Ein richtiger Glückstreffer

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Seit 2011 steckt Wolfgang Ruzicka sein Herzblut in die Kegelbahn des ASKÖ in Eggenberg. Und bedauert, dass nicht mehr Besucher zu den versteckten Bahnen finden, die noch den Sportsgeist längst vergangener Jahrzehnte atmen.

Schon mit 15 Jahren entdeckte Wolfgang Ruzicka seine Liebe zum Kegelsport, traf sich in seiner Jugend oft mit Freunden bei der Kegelbahn im Café Gustl in der Kalvarienbergstraße. Zum Beruf machte er sein Hobby allerdings erst 2011, da er aus gesundheitlichen Gründen seinen bisherigen Job nicht länger ausüben konnte. Zum Platzwart im ASKÖ Stadion – und damit auch zum Hüter der dort im Keller versteckten Kegelbahn – wurde Ruzicka durch Zufall, da er seinen Vorgänger kannte. Als dieser in Pension ging, wurde der Posten nicht ausgeschrieben, sondern Wolfgang Ruzicka trat direkt in dessen Fußstapfen.

MIT SEINEM BERUF LANDETE WOLFGANG R. EINEN GLÜCKSTREFFER – FOTO: TABEA PERTL

Über der Eingangstür des Kellerraumes, in dem sich die Kegelbahn befindet, hängt ein Schild mit der Aufschrift “Platzwart-Telefon” und einer Nummer. Immer dann, wenn jemand diese Nummer wählt, kommt Wolfgang Ruzicka zum Einsatz: Die ASKÖ-Kegelbahn ist heute eine vollautomatische, wie sie Ende der 1950er in Deutschland modern wurden. Ruzickas Hilfe wird immer wieder benötigt, da hinter jeder Kegelbahn ein komplexes System steckt. Einmal wird bei einem Kegel der Kopf abgeschossen, ein anderes Mal reißt ein Seil, an dem dieser befestigt war. Während die Kegel hier bis in die 80er Jahre noch per Hand aufgestellt wurden, erledigt heute die Maschine diese Aufgabe.

Kleinere Servicearbeiten erledigt Wolfgang gerne und zuverlässig. Größere Defekte werden allerdings von einem externen Einmannbetrieb behoben, von dem sich Wolfgang Ruzicka bereits einiges abschauen konnte. Zukünftig werden die Reparaturarbeiten von einer Salzburger Firma übernommen, da der bisher Zuständige, der übrigens der einzige Fachmann steiermarkweit war, seit diesem Jahr in Pension ist.

HINTER JEDER KEGELBAHN STECKT EINE AUFWENDIGE TECHNIK – FOTO: TABEA PERTL

Zwei Mal wöchentlich checkt Wolfgang Ruzicka die Kegelbahn auf Herz und Nieren. Und je nach Stärke der Nutzung wird die Bahn ein bis zweimal pro Monat mit einer speziellen Pflege eingelassen. Obwohl die Kegelbahn das Herzstück für Ruzicka ist,übernimmt er auch noch andere Aufgaben im Stadion, wie die Instandhaltung der Außenanlage, regelmäßige Kontrollgänge  oder die Aufsicht über den ordnungsgemäßen Ablauf bei Veranstaltungen. “Es gibt nichts Schöneres, als in einem Stadion zu arbeiten, wenn man sich für Sport begeistert!”

Die Begeisterung für den Kegelsport hat Wolfgang bis heute nicht verloren. Auch wenn 14-Stunden Dienste keine Seltenheit sind, bereut er keinen einzigen Tag, den er bisher hier verbracht hat. “Es ist für mich keine Arbeit, es ist mein Hobby, und es ist schön, wenn man seine Arbeit so bezeichnen kann!”

Schnell merkt man, was Wolfgang an seinem Beruf besonders schätzt – nämlich den Kontakt mit Menschen. “Ich liebe die Leute und man muss mit Freude und einem Lächeln auf sie zugehen!” Wer den Kellerraum betritt, taucht auch sofort in eine familiäre Atmosphäre ein. Die Leidenschaft zum Kegelsport vereint Menschen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen. Hier kegeln Ärzte mit Polizisten und Musikern, und an der Bar duzt man sich wie selbstverständlich, während der Verlierer der letzten Partie eine Runde Bier für alle ausgibt. Der aufsteigende Rauch der Zigaretten verleiht der Kegelbahn noch zusätzlich einen ganz besonderen Charme. Man fühlt sich, als wäre man ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit gereist.

Die Menschen, die regelmäßig hier kegeln sind erstaunlicherweise keine Vereinsspieler, sondern vielmehr Freizeitsportler, die seit ihrer Jugend ihrem Hobby nachgehen. Zum Bedauern aller Beteiligten lassen sich kaum junge Menschen für das Kegeln begeistern, hauptsächlich PensionistInnen nutzen die Bahn. Hüseyin Bolat, der Pächter der Kantine, berichtet von älteren Menschen, die kaum noch gehen können, aber beim Kegeln wieder so richtig aufblühen.

Wolfgang glaubt, dass sich junge Leute deshalb kaum in die Kegelbahn verirren, da sie doch schon 35 Jahre auf dem Buckel hat und seitdem nur einmal renoviert wurde. Würde man die Kegelbahn komplett neu bauen, ebenfalls mit sechs Bahnen, müsste man mindestens 120.000 Euro investieren. “Alles kommt einmal in die Jahre und wird pflegebedürftig”, erklärt Ruzicka. Andererseits scheint die versteckte Lage der Bahn daran Schuld zu sein. Viele Menschen wissen einfach nichts von ihrer Existenz.

DAS ZIEL: ALLE NEUN KEGEL UMZULEGEN – FOTO: TABEA PERTL

Allgemein steht es eher schlecht um die Zukunft der Kegelbahnen in Graz, meint Ruzicka. Aktuell kann man noch beim Scheff in der Elisabethinergasse, in Zoißl´s Heurigen in Seiersberg und in der Römerstube in Liebenau kegeln. Die Kegelbahn im ASKÖ lebt unter anderem von Pensionisten-Clubs und Firmenfeiern. Die AUVA hat dieses Jahr bereits zum sechsten Mal ihr Weihnachtsturnier hier veranstaltet. Wenn keine interne Veranstaltung stattfindet, steht die Kegelbahn von Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 22 Uhr für jede und jeden zur Verfügung. Samstags gerne auf Voranmeldung.

(French) Rap Enthusiastin und Fashion Victim. Am besten mit Orangenlebkuchen und einer Tasse Chai-Latte zu bestechen.

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