Claudia Unterweger: “Rassismus wird wieder salonfähiger”

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In ihrem Buch “Talking Back” macht die Journalistin und Radio-Moderatorin Claudia Unterweger die historische und gegenwärtige Situation Schwarzer Menschen in Österreich sichtbar. Letzte Woche war sie zu Gast im Info-Café palaver.

Erst Ende Oktober musste das Wiener Dorotheum die Versteigerung von Toten- und Schrumpfköpfen aus Nigeria, Borneo, Neuguinea und den Philippinen abblasen, nachdem die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Faika El-Nagashi, die Auktion als “pietätlos” und “skandalös” kritisiert hatte. Für die Journalistin und FM4-Moderatorin Claudia Unterweger, die vergangene Woche zu einer Diskussion ins Infocafé palaver am Lendplatz geladen war, ein eindringliches Beispiel dafür, wie Österreich, das selbst offiziell nie Kolonien hatte, mit Schwarzer Geschichte umgeht. “Ich wage zu behaupten, dass Österreich vom Kolonialismus profitiert hat. In der Vergangenheit und bis in die Gegenwart”, sagte Unterweger, die sich in ihrer Diplomarbeit, mit der sie 2013 ihr Geschichte-Studium in Wien abschloss, mit Geschichte und öffentlicher Repräsentation Schwarzer Menschen beschäftigt hat.

„Stumme Objekte“

Menschen afrikanischer Herkunft würden in der österreichischen Öffentlichkeit überwiegend als “stumme, fremd-definierte Objekte” wahrgenommen, exotisiert oder gar kriminalisiert, seien als handelnde Subjekte aber “unsichtbar”, schreibt sie in dieser Arbeit, sie im Vorjahr unter dem Titel “Talking Back” auch als Buch veröffentlicht hat. Das zeige sich auch deutlich im Alltag, erläuterte sie bei der Diskussion, die Eva Taxacher vom Verein Frauenservice moderierte. „Ich glaub jeder Mensch nicht-weißer Hautfarbe merkt im Alltag ganz stark , dass es ein Erbe an historisch weit zurückreichenden rassistischen Traditionen gibt. Das ist keine Einzelerfahrung, sondern für eine nicht-weiße Person einfach ein Teil der Realität in einer weißen Dominanzgesellschaft für eine nicht-weiße Person.“

Aktivistische Arbeit

„Talking Back“ entstand aus einer aktivistischen Arbeit heraus, in die Unterweger einerseits selbst involviert war, die sie andererseits im Rahmen ihres Studiums erforscht hat. Das Buch behandelt unter anderem die “Recherchegruppe zu Schwarzer österreichischer Geschichte”, die sich 2005 in Wien gefunden hat. In ihrer Arbeit erklärt Unterweger übrigens, dass sie “Schwarz” als “Ausdruck für die untergeordnete soziale Position, die rassistisch diskriminierten Menschen zugewiesen wird” verwendet. Ausgehend von der allgegenwärtigen Diskriminierung Schwarzer Menschen fingen die ForscherInnen der Recherchegruppe damals an, die öffentliche Darstellung dieser Bevölkerungsgruppe zu hinterfragen.

Das Problem beginne schon damit, dass Schwarze Menschen leider oft genug alleine in einem “weißen Raum” seien. Das sprach Unterweger vor allem deswegen an, weil auch die Veranstaltung am Lendplatz fast ausschließlich von weißen Menschen besucht war. Diese Situation mache es schwierig, zueinander zu finden, sich gegenseitig zu stärken und auszutauschen.

 

Das Buch „Talking Back“ konnte nach der Veranstaltung gekauft und signiert werden – Foto: Katrin Jaritz

Widerrede statt Unterdrückung

Der Titel des Buches „Talking Back“ geht zurück auf die afro-amerikanische Literaturwissenschaftlerin belle hooks, die den Begriff der ungebetenen Widerrede prägte. In den 1960ern war es Kindern und Frauen nicht erlaubt, unaufgefordert zu reden. “Talking back” Begriff beschreibt den Prozess der Selbstermächtigung, dass unterdrückte Menschen eine eigene Stimme und Sprache entwickeln, um sich so als Subjekt hörbar zu machen.

Ebenfalls vor Ort war Edith Abawe. Die ursprünglich aus Ruanda stammende Leiterin des Info-Cafés antwortet auf die Frage, ob sie täglich mit Rassismus zu tun hätte, dass sie in Österreich mit der Zeit wohl gelernt habe, damit umzugehen und rassistische Übergriffe zu ignorieren. „Es ist wichtig, eine eigene Strategie zu entwickeln, für den eigenen Schutz, um gewisse Sachen auszuhalten“, sagt sie. Sie pendelt jeden Tag zwischen 8010 und 8020, einen Unterschied in Bezug auf dieses Thema merke sie jedoch nicht. Nur: Die Menschen, denen sie am Lendplatz begegne, seien insgesamt doch ein wenig offener als die in St. Peter oder Mariatrost.

Abschließend sagte Unterweger: „Wir erleben eine Zeit, in der es wieder salonfähiger wird, offen Rassismus zu zeigen.” Die Hoffnung, dass Rassismus ganz verschwindet, werde sich wohl nicht erfüllen, findet sie. Was weiße Menschen dennoch tun können: von ihrem Privileg Gebrauch zu machen und sich für Minderheiten aller Art einzusetzen. Egal ob mit Worten oder Taten. Unterwegers Leitsatz dazu: “Empowern statt Depowern”.

 

Claudia Unterweger gemeinsam mit Edith Abawe nach der Veranstaltung – Foto: Katrin Jaritz

Ein Hang zum Sarkasmus gepaart mit großem Interesse für Musik, Mode und so ziemlich jede Serie auf Netflix.

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