlung und Lagerung von Bier benutzt, erzählt Hauser. Vor allem wurde hier das sogenannte Märzenbier gelagert. Das Eis aus den örtlichen Teichen sorgte bis in den März hinein für Kühlung, daher der Name.

Ursprünglich wurde natürlich vorwiegend überirdisch gebraut und gelagert. Die Reininghaus-Gebäude wurden aber während des Weltkriegs mehrfach von Bomben getroffen, weswegen man Teile der Brauerei in die Kellerräume verlegte.

In jeder Ecke stolpert man über Flaschen und Fässer, in denen früher das Bier lagerte. Es scheint, als hätten die Menschen hier eines Tages einfach alles liegen und stehen gelassen und den Keller nie wieder betreten. Einst gab es hier eigene Fassbinder, erzählt Hauser. Die von Johann Peter Reininghaus im 19. Jahrhundert entwickelte Methode zur Wiederverwertung alter Fässer ließ sich einst sogar Kaiser Franz Josef erklären.

Auch einige Flaschen mit Eierlikör sind noch zu sehen. Foto: Thomas Wolkinger
Auch einige Flaschen mit Eierlikör sind noch zu sehen. Foto: Thomas Wolkinger

Später, nachdem die Brauerei 1947 nach Puntigam abgewandert war, wurden hier noch jahrzehntelang Liköre und Spirituosen hergestellt, zum Beispiel der berühmte Sanct Peter Likör.

Kellerrundgang mit Geschichte
Von all dem zeugen heute nur noch die leeren Flaschen, die in der Dunkelheit zu Tausenden vor sich hinstauben. Hunderte Flaschen des Reininghaus-Sekts „Courbette“ etwa, der in schweren grünen Flaschen verkauft wurde.

In einem anderen Raum finden sich sogar noch volle Bier- und Eierlikörflaschen. Hauser erzählt dabei von zwei Frauen, „die hier den ganzen Tag lang nur Eier getrennt haben, um daraus Eierlikör zu machen“. Kurz darauf führt er die Gruppe in Räume, die bis auf einen halbvermoderten Aktenschrank, einen Schreibtisch und einen Erste-Hilfe-Kasten fast leer sind. Unter den Schuhen der Besucher knacken Glassplitter von herumliegenden Bierflaschen. Im nächsten Raum erinnern Tische und Bänke noch daran, dass Reininghaus für BesucherInnen schon immer interessant war. Hier wurden potenzielle Kunden mit Brettljausen und Bier verköstigt.

Reste der Vergangenheit: Ein alter Erste-Hilfe-Kasten. Foto: Marco Steurer
Reste der Vergangenheit: Ein alter Erste-Hilfe-Kasten. Foto: Marco Steurer
Michael Hauser von der Erber Holding führt durch die Kellergewölbe. Foto: Thomas Wolkinger
Michael Hauser von der Erber Gruppe führt durch die Kellergewölbe. Foto: Thomas Wolkinger

Souvenirs zum Mitnehmen
Obwohl sich noch eine Menge Bierflaschen samt Inhalt in den Kellerräumen befinden, gehören diese Verköstigungen mittlerweile der Geschichte an. Als Trost dürfen sich Nostalgiker aber aus dem riesigen Flaschenvorrat bedienen und ein Andenken mit nach Hause nehmen.

Flaschen können als Souvenir mitgenommen werden. Foto: Marco Steurer
Bierflaschen können bei der Tour als Souvenir mitgenommen werden. Foto: Marco Steurer

Brunnen mit Tiefblick
Noch tiefer in den Untergrund blickt man im Brunnenhaus. Ganz genau sind es 25 Meter. Die ewig lange Treppe bis zum Boden dürfe man aus Sicherheitsgründen nicht benutzen, sagt Hauser. Für ein einmaliges Foto zahlt sich das Betreten aber allemal aus. In Zukunft will man hier mithilfe des Brunnenwassers Strom erzeugen. Außerdem soll ein Teil des Brunnenwassers für die Wasserversorgung der „smart city“ verwendet werden.

25 Meter tief ist der Brunnen am Reininghausgelände. Foto: Marco Steurer
25 Meter tief ist der Brunnen am Reininghausgelände. Foto: Marco Steurer

Für alle, die nach einer 90-minütigen Erkundungstour durch Reininghaus eine Stärkung brauchten, standen später im openlab Maroni & Sturm bereit.

Wer die Anlage selbst besichtigen und sich eine Souvenirflasche aus dem Keller holen möchte, kann schon einmal Taschenlampe und Fotoapparat bereithalten. Wenn eine weitere Tour stattfindet, gibt es die offizielle Ausschreibung im Vorhinein auf openlabreininghaus.wordpress.

 

Besserwisserischer Sturkopf mit einer Schwäche für den Ostblock.
Geht durchs Leben mit einem Standard-Ehrgeiz von 300 % und ist dementsprechend ein schlechter Verlierer (und noch schlechterer Gewinner).

Aber meistens beißt er nicht, sondern will nur spielen.

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