Der schmale Grat zwischen Leben und Tod

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Als Physiker erkundet Reinhard Kleindl, was die Welt im Innersten zusammenhält, als Slackliner bezwingt er die Victoriafälle und als Krimiautor schickt er Menschen erfolgreich in den Tod. Ein Gespräch mit dem Annenviertler über Mord, die Grenzen der menschlichen Erkenntnis und darüber, warum er nicht stillsitzen kann.

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Ein Annenviertler legt sich die Victoriafälle zu Füßen. Foto: Jacques Marais

Vergangenen Sommer ist er erschienen, der dritte und somit letzte Teil aus Kleindls Kriminalreihe rund um Inspektor Baumgartner. „Baumgartner kann nicht vergessen“ heißt er, und es geht darin um sechs Tote, die im Laderaum eines Lieferwagens entdeckt werden. Wer sie sind und wie sie ums Leben kamen, ist völlig unklar. Nur eines steht fest: Sie sind nicht zur selben Zeit gestorben. Die Grazer Mordkommission steht unter hohem Druck.

Druck ist etwas, das sich Reinhard Kleindl persönlich selten macht. „Ich bin schon ein bissl ein belohnungsorientierter Mensch“, sagt der 36-Jährige. „Wenn ein Schreibtag gut verläuft, gehe ich auch gerne mal raus und hole mir einen Kaffee“, erzählt er im Gespräch in der Scherbe im Lend. Das dürfte in den letzten drei Jahren öfter vorgekommen sein. Mit jeweils einem veröffentlichten Buch pro Jahr liegt eine schreibintensive Zeit hinter dem Grazer. Wo die Leidenschaft zum geschriebenen Wort ihren Anfang gefunden hat, weiß Kleindl noch genau. „In der Schulbibliothek, um ehrlich zu sein. Dort bin ich erstmals auf den amerikanischen Schriftsteller Edgar Allen Poe gestoßen. Ich war fasziniert von den Horrorelementen und dem Mysteriösen, das aus dem scheinbar gewöhnlichen Alltag heraus entsteht“, sagt Kleindl.

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Kleindl: „Für mich ist ein Projekt erst dann abgeschlossen, wenn ich meine Angst überwunden habe.“ Foto: Tina Reiner

Trotz der literarischen Begeisterung studierte er nicht etwa Germanistik, sondern Physik mit dem Schwerpunkt Elementarteilchenphysik. „Die Frage nach den Grenzen der menschlichen Erkenntnis hat mich schon als Jugendlicher beschäftigt. Ich hinterfrage Dinge gerne und lasse sie nicht so stehen, wie ich sie auf den ersten Blick wahrnehme.“ Dieses Denken spiegelt sich in seinen Romanen wider. Dabei nimmt Kleindl als Erzähler die Rolle des objektiven Beobachters ein, der nicht wertet, seine Sprache ist nüchtern und klar. Neben seinem Studium schrieb er bereits Kurzgeschichten, die er in Grazer Literaturmagazinen veröffentlicht. Inspiration findet er in Alltagsbeobachtungen, baut aber auch aktuelle und gesellschaftskritische Themen, wie etwa die Flüchtlingskrise, ein.

Nach dem Studium entschied Kleindl sich gegen eine Karriere in der Forschung und widmete sich unter anderem als freier Wissenschaftsjournalist vorerst ganz dem Schreiben. 2014 veröffentlichte er schließlich „Gezeichnet“, den ersten Roman der Baumgartner-Serie. Die Presse feierte den Schreibstil des 36-Jährigen, „kunstvoll gewoben“ sei die Geschichte, sie „geht unsanft unter die Haut“, schrieb der Rezensent.

Balanceakt in luftigen Höhen
Um den schmalen Grat zwischen Leben und Tod geht es auch beim Slacklinen, einer Trendsportart ähnlich dem Seiltanzen, die Kleindl 2006 für sich entdeckte. „Ich klettere schon sehr lange und wurde schnell hungrig auf eine neue Herausforderung. Da kam das Slacklinen ins Spiel.“ Bald habe er auch dieses Hobby zum Beruf gemacht, lernte internationale Vorreiter wie Armin Holzer kennen und bekam einen Sponsorvertrag mit Adidas. Projekte wie die Überquerung der Victoriafälle in Simbabwe und der Drei Zinnen in Südtirol verschaffen ihm erste mediale Aufmerksamkeit.

„Dass ich vom Schreiben leben kann, habe ich immer gehofft. Aber mit dem Erfolg im Slacklinen hätte ich nie gerechnet.“ Ob ihm die Arbeit als Autor nicht aufregend genug sei – zumal auch sicherer? „Wenn ich mir die Alkoholikerrate bei Schriftstellern ansehe, bin ich mir da nicht so sicher. Außerdem muss ich Projekte, die ich mir in den Kopf gesetzt habe, unbedingt durchziehen.“

Nur für Schwindelfreie: Reinhard Kleindl beim Slacklinen am Dachstein

https://youtu.be/7NCvMP45q5k

Mitglied der anonymen Koffeinsüchtigen. Mag außerdem Hunde, Bücher und Billigairlines, die sie weit weg bringen.

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