„Eine Mauer zwischen den USA und Mexiko? – Nein, danke!“ Über 7.000 km vom Weißen Haus entfernt setzt Roman Klug ein Zeichen gegen das Vorhaben von US-Präsident Donald Trump. Er initiierte den Kunstwettbewerb „WorldWide Walled – For Acting Beyond Walls!“. Zu gewinnen gibt es eine Flasche Tequila. Ein Gespräch über Barrieren, Grenzen und Kunst.
Annenpost: Die Gewinnerin oder der Gewinner des Kunstwettbewerbes WorldWide Walled – For Acting Beyond Walls! erhält eine Flasche Tequila als Anerkennung. Die wichtigste Frage dazu: Was für eine?
Roman Klug: Das wissen wir noch nicht, es wird aber ein hochwertiger sein. Am liebsten wäre mir eine mit Wurm, das wäre sehr originell. Der Tequila ist nur ein Zeichen und kein richtiger Preis. Er steht für Mexiko.
Der Wettbewerb bezieht sich auf den geplanten Mauerbau zwischen den USA und Mexiko. Steht er grundsätzlich für Mauern auf der ganzen Welt?
Es geht eigentlich um die Barrieren, die wir in uns selbst aufbauen. Ich glaube, dass die Grenzen, die wir uns außen wünschen, eine scheinbare Sicherheit nach innen projizieren. In einer ängstlichen Zeit wie dieser, in der man sieht, dass sich vieles verändert, haben wir alle ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Trump hat das ausgenutzt und gesagt, wir errichten diese physische Barriere.
Brauchen wir Grenzen?
Ich glaube schon, dass wir Grenzen brauchen. Bei Kindern merkt man das. Aber es gibt Bereiche, in denen es Sinn macht Grenzen auszuloten und zu überschreiten. Grenzüberschreitung ist ja auch etwas „Ureigenes der Kunst“.
Sie versuchen also mit Kunst Mauern einzureißen und Grenzen zu überschreiten?
Ja, wir wollen ein „Acting Beyond Walls“, also ein Denken über Mauern hinweg. Wir müssen achtsam miteinander umgehen, mit Respekt vor Diversität und versuchen Hintergründe zu sehen. Wir sollten uns fragen: Woher kommt das, dass etwa viele Mexikaner nach Amerika wollen. Was steckt in solchen Fällen dahinter?
Auf der Website von Worldwide Walled zitieren Sie Annemarie Schlack von Amnesty International. Diese spricht davon, dass die Menschenrechte weltweit in Gefahr seien. Sehen Sie Kunst als letzten Ausweg, um die Menschenrechte zu wahren?
Themen wie Menschenrechte sind sehr komplex und weitläufig. Kunst als Rettung zu sehen, ist für mich schon ein bisschen fragwürdig. Kann Kunst das überhaupt? Kunst kann zum Denken anregen, die richtigen Fragen stellen und damit möglicherweise ein Bewusstsein für etwas schaffen, aber Kunst kann keine Antworten geben.
Sie sehen Kunst also eher als Auslöser für Diskussionen zu bestimmten Themen?
Genau. Wir haben die Tendenz sehr oberflächlich zu denken. KünstlerInnen beschäftigen sich oft, ähnlich wie GrundlagenforscherInnen, sehr genau mit einem bestimmten Thema. Sie gehen in die Tiefe, in das Detail und sezieren das Thema – wie es schon in der Aufklärung gemacht wurde. Leonardo da Vinci hat mit dem Sezieren von Körpern angefangen. Das war damals noch verboten. Die Kunstschaffenden von heute arbeiten mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist.
Sie finden, dass Kunst die Aufgabe hat, gesellschaftskritisch zu sein?
Ja, im besten Fall sollte Kunst gesellschaftskritisch sein. Es geht darum, genauer hinzusehen, unsere Sinne zu erweitern, Denkmuster aufzubrechen und andere Perspektiven einzunehmen. Also wahrzunehmen, was die eigentliche Sache ist und dann zu reflektieren. Oft heißt das auch, mutig zu sein.
In Graz haben wir mit der Mur ja irgendwie unsere eigene Mauer, oder?
Früher waren in 8020 die ArbeiterInnen, die jüdische Bevölkerung und die Armenhäuser zuhause, also immer marginalisierte Gruppen. Gries, Lend und Eggenberg waren die klassischen Arbeiterbezirke. Dort war die SPÖ dominant. Jetzt strömen in diese Gegend wieder marginalisierte Gruppen, wie zum Beispiel Menschen aus anderen Ländern. Das macht natürlich etwas mit der Bevölkerung. Die angestammten BewohnerInnen sind jetzt zwischen 50 und 70 Jahre alt und wählen die FPÖ.
Aber wird das Annenviertel denn nicht wieder beliebter?
Da kommen jetzt viele Menschen mit kreativen Berufen hin. Die sind jung, haben viel Energie und natürlich auch finanzielles Potential.
Eigentlich auch wieder das Künstlerische, das die Mauer einreißt, oder?
Das Annenviertel selbst hat es nie gegeben, das ist eine Erfindung. Das Annenviertel auszurufen, war, so glaube ich, eine Idee des rotor, um das Zusammenleben der vielfältigen Viertel Lend und Gries, über die Barriere Annenstraße hinweg, zu verbessern. Eine verbindende Intervention, genau wie Worldwide Walled.
[infobox]Der internationale Wettbewerb WorldWide Walled – For Acting Beyond Walls! wurde anlässlich des,, von US-Präsident Donald Trump forcierten Mauerbaus zwischen Mexiko und den USA von Roman Klug initiiert und ist eine Kooperation von ausreißer – Die Grazer Wandzeitung, forum stadtpark, IGS intro-graz-spection, restmuell, rotor, the smallest gallery, Haus der Architektur Graz, Kunsthalle Graz und 2.U.S.2. Bis zum 4. Juli 2017 können Künstlerinnen und Künstler Beiträge einreichen und als Anerkennung dafür eine Flasche [hochwertigen] Tequila gewinnen.[/infobox]