Von der Steinzeit zur Feinkost

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Den meisten SteirerInnen ist ihr archäologisches Erbe im Alltag wohl kaum bewusst. Marko Mele, Chefkurator des Archäologiemuseums Eggenberg, will das mit dem Projekt PaleoDiversiStyria ändern.

Archäologie verbinden die meisten Menschen wohl mit Museen, großen stillen Räumen und hinter Glas versteckten Fundstücken. Ein, zwei mal im Jahr eine Ausstellung besuchen und dann vielleicht noch ein paar Tage darüber nachdenken, das ist für viele der einzige Berührungspunkt.
Das Projekt PaleoDiversiStyria erscheint da wie ein Gegenentwurf: Archäologie zum Anfassen, Mitmachen – und Essen. Die ArchäologInnen, die seit einem Jahr grenzüberschreitend am Universalmuseum Joanneum, aber auch an der Karl-Franzens-Universität oder der Universität Maribor an dem Projekt arbeiten, wollen nicht nur die Ernährung unserer Vorfahren erforschen, sondern sie mithilfe lokaler Betriebe wiederauferstehen lassen, erklärt Marko Mele, seit 2010 beim Archäologischen Museum und Leiter des Projekts.

Das über den Europäischen Fond für Regionale Entwicklung geförderte Vorhaben, dient nicht nur der Forschung, sondern soll auch die Beziehung der Bevölkerung zu nahen historischen Stätten vertiefen. Gelingen soll das durch die Entwicklung von Produkten, hauptsächlich Nahrungsmitteln, die Betriebe in der Umgebung von Ausgrabungen dann selber anbieten können. Was genau das im Einzelfall sein wird, hängt natürlich von der Art der Fundstelle ab. So soll es in der Nähe von Römersiedlungen wie Flavia Solva typisch römisches Essen geben und nicht etwa Steinzeitliches.

Die Idee dazu hatte Mele, selber ursprünglich aus Slowenien und beruflich wie privat viel in der Steiermark unterwegs, durch Erfahrungen mit Kollegen: „Wenn ich Gäste aus dem Ausland habe, kann ich sie ein, zwei Tage mit Brettljause super bedienen, aber dann fehlt mir ein bisschen das Angebot.“ Das Projekt könne archäologische Forschung also sowohl den Menschen in der Region als auch Touristen näher bringen. Aber warum soll das gerade über Essen funktionieren? „Liebe geht oft durch den Magen“, meint Mele.

Test mit Steinzeitpflug

Die erste Projektphase ab Herbst 2016 war der Ausgrabung und Forschung gewidmet. Für Laien vielleicht überraschend ist dabei, worauf die ArchäologInnen bei den Ausgrabungen das Hauptaugenmerk richten. „Bei der Archäologie geht es eigentlich nie um Objekte“, erklärt Marko Mele.

„Schöne Objekte sind oft ein Nebenprodukt einer Grabung.“ – Foto: Fabian Prettner

In erster Linie wollen die ArchäologInnen Lebensverhältnisse erforschen. Im vergangenen Jahr sammelten und analysierten sie daher Proben von Pflanzen und Tieren aus aktuellen und früheren Ausgrabungen. Um die damaligen Lebensweisen in der Steiermark und Ostslowenien – und zwar von der Urgeschichte bis zum Ende des Mittelalters – wirklich zu verstehen, führten die ForscherInnen aber auch Experimente durch: In Hoče-Slivnica bei Maribor legten sie Testfelder für alte Getreidesorten wie Emmer und Einkornweizen an und in Großklein, der wichtigsten steirischen Partnergemeinde, testeten sie vor wenigen Wochen einen nachgebauten steinzeitlichen Pflug. Für nächsten Frühling hofft Mele, dass auf den bestellten Feldern dann die ersten Pflanzen sprießen.

Vorgeschmack bei Keltentagen

Diesen Herbst werten die ForscherInnen noch die Ergebnisse der ersten Phase aus, danach geht es an die Produktplanung. Im Frühjahr will Mele dann geeignete Partnerbetriebe an Bord holen, die in die Konzeption der Produkte und später in den Verkauf eingebunden werden. „Denn die Produkte werden nur erfolgreich, wenn sie zusammen mit den Menschen und Betrieben entwickelt werden.“ Außerdem sollen auch ein Markenname und ein Logo gefunden werden, um die Ergebnisse sichtbar zu machen.

Bei den Keltentagen in Großklein gibt es einen Vorgeschmack – Foto: UMJ/S. Kiszter

Einen kleinen Vorgeschmack auf die Ergebnisse gibt es aber doch schon in Kürze, nämlich am 30. November bei den „Keltentagen Großklein“, wo die Projektpartner neben Vorträgen und Workshops abhalten, aber auch ein „Steinzeitbinkerl“ präsentieren werden. Dabei handelt es sich um eine Jause, die Wanderer in ein Tuch eingewickelt und an einem Stock über der Schulter mitnehmen können. Der Inhalt soll eine Art Prototyp für spätere Produkte sein, genaueres will Mele aber noch nicht verraten.

Blick nach vorne

In der dritten Projektphase ab Herbst 2018 wollen die Projektpartner schließlich dann schon die fertigen Produkte in Ausstellung an den jeweiligen Standorten präsentieren. Das Ende des Projekts ist für September 2019 geplant, die Ideen von PaleoDiversiStyria sollen aber auch danach weiterleben.
Langfristig erhofft sich Marko Mele, dass einige Betriebe sich dazu verpflichten, über das Projekt hinaus Produkte herzustellen und zu vertreiben. Die Bevölkerung soll wissen, was sie an ihrem archäologischen Erbe hat und gut darauf aufpassen.

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