Seit 2007 gibt es in Gries eine Einrichtung, die Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Kulturkreisen beim gemeinsamen Lernen unterstützt: das Lerncafé der Caritas in der Dreihackengasse.
Von Thomas Edlinger und Andreas Lackner
Bereits die Außenmauer des „Cafés“, das direkt an die Andräkirche anschließt, hebt sich durch seine knallbunten Farben deutlich von den Gebäuden in der Umgebung ab. Im Inneren wird klar, dass die Bezeichnung „Lerncafé“ ein wenig irreführend ist. Das Einzige, dass ansatzweise Kaffeehausatmosphäre vermittelt, ist eine Bar, die zur Zubereitung von Speisen und Getränken dient. Die restlichen Räume sind in Form von Klassenzimmern eingerichtet.
Zurzeit besuchen täglich bis zu vierzig Kinder, zumeist im Alter zwischen neun und elf Jahren, das Lerncafé in Gries. Derzeit nehmen ausschließlich Kinder mit Migrationshintergrund, hauptsächlich aus der Türkei und dem arabischen Raum, das kostenlose Lernangebot der Caritas in Anspruch, obwohl das Angebot natürlich auch Österreichern zur Verfügung steht. Drei hauptberufliche Mitarbeiter sowie viele ehrenamtliche Helfer und Praktikanten gewährleisten die gezielte und individuell abgestimmte Förderung der Lernwilligen.
Hektisches Treiben
Der Tagesablauf im Lerncafé ist genau koordiniert. Florin Ailenei, der Leiter des Cafés in Gries, gibt einen Überblick: „Die Kinder kommen nach der Schule, also gegen 13.15 Uhr, zu uns. Die ersten zwei Stunden widmen wir dann den Hausübungen und dem Lernen für Prüfungen oder Schularbeiten. Danach gibt es eine kurze Pause, die von den Kindern zum Beispiel für gemeinsame Ballspiele genützt wird. Eine gesunde Jause darf dabei natürlich auch nicht fehlen. Den Rest der Zeit bis 17.00 Uhr wenden wir zumeist auf, um mit den Kindern zu lesen.“
Dass vor allem auf die Lesekompetenz ein sehr hoher Stellenwert gelegt wird, bescheinigt auch eine der Grundregeln im Lerncafé Gries: „Hier wird nur Deutsch gesprochen!“ Gewalt in jeglicher Form sowie das Ignorieren von Anweisungen durch die Betreuer sind natürlich auch tabu. Befolgt ein Kind diese Regeln nicht, kann es vorkommen, dass es zum Beispiel einen Nachmittag beim gemeinsamen Spielen aussetzen muss.
Unterricht in einem der „Klassenräume“ des Cafés
Neben der Förderung im Café selbst werden auch Zusatzaktivitäten angeboten. Diese reichen von Theater- oder Kinobesuchen bis hin zu einer Stadtrallye durch Graz, die den Kindern die Chance eröffnet, die Stadt gemeinsam mit ihren Eltern zu erkunden. Dass die Eltern auch zusätzlich gut integriert werden, zeigt die Tatsache, dass einmal im Monat ein Elternabend veranstaltet wird. Neben der Möglichkeit sich mit den Lehrenden auszutauschen, bekommen die Eltern im Lerncafé außerdem die Chance, sich Basiswissen über das österreichische Bildungs- oder Gesundheitssystem anzueignen – wichtige Themen, die ihnen aus Mangel an Sprachkenntnissen sonst oft weitgehend verschlossen bleiben.
Finanziert wird die Einrichtung in Gries durch die Caritas, die ihre Mittel wiederum aus freiwilligen Spenden, Geldern der Stadt Graz sowie des Europäischen Investitionsfonds (EIF) bezieht. Neben dem Café in Gries gibt es noch Lerncafés in den Grazer Bezirken Lend und Eggenberg sowie Einrichtungen in Knittelfeld und Leoben – allesamt sehr gut ausgelastet. Für Kinder, die besondere Betreuung brauchen, werden jeden Freitag zusätzliche Einheiten in der Nähe des Cityparks angeboten. Die nunmehr vier Lerncafés in Graz und Umgebung verdeutlichen, dass soziale Einrichtungen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen großen Anklang finden.
Laut Florin Ailenei herrscht trotz der mittlerweile gut ausgebauten Einrichtungen in Graz noch weiterer Expansionsbedarf: „Unsere Wartelisten sind momentan sehr lang. Alleine hier in Gries könnten wir locker noch ein zweites Lerncafé eröffnen.“