dav

Kebap mit „kollegialer Konkurrenz“

Lesezeit: 3 Minuten

Das Annenviertel weist eine extrem hohe Dichte an Kebaplokalen auf. Der Wettbewerb ist hart, die Preisunterschiede sind extrem. Ein Rundgang gewährt Einblick in das Geschäft mit dem Kebap.

Von: Tabea Pertl, Maximilian Tenschert

Als Snack für zwischendurch, als Grundlage zum Feiern oder als Lebensretter nach dem Fortgehen – Kebap geht immer. In den Grazer Bezirken Lend und Gries ist die Auswahl groß. Dementsprechend stark ist auch die Konkurrenz unter den Eigentümern – man denke nur an all die Imbisse, die sich in der Rösselmühlgasse Richtung Griesplatz aneinanderreihen. Obwohl die Kebapläden von außen relativ ähnlich aussehen, versuchen die Inhaber der Läden mit ihren Angeboten möglichst viele Kunden und damit den Wettbewerb im Viertel zu gewinnen.

Der Legende nach hat sich der erste Döner Kebap an einem Grillspieß im Berliner Szenekiez Kreuzberg im Jahr 1971 gedreht. Vielleicht war´s aber auch am Bahnhof Zoo. In Österreich eröffnete der erste Kebapstand im Jahr 1983 in Wiens 14. Gemeindebezirk Penzing. 1995 gab es schließlich den ersten Grazer Kebap bei Kapadokya in der Reitschulgasse. Viele wissen jedoch nicht, dass fast alle Läden das Fleisch vom selben Hersteller beziehen – trotz beachtlicher preislicher Unterschiede des Endprodukts. In Graz produziert die Firma Karaoglan seit 1999 die Fleischspieße für mehrere Läden der Stadt. Die Ladeneigentümer können die Fleischspieße bei dem Unternehmen nach Wunsch würzen und anfertigen lassen. Auch die Zutaten sind nahezu identisch: Tomaten, Salat, Zwiebeln und Kraut gehören fast immer dazu. Bei Brot und Saucen gibt es kleine Unterschiede, was den Geschmack ein wenig beeinflusst.

Der Preiskampf in 8020

Von diesem Angebot macht das Elit Restaurant unweit des Griesplatzes jedoch nicht Gebrauch – hier werden die Fleischspieße selbst von Hand gemacht. Dies spiegelt sich aber nicht in den Preisen wider, denn der Kebap kostet hier nur 1,50 Euro. Ein Mitarbeiter spricht von „kollegialer Konkurrenz“ um den Griesplatz. Wenn alle den gleichen Preis hätten, würden die kleineren Läden aussterben.

Ein paar Häuser weiter befindet sich Ankara Kebap. Hier kostet der Kebap doppelt so viel wie im Elit Restaurant – nämlich drei Euro. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass Ankara das Fleisch aus Deutschland bezieht. Karaoglan ist den Mitarbeitern zwar ein Begriff, allerdings habe das deutsche Fleisch „eine noch bessere Qualität“, sagt einer von ihnen.

Auch abseits des Griesplatzes ist die Dichte an Kebaplokalen im Annenviertels groß. „Jeder Kebapladen hat seine eigene Kundschaft. Ich erkenne meine Gäste wieder, wenn ich im Viertel unterwegs bin“, sagt Kilic Muhrttin, Mitarbeiter bei Side Kebap in der Annenstraße. Seit zwölf Jahren ist er im Laden mit dabei und kennt den Kebapmarkt im Viertel. Kilic liegt die Qualität seiner Kebaps besonders am Herzen: „Wenn deine Kebaps die beste Qualität haben, dann wird natürlich jeder zu euch kommen.“ Mit der Dumping-Konkurrenz um 1,50 Euro kann er nicht viel anfangen. „Bei uns ist es zwar teurer, aber dafür bekommt man die beste Qualität.“

Sie füllen die Mägen in der Annenstraße – Kilic Muhrttin (rechts im Bild) und sein Kollege im Side Kebap – Foto: Maximilian Tenschert

„Wir sind ja alle Türken!”

Auch Firat Kücükyasar vom Best Food Grill Kebap in der Keplerstraße legt auf Qualität Wert. Seit vorletztem Jahr leitet Firat den Imbiss unweit des Hauptbahnhofs, nachdem er ihn von Bekannten seiner Familie übernommen hat. Mit den Vorbesitzern ist er noch in Kontakt, da er von ihnen das Fleisch für seine Speisen bezieht. Auf die Frage, ob er die anderen Kebapläden als Konkurrenz sieht, antwortet Firat Kücükyasar: „Nein, ich kenne sehr viele Geschäftsführer von anderen Kebapläden, wir sind ja alle Türken!“

Die Retter vieler hungriger Pendler und Reisender: Firat Kücükyasar und sein Team vom Best Food Grill Kebap am Hauptbahnhof – Foto: Maximilian Tenschert

Auch in Firats Lokal sind viele Stammkunden anzutreffen. Zusätzlich profitiert er noch von der Laufkundschaft vom Hauptbahnhof. Einerseits gut für ihn, da viele Touristen den Kebapladen nach ihrer Ankunft am Bahnhof sehen und sich dort direkt eine Stärkung holen. Andererseits hat die Gegend um den Grazer Hauptbahnhof nicht den besten Ruf, auch mit mit illegalen Substanzen soll dort bekanntlich gehandelt werden. Auch diese Klientel zählt zu Firats Kundschaft: „Du kannst nicht zu denen sagen: Kommt’s ned! Diese Leute schaden dem Geschäft auch nicht.“ Bis auf eine Auseinandersetzung habe er noch nie Probleme gehabt.

Wahlgrazer. Münchner Kindl. Rundfunk- und Serienjunkie. Quasi Medizin studiert dank Dr. House und Grey's Anatomy. Ansonsten auch gerne mal beim Radio zu finden - oder im Zug.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

zwei × 2 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Little Afghanistan in der Annenstraße

Nächste Geschichte

Eis, Eis, Baby

Letzter Post in VIERTEL(ER)LEBEN