„Trotzdem müssen wir wachsam sein“

Lesezeit: 3 Minuten

Nach den Ereignissen des 14. Juni, dem Großeinsatz der Grazer Polizei aufgrund einer Bombendrohung, beantwortete Fritz Grundnig, Pressesprecher der Landespolizeidirektion Steiermark die Fragen der Annenpost.

Fritz Grundnig ist Teil der Presseabteilung der Landespolizeidirektion Steiermark.  Foto: Johanna Fleischanderl

Während der Straßenperre zwischen dem Lend- und dem Südtirolerplatz verfolgten mehr als 30.ooo Menschen die Berichterstattung der Polizei auf Twitter. Fritz Grundnig spricht über den Umgang mit Terrorwarnungen und den Wandel der Polizeikommunikation.

Annenpost: Am 14. Juni war die Mariahilferstraße zwischen dem Südtirolerplatz und dem Lendplatz gesperrt. Was können Sie zu den derzeitigen Ermittlungsergebnissen sagen?

Fritz Grundnig: Die Ermittlungen laufen natürlich noch immer. Aber sie gestalten sich etwas schwieriger, weil es eine Täterschaft im Ausland gibt. Der Auslandsschriftverkehr muss über die Botschaften geleitet werden, das kann erfahrungsgemäß Wochen dauern.

Während des Einsatzes haben Sie mit der Öffentlichkeit intensiv über Twitter kommuniziert. Wie wichtig ist das einer solchen Situation?

Wir sind eine moderne Polizei und müssen uns natürlich den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Wir konnten viele Erfahrungen im Ausland, vor allem durch den Anschlag in München, sammeln. Dort wurde ebenfalls der gesamte Einsatz auf Twitter begleitet. Das hat sich sehr gut bewährt und wird auch bei uns verstärkt angewendet werden. Wir sind bestrebt alle Einsätze, auch solche, wie den Grandprix in Spielberg, über Facebook und Twitter zu begleiten.

Sie haben auch Facebook erwähnt. Glauben Sie nicht, dass Facebook sich für Polizei-Kommunikation besser als Twitter eignen würde? Immerhin nutzt der größere Teil der österreichischen Bevölkerung doch eher dieses Medium.

Unserer Erfahrung nach erreichen wir einen größeren Bekanntheitskreis über die Medien und die agieren auf Twitter. Zudem müssen wir sehr rasch arbeiten, da bietet sich Twitter mit rasch aufeinanderfolgenden Kurznachrichten ebenfalls besser an. Auf Facebook berichten wir eher über Erfolge oder ähnliches.

Glauben Sie, dass es einen Wandel der Polizei-Kommunikation geben wird?

Der Wandel ist schon längst vollzogen. Wir haben seit 2012 eine eigene Polizeipressestelle eingerichtet und diese ständig erweitert. Wir arbeiten intensiv mit Medien zusammen und geben zum Beispiel fast täglich Interviews oder verschicken Presseaussendungen. Das hat sich gut bewährt und wir sind bestrebt das weiter auszubauen.

Wie in der Kleinen Zeitung berichtet wurde, fordert die SPÖ 2500 Polizisten mehr. Glauben Sie, rächen sich jetzt die langjährigen Einsparungen der Polizei?

Hier geht es um sehr viele politische Entscheidungen, die ich nicht kommentieren möchte. Fakt ist, dass wir derzeit in einer sehr ausbildungsintensiven Zeit sind. Das heißt, wir werden in naher Zukunft viele junge Kollegen zur Verfügung haben. Es gibt auch eine Rekrutierungsoffensive des Bundesministeriums für Inneres in allen Bundesländern. In der Steiermark haben wir das Glück, dass wir für die vorhandenen Planstellen sehr viele Bewerber haben, das heißt wir können sicherstellen, dass wir sehr gute, fähige Mitarbeiter bekommen.

Mit knapp 300.000 Einwohnern ist Graz vergleichsweise klein, warum sollte die Stadt Ziel eines Terroranschlages werden?

Das lässt sich nicht so einfach sagen. In Graz laufen derzeit die Jihadistenprozesse, von denen schon einige mit Verurteilungen abgeschlossen wurden. Deswegen liegt es nahe, dass Graz unter Umständen Ziel von solchen Anschlägen werden kann. Es gibt derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung. Trotzdem müssen wir wachsam sein.

Wie gestaltet sich diese Wachsamkeit?

Wir sensibilisieren unsere Kollegen und haben unsere Streifen verstärkt. Es liegt leider in der Natur der Sache, dass jetzt mehr Polizisten an öffentlichen Orten wahrgenommen werden – bei Veranstaltungen schwerer bewaffnete Polizisten mit Schutzweste, vielleicht auch mit einem Sturmgewähr herumstehen. Wir wollen aber die Bevölkerung nicht verunsichern, sondern aktiv kommunizieren: Wir sind bereit, wir sind wachsam. Es gehört dazu, dass die Kollegen sichtbar sind. Wir haben allerdings auch die Streifentätigkeit der Kollegen in zivil und der Kriminalbeamten verstärkt, die sich auch bei größeren Veranstaltungen immer wieder unter das Publikum mischen. Wichtig sind für uns natürlich auch Hinweise aus der Bevölkerung. Selbständig Videos in Sozialen Netzwerken zu posten, hat allerdings wenig Sinn. Hier sollte die Polizei direkt eingeschaltet werden.

Die Bombendrohung vom 14. Juni war ein Fehlalarm. Besteht nicht die Gefahr, dass man künftige Drohungen dadurch weniger ernst nehmen wird?

Für uns war es kein Fehlalarm. Der Alarm war durchaus konkret vorhanden, wir haben auch alle Maßnahmen eingeleitet. Zum Glück hat sich herausgestellt, dass an dieser Bombendrohung nichts dran war. Wir nehmen jede Bedrohung, jede Drohung mit einer Bombe ernst. Natürlich gilt es dann aufgrund der erhaltenen Hintergrundinformationen abzuschätzen: Wie ernst ist die Situation und welche Schritte müssen eingeleitet werden? Hier müssen Entscheidungen getroffen werden. Wir hatten ja auch  eine Bombendrohung bei der Special Olympics-Eröffnung in Schladming. Da galt es zu entscheiden: Bringt man 15.000 Menschen jetzt ins Freie und erzeugt dadurch vielleicht eine extreme Panik oder versucht man eher verdeckt aufzuklären. Da das Stadion im Vorhinein mit Spezialisten und Diensthunden akribisch untersucht worden ist, war davon auszugehen, dass sich dort nichts befinden kann. So wird natürlich bei jeder Bombendrohung vorgegangen.

Was genau würde passieren, wenn es in Graz einen Anschlag gäbe?

Ein gutes Beispiel dafür war die Amokfahrt 2015. Wir wurden vor eine ähnliche Situation gestellt, ein großflächiger Tatort mit mehreren Verletzten und mehreren Toten. Man hat gesehen, dass die Einsatzkräfte sehr gut funktioniert haben. Für uns ist es wichtig, das Gebiet abzusperren und die Gefahr zu bannen. Wichtig ist, dass keine weitere Gefährdung von den noch anwesenden Personen besteht, transportfähige Personen werden aus diesem Gefahrenbereich entfernt. Gleichzeitig aber beginnen die Ermittlungen zur Ausforschung beziehungsweise Festnahme des Täters. Es gibt selbstverständlich ein Maßnahmenpaket, das aber sehr flexibel zu handhaben ist und auf die Einsatzsituation abgestimmt werden muss. In so einem Fall wird innerhalb weniger Minuten ein Einsatzstab gebildet. Dieser wird dann weiter ausgebaut und trifft die entsprechenden Maßnahmen.

 

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

8 − 3 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Nonverbale Kommunikation – Eine Sprache für alle

Nächste Geschichte

„Der Lend wird was werden“

Letzter Post in POLITIK & WIRTSCHAFT